Flughafen:Waschkörbeweise Messer und Feilen

Die Uneinsichtigkeit vieler Passagiere führt am Flughafen immer noch zu großen Verzögerungen.

Kerstin Vogel

(SZ vom 19.9.2001) - Der Sicherheitsoffizier vom Luftamt-Süd am Münchner Flughafen ist gestresst: Mit den Passagierkontrollen ist man gerade durch, jetzt muss der Flugbetrieb einigermaßen pünktlich abgewickelt werden; die verschärften Sicherheitsvorkehrungen führen nach wie vor zu Verzögerungen. Das nicht zuletzt, weil manche es einfach nicht kapieren wollen - trotz der alle 20 Minuten wiederholten und im ganzen Terminal hörbaren Durchsagen: Nur ein Stück Handgepäck ist erlaubt, keine spitzen Gegenstände wie Taschenmesser oder Scheren.

Waschkörbeweise Messer

"Es ist haarsträubend, was manche Passagiere immer noch durch die Kontrollen bringen wollen", sagt der Sicherheitsoffizier verärgert. "Waschkörbeweise" habe man Messer und Nagelfeilen konfisziert, ein immenser Aufwand für die Mitarbeiter. Manch ein Fluggast fange auch noch an zu diskutieren: Er müsse Obst essen im Flugzeug, dafür brauche er sein Messer. "Unmöglich" findet der Sicherheitsexperte das und wird deutlich:

"Die Leute, die unter dem World Trade Center begraben sind, würden sicher auch gerne noch irgendetwas essen".

Eine "gewisse Dickfelligkeit" hat auch Franz Lutz, Leiter des Luftamts, bei manchen Passagieren ausgemacht.

Messer in den Müll

Am Montag habe man bereits rund 3000 Messer gezählt, die seit den schrecklichen Ereignissen in Amerika beschlagnahmt worden seien. Inzwischen habe man "die Reißleine gezogen".

Würden konfiszierte Gegenstände üblicherweise in rote Tüten verpackt und gesondert im Frachtraum transportiert, mache man sich diese Umstände nun nicht mehr. "Das Eintüten dauert einfach zu lang", sagt Lutz. Um die Mitarbeiter zu entlasten, schicke man die Fluggäste wieder raus, wo sie sich ihrer Messer und Scheren irgendwie entledigen könnten, alternativ werfe man sie selber in den Müll.

Reserviertes Terminal für Amerika-Flüge

Zu den neuesten Sicherheitsmaßnahmen gehört auch, dass seit Dienstag das Terminal B allein für die Amerika-Flüge reserviert ist. Nur so lassen sich die Überwachungsstandards, die derzeit für Flüge in die USA verlangt werden, garantieren. Das Personal der Sicherheitsgesellschaft (SGM), die für die Passagierkontrollen zuständig ist, wurde verstärkt, wer arbeiten kann, arbeitet derzeit. Neueinstellungen wurden laut Lutz bereits in die Wege geleitet, auch wenn das nicht einfach ist.

Denn der Arbeitsmarkt gerade in der Region um den Münchner Flughafen ist leergefegt, außerdem "nehmen wir nicht jeden", wie Lutz sagt. Gesucht würden Leute mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung und einer Vita, die auf Zuverlässigkeit schließen lasse, erklärt er.

Überprüfung der Bewerber

Wie alle, die in den nicht-öffentlichen Bereichen am Flughafen arbeiten, müssen natürlich auch neue Bewerber zunächst die Sicherheitsüberprüfung durch das Luftamt überstehen.

Wie genau die ist, mögen Zahlen belegen: Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 8000 Anwärter auf entsprechende Arbeitsplätze am Flughafen überprüft. Bei 1600 von ihnen gab es Erkenntnisse, die eine genauere Untersuchung erforderlich machten, 480 wurden am Ende abgelehnt - zehn wegen eines mutmaßlichen islamisch-extremistischen Hintergrundes.

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