Flughafen München:"Wir wussten von nichts"

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Nach der Razzia bei der Flughafenfirma CAP, die Steuern hinterzogen haben soll, streiten Stadt und Freistaat nun über die politische Verantwortung.

Bernd Kastner

Aus den Ermittlungen gegen die Flughafenfirma CAP wegen Steuer- und Abgabenhinterziehung hat sich ein politisches Scharmützel entwickelt. Während die Schwarzarbeitsfahnder des Zolls sich durch Tausende Aktenordner wühlen, die sie bei ihrer Razzia vergangene Woche einsammelten, versuchen die SPD via Stadtspitze und die CSU in Gestalt der Ratsfraktion und des bayerischen Finanzministeriums sich selbst irgendwie aus der Affäre zu ziehen - und zugleich den jeweiligen politischen Gegner in den Sumpf aus mutmaßlichen Tricksereien zu schubsen, die den Staat womöglich Millionen gekostet haben. Allein, so recht gelingen will beides nicht, zu groß scheint das Durcheinander.

Wie berichtet, hat die Staatsanwaltschaft Landshut den Verdacht, dass die CAP seit Jahren die Überstunden ihrer Mitarbeiter über zwei andere Firmen abgerechnet hat. Bei diesen Partner-Firmen waren CAP-Beschäftigte als Minijobber angestellt. Diesen Sachverhalt räumt die FMG ein, offen ist, wie dieses Lohnsplitting strafrechtlich zu bewerten ist.

Den Verantwortlichen drohen mehrjährige Haftstrafen. Die politische Aufregung geschieht vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Sicherheitsfirma CAP um eine Tochter der Airportgesellschaft FMG handelt, die wiederum in Besitz von Freistaat (51 Prozent), Bund (26 Prozent) und Stadt (23 Prozent) ist.

Als erstes war Christian Ude in die Offensive gegangen. Der rote Oberbürgermeister hatte von Georg Fahrenschon, CSU-Finanzminister und Aufsichtsratschef der FMG, verlangt, die Vorwürfe "in kürzester Frist" intern zu klären. Man dürfe sich jetzt "nicht zurücklehnen" und die Ermittlungen abwarten. Außerdem fordert Ude "personelle Konsequenzen unabhängig von strafrechtlichen Nachweisen".

Der in die Defensive geratene Finanzminister musste auch noch einräumen, dass sein Haus von den mutmaßlich illegalen Praktiken schon seit fünf Jahren gewusst, sie aber für rechtlich unbedenklich gehalten habe. Allerdings, so Fahrenschon in seiner Gegenattacke: Die Stadt sei als Airport-Eigner davon doch auch unterrichtet gewesen. Diese Steilvorlage nutzt die Rathaus-CSU für einen Schuss gegen Ude: "Was wusste die Stadt?" Warum verlange Ude "medienwirksam" Aufklärung eines Vorgangs, "über den die Stadt längst informiert war"?

War die Stadt wirklich ahnungslos? Die Frage ist berechtigt, allein: "Wir wussten von nichts." Das zumindest behauptet das städtische Wirtschaftsreferat, das die Flughafen-Anteile verwaltet. Dieses Nicht-Wissen habe zwei Gründe, erklärt Referatssprecher Wolfgang Nickl: Im Aufsichtsrat der CAP sei die Stadt nicht vertreten, "die Kontrolle der Enkeltöchter ist nicht unser Job". Und im Aufsichtsrat der Mutter FMG würden zwar "wesentliche Vorgänge" in den FMG-Töchtern besprochen, die Sache mit dem Lohnsplitting aber nicht. Das räumt einerseits das Ministerium ein, aber: Die Protokolle des CAP-Aufsichtsrats würden an alle Eigner verschickt, "das ist gängige Praxis".

Wer hat Recht? Hat die Stadt die Unterlagen ignoriert oder verschlampt? Oder darf die Stadt ihre Hände in Unschuld, sprich: Ahnungslosigkeit waschen? Wenn sie tatsächlich nichts wusste, hieße das aber auch, dass die Stadt nicht mitbekommt, was in einer Firma, deren Miteigentümerin sie ist, so alles vor sich geht. Und das bei einem Unternehmen, das 530 Mitarbeiter zählt und sich als führender Sicherheitsdienstleister am Flughafen bezeichnet. Und was wusste der Bund als dritter FMG-Eigner? Aus dem Verkehrsministerium war bis Redaktionsschluss keine Auskunft zu bekommen.

© SZ vom 15.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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