Flughafen München:24-Stunden-Airport versus Nachtflugverbot

Flughafen München: Am Flughafen München herrscht bislang Nachtflugverbot. Die Luftfahrt-Lobby würde diese jedoch gerne aufheben.

Am Flughafen München herrscht bislang Nachtflugverbot. Die Luftfahrt-Lobby würde diese jedoch gerne aufheben.

(Foto: joergensen.com)

Die Aufregung um den Flughafen München geht weiter: Während die Luftfahrt-Lobby eine Aufhebung des Nachflugverbots fordert, reagieren die Anwohner auf dieses Ansinnen mit Panik. Auch bayerische Minister melden sich zu Wort.

Von Frank Müller und Marco Völklein

Gleich am Morgen, noch bevor der Richter die Verhandlung eröffnet, werden die Gegner der geplanten dritten Startbahn am Münchner Flughafen unruhig. In wenigen Minuten wird vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) der Mammutprozess um das 1,3-Milliarden-Euro-Projekt fortgesetzt - da sorgt eine Forderung der Luftverkehrsbranche aus Frankfurt Unmut. "Das kann doch nicht deren Ernst sein", ruft ein Ausbaugegner. Und Christine Margraf, die für den Bund Naturschutz gegen die dritte Piste kämpft, schimpft: "Wenn das kommt, wäre das alles, was hier zum Lärm gesprochen wird, nur noch sinnloses Gewäsch."

Etwa zur gleichen Zeit sitzen Stefan Schulte, Chef des Frankfurter Flughafens, und Klaus-Peter Siegloch vom Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDV) in Frankfurt vor Journalisten und fordern ein "nationales Luftverkehrskonzept", die Abschaffung der Luftverkehrsabgabe, eine Aussetzung des EU-Emissionshandels - und erweiterte Nachtflugmöglichkeiten. Gemeint sind damit zwar vor allem die für Frachtflieger besonders interessanten Flughäfen in Leipzig und Köln-Bonn.

Dennoch schrillen bei den Münchner Airport-Anrainern die Alarmsirenen: Einen ähnlichen Vorstoß hatte im Oktober bereits eine Kommission aus Vertretern von Bund und Ländern gemacht. "Wir haben so etwas geahnt", sagt Hartmut Binner vom Aktionsbündnis "Aufgemuckt". "Deshalb haben wir uns schon früh mit anderen Betroffenen zusammengetan." Mehrfach bereits haben die Münchner Ausbaugegner gemeinsam mit Initiativen etwa aus Frankfurt und Berlin Aktionen gegen Fluglärmbelastung gestartet.

Aufgeschreckt von der Diskussion ist auch Flughafen-Aufsichtsratschef und Finanzminister Markus Söder (CSU). Er ist am Mittag bemüht, das Thema erst gar nicht hochkochen zu lassen. "Es gibt überhaupt keine Überlegung, die Nachtflugrechte zu verändern, weder in München noch in Nürnberg", sagt Söder am Rande der Klausurtagung der CSU in Wildbad Kreuth der SZ. "Da wird sich nichts ändern." Vorschläge könnten zwar immer gemacht werden; eine Veränderung beim Lärmschutz würde aber dazu führen, dass Flughäfen insgesamt weniger Akzeptanz bei der Bevölkerung finden. Auch Bayerns Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) lässt umgehend ausrichten: "Mit mir ist ein 24-Stunden-Flugbetrieb im Erdinger Moos nicht zu machen."

Seit Längerem versuchen Vertreter der Branche, sich in der Politik wieder mehr Gehör zu verschaffen. Insbesondere die Luftverkehrsabgabe und den Emissionsrechtehandel empfinden sie als Belastung gegenüber Konkurrenten etwa aus dem arabischen Raum. Ähnlich geht es dem Münchner Flughafen-Chef Michael Kerkloh, der sich im Wettbewerb sieht mit Airports im Nahen Osten. Während beispielsweise in der Türkei ein neuer Mega-Flughafen mit bis zu sechs Start- und Landebahnen geplant sei, streite man in Deutschland jahrelang über den Bau einer vierten Piste in Frankfurt oder eben einer dritten in München. Die werde ohnehin, sofern sie denn genehmigt und politisch durchgesetzt werden sollte, die einzige zusätzliche Luftverkehrsinfrastruktur in Deutschland auf ganz lange Sicht sein, sagt Kerkloh.

Daher wirbt Volker Gronefeld, der Anwalt des Flughafens, am Mittwoch in seinem Schlussplädoyer vor dem VGH noch einmal vehement für das Großprojekt. Nach wie vor wachse die Zahl der Passagiere weltweit wie auch im Erdinger Moos. Und auch wenn die Zahl der Flugbewegungen aktuell rückläufig sei, "müssen diese Passagiere transportiert werden", argumentiert Gronefeld. Allein die Lufthansa werde ihre Flotte in den nächsten Jahren um 80 Maschinen ausbauen - das schlage auch auf Drehkreuze wie München durch. "Wir müssen uns weiter auf Wachstum bei den Flugbewegungen einstellen."

Die Ausbau-Gegner appellieren indes erneut an das Gericht, die Belange der von Lärm, Schadstoffen und Enteignungen betroffenen Anwohner nicht zu vernachlässigen. Sollte die Piste gebaut werden, würde etwa eine "Todeszone" durch den Freisinger Stadtteil Attaching gezogen. Das Gericht indes weist am Mittwoch die von den Klägern zuletzt gestellten Beweisanträge zurück - und setzt den 19. Februar als nächsten Verhandlungstermin fest. Dann soll das Urteil verkündet werden.

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