Flughafen München:Kein Platz für neue Fluggesellschaften

Ein Airbus der Fluggesellschaft transavia steht am 08 07 2015 am Flughafen Tegel auf dem Rollfeld

Heck eines Transavia-Jets: Die Billigfluggesellschaft will vom kommenden Frühjahr an vier Maschinen im Erdinger Moos stationieren.

(Foto: imago/Florian Schuh)
  • Ab 2016 wird die Fluggesellschaft Transavia vier Maschinen im Erdinger Moos stationieren.
  • Weitere Fluggesellschaften werden nicht kommen, sagt Flughafenchef Kerkloh. Dafür müsse die geplante dritte Start- und Landebahn gebaut werden.
  • Die Ausbau-Gegner widersprechen: Im bestehenden System gebe es noch Kapazitäten.

Von Marco Völklein

Es wird eng werden am Münchner Flughafen: Vom kommenden Jahr an wird die niederländische Fluggesellschaft Transavia vier Maschinen vom Typ Boeing 737 im Erdinger Moos stationieren. Bisher fliegt die Air France-KLM-Tochter nur sporadisch nach München, eine eigene Dependance in Deutschland gab es bislang nicht.

Nach Einschätzung von Flughafenchef Michael Kerkloh dürfte dies auf mittlere Sicht die einzige Neuansiedlung einer Fluggesellschaft am Standort sein. "Danach wird nichts mehr kommen", sagt Kerkloh. Wer weitere Fluggesellschaften anlocken wolle, der müsse die geplante dritte Start- und Landebahn bauen.

Die Ausbau-Gegner bezweifeln das. Kerkloh habe immer wieder betont, dass Neuansiedlungen nicht mehr möglich seien. "Tatsächlich aber sind stets neue Gesellschaften nach München gekommen", sagt Christine Margraf vom Bund Naturschutz (BN).

Nicht genügend Slots für neue Fluggesellschaften

Schon jetzt sei im Luftraum rund um den Airport zu den Spitzenzeiten kaum mehr Platz für weitere Flieger, sagt hingegen Kerkloh. Für diese Zeiten seien nahezu sämtliche Start- und Landerechte ("Slots") vergeben. Bestätigt wird dies von der Flughafenkoordination in Frankfurt, die die Slots auf den großen Airports vergibt. "In den Spitzenzeiten übersteigt die Nachfrage die vom Flughafen angebotene Kapazität", heißt es in Frankfurt.

Die Koordinatoren nennen unter anderem die Zeitfenster am Morgen zwischen 7.25 Uhr und 8.15 Uhr, am frühen Nachmittag zwischen 13.35 Uhr und 15.40 Uhr sowie am Abend zwischen 18.10 Uhr und 21.25 Uhr.

Auch der Neuling Transavia musste feststellen, dass es schwierig ist, genügend Slots zu den gewünschten Zeiten zu erhalten. Um die vier Jets optimal auszulasten, hatte die Airline bei der Koordinierungsstelle in Frankfurt fast 6000 Starts und Landungen zu bestimmten Zeiten angemeldet.

Vorerst bewilligt wurden aber nur drei Viertel davon. Für die restlichen knapp 1500 Flüge müssen die Transavia-Manager nun schauen, ob sie sie gegen Slots anderer Gesellschaften tauschen können. Oder sie nutzen die Slots zu den ungünstigen Zeiten - auch wenn diese weniger rentabel sind. Schließlich stehen die Maschinen dann länger am Boden.

2008 gab es die meisten Flugbewegungen

Aus der Sicht von Flughafenchef Kerkloh zeigt das Transavia-Beispiel einmal mehr, dass der Airport an seiner Kapazitätsgrenze angekommen ist. Auch wenn in den Planunterlagen zur dritten Piste die Zahl von jährlich 480 000 Flugbewegungen genannt wird, die der Flughafen theoretisch mit seinen zwei Bahnen abwickeln könnte, seien "praktisch maximal 440 000 drin", sagt Kerkloh.

Eben weil die Fluggesellschaften zu den Hauptverkehrszeiten reindrängten. Immer wieder müsse man Gesellschaften abweisen, die sich gerne im Erdinger Moos niederlassen wollten, dieses aber wegen der Kapazitätsengpässe nicht könnten, sagt der Flughafenchef.

Hinzu kommt: Mit dem zusätzlichen Verkehr, den unter anderem Transavia im kommenden Jahr bringt, werde der Flughafen wieder über der Marke von 400 000 Starts und Landungen pro Jahr liegen, versichert Kerkloh. 2014 lag der Wert bei 377 000, im Jahr 2008 hatte der Flughafen mit 432 000 Flugbewegungen seinen bisherigen Rekord erreicht.

"Damals gab es bereits Probleme, alle Maschinen runterzukriegen", sagt Kerkloh. Auf eine solche Situation steuere man nun auch wieder zu. Nur mit der dritten Piste könne man dies verhindern und künftiges Wachstum für München sichern. Noch vor Weihnachten will Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagen, wie es mit dem 1,6-Milliarden-Euro-Projekt weitergehen soll. Seit Wochen ringen Befürworter wie Gegner des Airport-Ausbaus um Seehofers Gunst.

Noch ein Großprojekt

Neben der dritten Start- und Landebahn hat der Flughafen vor einigen Jahren noch ein weiteres Großprojekt gestartet - das neue "Satellitenterminal" auf dem östlichen Vorfeld. Wenn alles nach Plan läuft, werden Flughafenchef Michael Kerkloh und der neue Statthalter der Lufthansa in München, Thomas Winkelmann, das Gebäude im April eröffnen. Beide Unternehmen errichten das Terminal gemeinsam: Der Flughafen trägt 60 Prozent der Kosten, Lufthansa den Rest. Bislang hatten beide Firmen die Investitionssumme auf 877 Millionen Euro taxiert. Die Freien Wähler wollten nun wissen: Bleibt es dabei? Oder wird das Terminal teurer? Denn im Frühjahr hatte Kerkloh erstmals von "rund 900 Millionen Euro" gesprochen. Das ließ aufhorchen. In ihrer Antwort auf eine Anfrage des Freisinger Landtagsabgeordneten Benno Zierer muss die Staatsregierung nun konkrete Summen nennen: Demnach kalkulieren die Planer aktuell mit 896 Millionen Euro. Die Steigerung gegenüber dem ursprünglichen Kostenansatz sei "bedingt durch zusätzliche Maßnahmen im Bereich der Vorfeldflächen", heißt es. Der Beschluss dazu sei bereits im September 2011 gefallen. Nur mitgeteilt hatte dies damals keiner. mvö

"Da ist noch viel Luft im bestehenden System"

Daher widersprechen die Ausbaugegner Kerklohs Darstellung auch vehement. Für Richard Mergner vom BN sind die angeblichen Kapazitätsengpässe zu Spitzenzeiten "eine Komfortfrage". Die Airlines drängten ja nur deshalb zu Spitzenzeiten ins Erdinger Moos, weil sie ihren Passagieren möglichst kurze Umsteigezeiten bieten wollten.

Wenn die Firmen aber längere Aufenthalte in Kauf nähmen, ließe sich der Verkehr auch auf die Schwachlastzeiten verteilen - eine dritte Piste sei somit unnötig. An anderen Flughäfen würden solche Umsteigezeiten auch klaglos akzeptiert, ergänzt BN-Referentin Margraf.

Zudem seien in München auch zu den Spitzenzeiten noch immer zahlreiche Kleinflugzeuge mit weniger als 20 Passagieren unterwegs, sagt Margraf: "Da ist noch viel Luft im bestehenden System." Außerdem fordern die Umweltschützer, innerdeutsche Kurzstreckenziele wie Stuttgart oder Frankfurt nicht mehr per Flugzeug, sondern per Bahn anzusteuern. Auch das würde Kapazitäten frei machen. Die Ausbau-Befürworter entgegnen: Solange der Airport vom Fernbahnnetz abgekoppelt bleibe, sei dieser Ansatz keine Option.

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