Flughafen München:Inferno auf Knopfdruck

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Die Feuerwehr des Münchner Flughafens an ihrem neuen Brandschutzsimulator. (Foto: Marco Einfeldt)
  • Die Flughafenfeuerwehr hat eine neue Brandschutz-Übungsanlage im Erdinger Moos.
  • Dort wird nun für den Ernstfall geübt: Zigaretten auf der Toilette, Feuer in der Flugzeugküche oder ein brennender Container.
  • Bisher musste bei Übungen eine Jet-Attrappe mit viel Kerosin in Brand gesetzt werden - nun funktioniert alles per Knopfdruck.

Von Marco Völklein

Wenn Jürgen Echter will, dass es lichterloh brennt, dann drückt er einfach ein Knöpfchen auf seiner Fernbedienung. So wie an diesem Freitagvormittag. Von oben brennt die Sonne runter, Echters Kollegen schwitzen in ihren feuerfesten Schutzanzügen und in den Fahrerkanzeln der großen Flugfeld-Löschfahrzeuge, kurz: FLF. Dann geht es los: Ein Flugzeug hat eine Bruchlandung hingelegt im Erdinger Moos. Die Tragfläche auf der Backbordseite ist abgebrochen, Treibstoff tritt aus. Zu allem Unglück hat auch noch das Triebwerk unter dem rechten Flügel Feuer gefangen. Und das alles nur, weil Echter drei Knöpfe auf seiner Fernbedienung gedrückt hat.

Für etwa vier Millionen Euro hat sich die Flughafenfeuerwehr in den vergangenen Monaten eine neue Brandschutz-Übungsanlage ins Erdinger Moos stellen lassen. Seit ein paar Tagen proben die Feuerwehrleute dort bereits den Ernstfall, am Freitag wurde die Anlage offiziell in Betrieb genommen.

Gut elf Meter hoch, 44 Meter lang und 35 Meter breit - eine Anlage, die "aussieht wie ein echtes Flugzeug", sagt Rudolf Pfeil, der Leiter der Anlage. In der Vergangenheit mussten die Feuerwehrleute an einer mehr oder weniger selbst gebastelten Flugzeugattrappe üben. Auf die wurde im Grunde eine Menge Kerosin gekippt und angezündet - fertig. Böse gesagt, bestand die Kunst der übenden Feuerwehrler dann darin, möglichst schnell möglichst viel Löschmittel draufzukippen.

Was die Anlage der Feuerwehr bringt

Das ist bei der neuen Anlage anders. Denn mit der kann die Feuerwehr zum einen die Brandbekämpfung von außen üben, so wie an diesem Freitagvormittag: Zwei FLFs brausen heran, schicken breite Wasserfontänen und gezielte Sprühstöße in die Flammen. Ein weiterer Trupp rollt Schläuche aus und geht zu Fuß gegen den Brand vor.

Mit der Anlage können die Brandbekämpfer aber auch Szenarien trainieren, die sich im Inneren eines Jets abspielen können. So kann Ausbilder Echter mit seiner Fernbedienung eine Bordküche oder einen Container im Frachtraum in Brand setzen. Oder ein Feuer in einer Toilette entstehen lassen - "wenn ein Raucher es nicht aushält, trotz des Verbots auf dem Klo raucht und seine Kippe im Müll entsorgt", wie er sagt. Sei alles schon mal vorgekommen. Unter Feuerwehrlern gelte der Spruch: "Es gibt nix, was es nicht gibt."

Wenn die Löschaktion nicht gut verläuft, drückt Echter einfach nochmal den Knopf und die Übung geht von vorne los. (Foto: Marco Einfeldt)

Deshalb wird mehrmals pro Woche geübt. Jeder der gut 200 Mitarbeiter bei der Flughafenfeuerwehr muss mindestens zweimal im Jahr antreten. Auch die Enge, die in einem Flugzeug herrscht und mit der die Retter im Ernstfall zu kämpfen haben, wurde in der Feuerwehr-Attrappe nachempfunden. So ist die Toilette leicht verwinkelt eingebaut; die Retter müssen sich erst mühsam vorkämpfen, bis sie den Brandherd erreichen. "Gott sei Dank", sagt Ausbilder Pfeil, "passiert in Flugzeugen sehr wenig." Genau das sei aber zugleich ein Problem für die Flughafenfeuerwehr: Eben weil so wenige reale Einsätze stattfinden, müssten sich die Helfer immer wieder im Training auf den Ernstfall vorbereiten.

Wie die Ausrüstung der Flughafenfeuerwehr aussieht

Schließlich sind die Anforderungen insbesondere im Flugzeugbrandschutz hoch. Internationale Richtlinien schreiben der Airport-Feuerwehr vor, dass sie spätestens 180 Sekunden nach einem Alarm an jeder Stelle des Flugbetriebs sein muss, um dort bei einem Notfall helfen zu können. Um das zu erreichen, stehen den Helfern acht bis zu 1000 PS starke FLFs zur Verfügung, mit Tanks für bis zu 12 500 Liter Wasser sowie 1400 Liter Löschschaum an Bord. Die neueste Generation dieser Fahrzeuge besitzt sogar eine Art Rüssel, mit dem die Fahrer die Außenhaut eines Jets durchstoßen können - um dann im Inneren Wasser oder Schaum zu versprühen.

An diesem Freitag indes wird nur der mit Propangas befeuerte Brand außen an der Attrappe gelöscht. Es dauert nur wenige Minuten, dann haben die Retter die Flammen erstickt. Feuerwehr-Ausbilder Pfeil ist zufrieden mit seinen Leuten. Er hebt den Daumen, ruft "gut gemacht" rüber. Sollte das mal nicht so sein, kann er die Retter rasch zu sich rufen, mögliche Fehler besprechen. Und sie dann das exakt gleiche Übungsszenario noch einmal trainieren lassen - und zwar ohne dass erst literweise Kerosin ausgeschüttet und entzündet werden müsste. Ein Tastendruck auf der Fernbedienung genügt.

© SZ vom 18.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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