Flug 4U9525:Das Unglück erreicht Bayern

  • Beim Absturz des Flugs 4U9525 ist ein 38-Jähriger aus Oberbayern ums Leben gekommen. Es handelt sich nach SZ-Informationen um einen Gautinger.
  • Kriminalpolizisten aus Fürstenfeldbruck müssen nun bei der Identifizierung helfen.
  • Auf Bitten des Auswärtigen Amts ist eine vierköpfige Gruppe des Krisen-Interventions-Teams aus München in die Unglücksregion gereist. Die Mitarbeiter kümmern sich um die psychische Erstversorgung von Angehörigen der Todesopfer.

Von Christian Deussing und Sebastian Krass

Unter den Opfern des Airbus-Absturzes in Südfrankreich ist nach Informationen der Süddeutschen Zeitung auch ein Gautinger. Der 38-jährige Stefan K. steht auf der Passagierliste des Germanwings-Fluges 4U9525. Er war offenbar auf dem Rückweg von einer Geschäftsreise nach Spanien. Das bayerische Innenministerium bestätigte, dass unter den 150 Toten ein Mann aus Oberbayern sei. Ein weiteres Opfer habe "familiäre Beziehungen" hierher. Bei der Identifizierung der Opfer muss nun die Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck helfen.

Wie der Gautinger in der Region verwurzelt war

Stefan K. war verheiratet und arbeitete für ein Münchner Unternehmen, das Werkzeuge und Maschinen herstellt. Es hat Lizenzpartner in ganz Europa, auch in Spanien. Dort war K. in den vergangenen Tagen beruflich unterwegs. Privat war der 38-Jährige aktiver Fußballer. Schon als 16-Jähriger arbeitete er als Jugendtrainer beim TSV Wolfratshausen, bis vor einigen Jahren war er dort im Vereinsvorstand auch Schriftführer. Entsprechend groß ist die Trauer im Verein, gerade beim Vorsitzenden der Fußballabteilung Thomas Metz, der das Unglücksopfer seit 22 Jahren kannte. Metz lobte vor allem den Einsatz für den Kicker-Nachwuchs in Wolfratshausen.

Fürstenfeldbrucker Kriminalpolizisten müssen nun in den nächsten Tagen dabei helfen, über Erbgut-Abgleiche und DNA-Proben, die sie im privaten Umfeld des Verunglückten nehmen, den 38-Jährigen zweifelsfrei zu identifizieren. Die Erkenntnisse werden dann über das Landeskriminalamt zu den Ermittlern in Südfrankreich weitergeleitet.

Welche Arbeit das Krisen-Interventions-Team macht

Um Hilfe gebeten werden auch Mitarbeiter des Münchner Krisen-Interventions-Teams (KIT): Um Angehörige von Opfern, die in die Unglücksregion gereist sind, zu betreuen, hat sich am Mittwochmorgen ein vierköpfiges KIT-Team auf den Weg dorthin gemacht. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und das Auswärtige Amt hatten die Hilfe der Experten für die psychische Erstversorgung angefordert. Die Mitarbeiter des KIT sind in der Regel bei Unglücksfällen im Raum München im Einsatz, werden aber bei Großlagen wie 2004 beim Tsunami in Südostasien oder eben jetzt in Frankreich hinzugezogen.

Nach der Ankunft in der Unglücksregion sei es für das KIT-Team zunächst darum gegangen, einen geschützten Ort zu schaffen, wo Angehörige sich versammeln können, berichtete am Mittwoch Peter Zehentner, der Leiter des KIT, der den Einsatz von München aus koordiniert. "Manche von ihnen sind mit dem Auto direkt dorthin gedüst, manchem muss man erst einmal bei elementaren Fragen wie Essen, Trinken und Unterkunft helfen."

Welche Fragen die Helfer beantworten müssen

Schnell aber stellen sich dann auch Fragen, auf die das KIT Antworten geben muss. Was ist die Ursache für den Absturz? Gibt es Hoffnung, Überlebende zu finden? Gibt es die Möglichkeit, Abschied von den Toten zu nehmen? "Wir müssen die Informationen zusammentragen und dann ehrlich antworten. Zur Schonung mit Halbwahrheiten zu arbeiten, das geht nicht", sagte Zehentner. Überlebende wird es bei diesem Unglück wohl nicht geben. Dann aber könne es für die Angehörigen ein Trost sein, wenn sie gesagt bekommen, dass keiner der Toten lang gelitten hat, sagte Zehentner.

Die Frage nach dem Abschiednehmen dürfte bei diesem Einsatz eine besonders heikle sein, weil das Ausmaß der Zerstörung so groß ist. "Wir können den Menschen dann erklären, dass die Rechtsmedizin einen sehr guten Job macht, wenn es darum geht, Leichname zu identifizieren und sie den Angehörigen zurückzugeben", erklärte Zehentner. "Das ist sehr wichtig für die Trauerarbeit."

Die KIT-Mitarbeiter sind Ersthelfer. Sehr wichtig an ihrem Einsatz ist auch, die Angehörigen auf die Stellen hinzuweisen, die über längere Zeit bei der Bewältigung des Verlusts helfen. "Viele Menschen sind jetzt im Schock. Sie verstehen vielleicht erst nach ein oder zwei Wochen, was der Verlust für sie bedeutet. Es ist extrem wichtig, dass sie dann auch Hilfe bekommen", sagte Zehentner. Die Hilfe sei oft über Jahre hinweg nötig. Derzeit ist noch nicht abzusehen, wie groß der Betreuungsbedarf in Frankreich ist. Es halten sich aber bereits acht weitere KIT-Mitarbeiter bereit, ebenfalls dorthin zu reisen, als Verstärkung oder zur Ablösung des ersten Teams. Eine Entscheidung darüber könnte am Donnerstagvormittag fallen.

Ministerpräsident Horst Seehofer hat für die öffentlichen Gebäude Bayerns Trauerbeflaggung angeordnet.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: