Flüchtlingsprojekt:Bellevue di Monaco: Aller Anfang ist wunderbar

Flüchtlingsprojekt: Das Flüchtlingsprojekt Bellevue di Monaco ist nach wenigen Monaten zu einem Ort des Miteinanders geworden.

Das Flüchtlingsprojekt Bellevue di Monaco ist nach wenigen Monaten zu einem Ort des Miteinanders geworden.

(Foto: Stephan Rumpf)

Nach wenigen Monaten ist das Flüchtlingsprojekt Bellevue di Monaco zu einem Ort des Miteinanders geworden. Doch die eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt.

Von Thomas Anlauf

Die Tomatensträucher stehen schon hoch. Erst vor wenigen Wochen haben viele freiwillige Helfer im Hof Beete angelegt, überall an den Häuserwänden wachsen nun Nutzpflanzen und sogar kleine Palmen. Ein älterer Herr spielt mit einer jungen Frau Tischtennis, in einer Ecke des Hofs sitzen Frauen mit ihren Kindern und unterhalten sich ruhig. Auch drinnen im großen Saal im Erdgeschoss ist einiges los.

Eine Gruppe interessierter junger Leute besichtigt das frisch sanierte kleine Haus an der Müllerstraße. Sie wollen erfahren, was hier gerade im Entstehen ist: Wie es einige engagierte Münchner geschafft haben, drei städtische Häuser vor dem Abriss zu bewahren und nun dort ein bundesweit beachtetes Flüchtlingsprojekt aufzubauen: das Bellevue di Monaco.

Angela Bauer sitzt auf einer kleinen Holzbank im heimeligen Hof und schüttelt Hände. Alle paar Minuten wird sie herzlich begrüßt - mal von der türkischen Nachbarin, die kurz im Hof vorbeischaut, mal von einer Dolmetscherin. Sie ist eigentlich Vorsitzende der heilpädagogisch-psychotherapeutischen Kinder- und Jugendhilfe (HPKJ), doch auch hier in der Müllerstraße bei Bellevue kennt sie mittlerweile jeder.

Die eigentliche Arbeit kommt noch

Gemeinsam mit Matthias Weinzierl vom Bayerischen Flüchtlingsrat und Kulturveranstalter Till Hofmann steht Bauer der Bellevue-Genossenschaft vor. Für sie ist es natürlich schön zu sehen, wie das bislang noch provisorische Projekt bereits gut drei Monate nach dem Start von Flüchtlingen und Münchnern als Treffpunkt angenommen wird. Aber sie weiß auch: Die eigentliche Arbeit beginnt nun erst.

Bis zum 31. August werden die verbliebenen Mieter des markanten Eckhauses, der Müllerstraße 6, ausgezogen sein, spätestens Mitte September soll das Baugerüst stehen. Dann beginnt die Generalsanierung des ersten von drei Gebäuden, in das womöglich schon im kommenden Frühjahr bis zu 16 junge Erwachsene mit und ohne Fluchthintergrund ziehen werden.

Im Erdgeschoss entsteht ein Infocafé als Ort der Begegnung. Deshalb muss im September auch der Fahrradladen "Pedalhelden" ausziehen. Das Infocafé war Bestandteil des Vertrags mit der Stadt, die mit der Genossenschaft einen 40 Jahre währenden Erbpachtvertrag für die drei Gebäude geschlossen hat.

Welches Projekt noch warten muss

Anschließend beginnt die Sanierung der Müllerstraße 4, dort sollen künftig sechs Wohnungen für Familien und Alleinerziehende mit Fluchthintergrund entstehen. Als letztes wird das kleine Haus mit der Nummer 2 grundlegend saniert, bislang haben freiwillige Helfer das Gebäude zumindest so weit hergerichtet, dass es bis dahin für Treffen und Workshops genutzt werden kann.

Bereits jetzt "sind immer wieder viele Leute da, die einfach etwas tun wollen oder sich hier treffen", berichtet Bauer. Vor allem der Mittwoch habe sich als fester Termin herumgesprochen. Beim "Open House" treffen sich Flüchtlinge untereinander oder neue Münchner Freunde. Es gibt bereits einen Deutschkurs, ein weiterer wird gerade aufgebaut. Vor einigen Tagen gab es eine Einführung ins Asylrecht, in Zukunft soll es im Bellevue di Monaco eine Beratung für Flüchtlinge geben zu Fragen des Aufenthaltsrechts - ähnlich, wie es die Rechtsberatung im Eine-Welt-Haus an der Schwanthalerstraße seit vielen Jahren anbietet. Als Konkurrenz zum Eine-Welt-Haus sieht Bauer das Angebot natürlich nicht. "Es gibt immer mehr Bedarf als Angebote", sagt sie.

Nähmaschine und Kreidetafel

Die Angebote, die es bei Bellevue bereits gibt, werden ausgiebig genutzt. Mittlerweile besitzt die Genossenschaft eine professionelle Nähmaschine, an der Geflüchtete regelmäßig arbeiten. Auch anderweitig engagieren sich beim Bellevue Flüchtlinge, die in München leben. Ein junger Mann zum Beispiel hilft freiwillig als Hausmeister mit. Im ersten Stock der Müllerstraße 2 ist ein Raum in eine Art Klassenzimmer umgestaltet worden. Wer einen Deutschkurs oder einen Kurs für Ehrenamtliche besucht, kann an langen Tischen lernen, vorne gibt es sogar eine Kreidetafel.

Der Start eines eigenen Kulturprogramms muss allerdings noch etwas warten. "Bislang sind wir offiziell noch kein Veranstaltungsort", erklärt Angela Bauer. Es fehlten noch entsprechende Genehmigungen der Behörden für Brandschutz und ähnliche Dinge. Dafür ist das Bellevue di Monaco bereits nach wenigen Monaten das, was es ohnehin hauptsächlich sein will: ein Ort der Begegnung und des Miteinanders.

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