Flüchtlinge:In Ramersdorf eröffnet Bayerns Unterkunft für geflüchtete Frauen

Flüchtlinge: Katrin Bahr und Einrichtungsleiterin Sophia Berthuet von Condrops eröffneten mit Dritter Bürgermeisterin Christine Strobl (von links) die neue Flüchtlingsunterkunft.

Katrin Bahr und Einrichtungsleiterin Sophia Berthuet von Condrops eröffneten mit Dritter Bürgermeisterin Christine Strobl (von links) die neue Flüchtlingsunterkunft.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Am gefährlichsten für Frauen auf der Flucht sind nicht die Bomben - es sind meist die Männer. Und auch in den Unterkünften sind sie nicht immer in Sicherheit.

Von Karin Kampwerth

Die Stimmung unter den weißen Pavillons ist an diesem Mittwochnachmittag gedrückt. Nur ein kleines Mädchen mit schokoladenfarbener Haut, in Shorts und Hemdchen mit Herzen und Hufeisen darauf, turnt fröhlich an einem Schirmständer herum. Eigentlich soll in dem Ramersdorfer Hinterhof ja auch gefeiert werden - und zwar die bayernweit zweite Flüchtlingsunterkunft nur für Frauen und Kinder.

Doch der Grund, warum die Einrichtung notwendig ist, ist kein freudiger. Das, was die Schirmherrin des Projektes, die TV-Journalistin und Buchautorin Maria von Welser, von ihrer jüngsten Recherchereise berichtet, die sie in das Bekaa-Tal im Libanon, nach Jordanien, in den Sudan oder auch in das griechische Flüchtlingslager Idomeni führte, bewegt sich außerhalb der Vorstellungskraft der Gäste.

Am gefährlichsten für Frauen auf der Flucht sind nicht die Fassbomben, es ist nicht die nächtliche Eiseskälte in der Wüste und es sind auch keine löchrigen Schlauchboote, in denen sie mit ihren Kindern von teuer bezahlten Schleppern übers Mittelmeer geschickt werden. Das Gefährlichste sind Männer - verroht und ohne Respekt, die Frauen und ihren Töchtern ohne Rücksicht auf deren Alter Gewalt antun und sie sexuell misshandeln.

"Vergewaltigungen sind weltweit ein Kriegsmittel", sagt von Welser. Immer häufiger würden Frauen auf der Flucht aber auch verkauft und sexuell ausgebeutet. "Im Libanon kostet eine Syrerin 200 Dollar." Und die Männer sagen: "Danke, Assad", denn die Syrerinnen würden als schön, fleißig und nicht so aufmüpfig wie die selbstbewussten Libanesinnen gelten.

Ein Schicksal, das dem kleinen Mädchen mit dem Hufeisen-Hemdchen erspart bleiben wird. Hier in Ramersdorf - die Adresse soll zum Schutz der Frauen nicht öffentlich genannt werden - kann es in Sicherheit aufwachsen. "Und die Frauen können in Ruhe auf die Toilette gehen und in Ruhe duschen", sagt von Welser. Denn Tatsache ist, dass Frauen auch in den großen Unterkünften wie der Bayernkaserne noch lange nicht sicher sind.

Eine "asylpolitische Leerstelle"

"Die Unterbringung ist, vorsichtig ausgedrückt, nicht ideal", sagt Münchens Dritte Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD). Mit dieser Erkenntnis haben sich der Verein Condrops, die Münchner Frauenhilfe und Pro Familia befasst und im Frühjahr 2015 begonnen, politisch für eine entsprechende Unterkunft zu werben.

Dass bereits im Januar dieses Jahres die ersten Frauen mit ihren Kindern einziehen konnten, habe eine "asylpolitische Leerstelle" gefüllt, wie Margit Berndl vom Paritätischen Wohlfahrtsverband in Bayern lobte. Dennoch sei ihre Freude darüber verhalten, "denn wir sind in Bayern noch weit davon entfernt, Frauen und Kindern Schutz vor Gewalt zu bieten". Berndl forderte, Unterkünfte wie die in Ramersdorf in jedem bayerischen Regierungsbezirk zu schaffen.

Dass sie hier zur Ruhe fänden und ihr Leben in Geborgenheit neu ordnen können, wünschte Bürgermeisterin Strobl den Bewohnerinnen. Für das Gelingen zeichnet die Trägerkooperation verantwortlich. Die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes etwa werden nicht von anonymen Firmen angeheuert, sondern von Condrops gestellt. Sie pflegen ein freundschaftliches Verhältnis zu den Frauen, sprechen oft auch deren Sprache.

So wie die hochgewachsene Security-Frau, dunkelhäutig, durchtrainiert, die ganz vorsichtig den kleinen Yasin aus seinem Kinderwagen hebt und in den Armen wiegt. Drei Wochen ist das Baby alt, seine sehr junge Mama aus Syrien geflohen. Hastig zieht sie an ihrer Zigarette, später schaut sie mit ihrem Kleinen noch im Hinterhof vorbei.

Dort soll schon bald ein Garten mit Spielplatz entstehen, wie die Condrops-Vorsitzende Eva Egartner berichtet. Das Geld dafür hat Ralf Fleischer, Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse, dabei. Er überreicht den Verantwortlichen einen Scheck über 20 000 Euro.

Der Betrieb selber wird von der Stadt München mit 33 000 Euro monatlich bezuschusst, das Gebäude wurde von der Gewofag unbefristet angemietet. Luxuriös ist das Leben der Bewohnerinnen laut Condrops-Mitarbeiterin Katrin Bahr noch lange nicht. Sie sind mit ihren Kindern in Vier- und Fünfbettzimmern untergebracht, es gibt zwei Schlafsäle für Schwangere und Frauen mit Neugeborenen. Aber die Frauen dürfen vorerst auch bleiben, wenn ihre Asylanträge bewilligt wurden. Genug gute Nachrichten also, die die Gäste dann doch noch zur Musik der Zwirbeldirn in Feierlaune bringen.

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