Flüchtlinge in München:Keine Ahnung unter dieser Nummer

200 neue Plätze, so schätzt man im Sozialreferat, muss man schaffen. Jeden Monat. München sucht verzweifelt nach Unterkünften für Flüchtlinge. Doch als ein Immobilienmakler der Stadt eine Wohnung anbieten will, scheitert er - weil sich niemand für zuständig erklärt.

Von Bernd Kastner

Die Stadt sucht händeringend nach Wohnungen für Flüchtlinge. 200 neue Plätze, so schätzt man im Sozialreferat, muss man schaffen - jeden Monat. "Eine große Kraftanstrengung" hat Sozialreferentin Brigitte Meier (SPD) das jüngst genannt. Daniel Schneider ist Immobilienmakler und wollte eine Wohnung vermieten, an Flüchtlinge. Er meldete sich also bei der Stadt mit seinem Angebot. Und was passierte? Nichts.

"Bemerkenswert" nennt der Makler aus Olching, was er im Herbst erlebt hat. Ein Vermieter hatte ihn beauftragt, seine Wohnung, gelegen am Westkreuz in München, an Flüchtlinge zu vermieten. Der Mann wollte was Gutes tun, man lese ja in den Zeitungen, wie schwer sich die Behörden tun, Unterkünfte zu finden, und sei es nur eine normale Wohnung.

Also, so berichtet Schneider, ruft er im Sozialreferat, genauer: im Amt für Wohnen und Migration an. Dort spricht Schneider mit zwei Mitarbeitern, keiner aber weiß Rat. Schneider wird weiterverwiesen ans örtlich zuständige Sozialbürgerhaus. Dort erhält er die Auskunft, dass man für so was wie Wohnungen nicht zuständig sei, er möge doch bitte im Büro der Sozialreferentin anrufen.

Dort rät ihm ein Mitarbeiter von Brigitte Meier, es mit seinem Anliegen doch im Büro des Oberbürgermeisters zu versuchen. Also ruft Schneider im Rathaus an, wo er hört, dass man nicht zuständig sei. Er solle es doch bitte bei der Regierung von Oberbayern versuchen. Dort heißt es, dass die Behörde nur an großen Sammelunterkünften interessiert sei, nicht an einzelnen Wohnungen.

An dieser Stelle, so berichtet es Schneider, habe seine Odyssee durch die Ämter geendet, sein Vermieter habe sich dann andere Mieter gesucht. "Es war kein Problem, die Wohnung auf dem freien Markt loszuwerden." Er hätte sich gewünscht, irgendwann an einen Mitarbeiter verwiesen zu werden, der ihm kompetent Auskunft hätte geben können. Oder an einen, der zumindest mal eine Frage gestellt hätte, nämlich zur Wohnung.

450 Euro Kaltmiete

Zwei Zimmer, hätte Daniel Schneider dann gesagt, nicht sehr groß, 450 Euro Kaltmiete, und er hätte natürlich Verständnis gehabt, wenn einer vom Amt dann abgelehnt hätte, weil man größere Wohnungen brauche. Es habe aber gar niemanden interessiert, wie groß oder klein die Wohnung ist. "Ich hatte das Gefühl, dass keiner weiß, wie man mit so einem Angebot umgehen soll."

Im Sozialreferat ist man zerknirscht. "Es ist bedauerlich, dass es so gelaufen ist", sagt Sprecher Frank Boos. Makler Schneider hatte nämlich in der richtigen Behörde angerufen, im Amt für Wohnen und Migration. Dort hätte man ihn einfach an die Zentrale Wohnungslosenhilfe weiterleiten sollen, eine Abteilung, in der ein Mitarbeiter ebensolche Angebote sammelt.

Die Stadt miete zwar selbst keine Wohnungen an, gebe die Angebote aber weiter an die Suchenden. Und weil Flüchtlinge, die dank eines sicheren Status aus den Sammelunterkünften ausziehen dürften, von der Stadt formal auch als wohnungslos eingeordnet werden, sei dieser Mitarbeiter eben auch für Flüchtlinge zuständig. Unter diesen sind auch immer kleine Familien, von denen sich vielleicht eine gefreut hätte über eine eigene kleine Wohnung.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: