Flüchtlinge in der Bayernkaserne:Strenges Regiment

Unterkunft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Bayernkaserne in München, 2013

In der Bayernkaserne häufen sich die Beschwerden über eine Firma, die dort Flüchtlingsunterkünfte betreibt.

(Foto: Stephan Rumpf)

Keine Zimmerschlüssel, Männer in Frauenduschen und Hausverbote für Helfer: In der Bayernkaserne häufen sich Beschwerden über die Firma, die dort im Auftrag des Freistaats die Flüchtlingsunterkünfte betreibt.

Von Bernd Kastner

Die Bayernkaserne ist eine Stadt in der Stadt, abgeschirmt durch Mauern, Stacheldraht und Wachmannschaften. Mehr als 750 Flüchtlinge hat die Regierung von Oberbayern derzeit in den alten Militärgebäuden untergebracht. Jetzt dringen aus dieser Welt Beschwerden über das Agieren einer privaten Firma, die mit dem Betrieb mehrerer Flüchtlingshäuser beauftragt ist. Aus dem, was Unterstützer und Betreuer der Asylsuchenden berichten, ergibt sich das Bild eines strengen Regiments in der alten Kaserne mit fragwürdigen Regeln und teils distanzlosem Verhalten gegenüber den Asylbewerbern.

Die meisten der Beschwerden kommen aus einem Haus, in dem seit Oktober Familien, Frauen und Kinder untergebracht sind. Dort sind die Zimmer nicht abschließbar, die Bewohner erhielten bislang keine Schlüssel. Beratungsorganisationen wie der "Infobus für Flüchtlinge" - ein Projekt von Amnesty International und Münchner Flüchtlingsrat - sowie zwei Frauenrechtsorganisationen sollen über Wochen mit einem Hausverbot belegt gewesen sein, sodass sie keinen oder erschwerten Zugang zu ihren Klienten hatten. Selbst Angehörigen sei der Besuch verweigert worden.

Eindruck eines Strafsystems

Ihren Helfern berichteten Flüchtlinge, dass männliches Personal in den Sanitärräumen für Frauen kontrolliert habe, ob die Vorschriften eingehalten würden. So sei es etwa verboten, die Füße im Waschbecken zu waschen. Bei einem Verstoß seien die Hausausweise der Flüchtlinge eingesammelt und kopiert worden, sodass bei den Betroffenen der Eindruck eines Strafsystems entstanden sei. Auch habe es lange Zeit keine Möglichkeit gegeben, für kleine Kinder Milch warm zu machen; Fläschchen hätten Eltern im Klo-Waschbecken spülen müssen, da es keine Küchen gab.

Die Innere Mission, in der Bayernkaserne mit dem Sozialdienst betraut, bestätigt: "Uns sind zahlreiche Beschwerden zu Ohren gekommen; Klienten berichten in Beratungsgesprächen von Missständen." Gwendolin Buddeberg, Anwältin und Mitarbeiterin von Amnesty International, betont, dass die Asylbewerber nach ihrer Flucht in einer sehr angespannten Situation und oft traumatisiert seien: "Man hat den Eindruck, dass die Firma die Flüchtlinge unter Kontrolle halten will. Die Regierung ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Grundbedürfnisse der Asylsuchenden unter Wahrung der Menschenrechte stärker berücksichtigt werden."

Wer in der Bayernkaserne wofür konkret verantwortlich ist, ist schwer zu durchschauen. Das Vertragskonstrukt ist kompliziert. Der Stadt München gehört das gesamte Areal in Freimann. Einige Gebäude hat sie an die Firma "Jonas Better Place GmbH" (JBP) vermietet. Die Regierung von Oberbayern wiederum hat als Untermieterin von JBP vier Häuser für die Erstaufnahme von Asylsuchenden übernommen und ihren Vermieter, also JBP, mit dem Betrieb der Häuser beauftragt. Ein Gebäude verwaltet die Regierung selbst. Grund für dieses Konstrukt ist laut städtischem Kommunalreferat, dass eine Privatfirma flexibler agieren könne, während eine Behörde an langwierige Ausschreibungen gebunden sei. In der Kaserne sind Mitarbeiter von Regierung und JBP tätig, zudem mindestens zwei Wachdienste und die Innere Mission.

Berechtigte Beschwerden

Ein Sprecher der Regierung erklärt: "Die Zusammenarbeit mit Jonas Better Place ist insgesamt gut." Zugleich bestätigt er, dass Beschwerden berechtigt seien. Die Regierung habe bereits veranlasst, dass die Helfer wieder ungehindert Zugang zu ihren Klienten bekommen. Auch müsse die Firma Zimmerschlüssel ausgeben. Teeküchen gebe es mittlerweile, sodass Kindermilch erhitzt werden könne. Die Regierung habe JBP auch klargemacht, dass männliche Mitarbeiter nicht die Sanitärräume für Frauen kontrollieren dürften.

Im Sozialreferat der Stadt spricht man von guten Erfahrungen mit JBP. Die Stadt habe die 2012 gegründete Firma mit dem Betrieb von fünf Häusern in der Bayernkaserne beauftragt: In drei Gebäuden gibt es 260 Plätze für Wohnungslose, zwei werden im Rahmen des Kälteschutzprogramms für Obdachlose genutzt. Die Firma JBP verwaltet damit die Unterkünfte von etwa 1000 Menschen in prekären Lebenssituationen.

JBP-Geschäftsführer Phillip Bauer antwortet auf die Fragen der SZ bislang nur rudimentär. Man habe die Gebäude in desolatem Zustand übernommen und schnell saniert. Seine Firma sei "stolz" darauf, den Menschen "eine angenehme und würdige Unterkunft" geschaffen zu haben. Für Verbesserungsvorschläge sei man immer offen. Zudem engagiere sich JBP jenseits ihrer Pflichten für die Kinder in der Kaserne: So halte man Tiere wie Hühner, Hasen und Alpakas, habe Spiel- und Fußballplätze angelegt und einen Kindergarten eingerichtet.

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