Flüchtlinge am Hauptbahnhof:Wie sich München auf weitere Züge aus Ungarn vorbereitet

Flüchtlinge am Hauptbahnhof: Gerüstet für den Ansturm: Am Hauptbahnhof sind Kleider für die Flüchtlinge vorrätig.

Gerüstet für den Ansturm: Am Hauptbahnhof sind Kleider für die Flüchtlinge vorrätig.

(Foto: Stephan Rumpf)

Die Ankunft weiterer Flüchtlinge am Münchner Hauptbahnhof ist nur eine Frage der Zeit - anders als am Montag soll nun nichts schief gehen.

Von Thomas Anlauf, Melanie Staudinger und Susi Wimmer

Die einzige Frage lautet: Wann? Wann wird der nächste Zug voller Flüchtlinge in München ankommen? Es ist nur eine Frage der Zeit, das ist allen Beteiligten klar - den Behörden, der Polizei, den vielen ehrenamtlichen Helfern am Münchner Hauptbahnhof.

Am Donnerstag um 11.40 Uhr kommt die Meldung, dass am Ostbahnhof von Budapest ein Zug mit Flüchtlingen in Richtung der Grenze zu Österreich abgefahren ist. Das Ziel der meisten Flüchtlinge: München. Diese Nachricht, die sich im Laufe des Tages noch einige Male ändert, setzt innerhalb von Minuten eine komplexe Maschinerie in Gang: Die Regierung von Oberbayern ordert zahlreiche Busse, um Ankommende möglichst schnell in Erstaufnahmeeinrichtungen zu bringen, und klärt, wo Flüchtlinge unterkommen können. Mit Bundespolizei und Münchner Polizei spricht sie im 20-Minuten-Takt.

Anders als am vergangenen Montag, als die Behörden völlig überrascht worden sind von den vielen Flüchtlingen, die sich von Ungarn über Österreich nach München durchkämpften, soll beim nächsten Mal nichts schiefgehen. Deshalb hätten alle Beteiligten "die Strukturen wieder hochgefahren", sobald sie die ersten Nachrichten aus Budapest hörten, wie ein Polizeisprecher bestätigte. Man sei darauf vorbereitet, dass ähnlich viele Asylsuchende wie am Dienstag am Hauptbahnhof ankommen könnten, also etwa 2400. Laut Polizeisprecher war "die Zeit zum Durchatmen" da, jetzt rüste man sich für den nächsten Ansturm.

Zunächst bleibt dieser aber aus, weil keine Schnellzüge aus Budapest nach München durchgefahren sind.

Der Vorplatz des Hauptbahnhofs gleicht einer Festung

Die Turnhalle des Luisengymnasiums nahe dem Hauptbahnhof steht für mehrere Hundert Flüchtlinge zur Verfügung, ebenso eine Tennishalle in Grasbrunn im Landkreis München. "Wir stehen in engem grenzübergreifenden Kontakt mit Mittelspersonen vor Ort", sagt Simone Hilgers, Sprecherin der Regierung von Oberbayern. Allerdings könne erst abgeschätzt werden, wie viele Flüchtlinge sich auf den Weg nach München machen, wenn sie von Ungarn aus österreichisches Gebiet erreicht hätten. Dann habe man noch mindestens "vier Stunden Vorlauf", bis die ersten Flüchtlinge eintreffen.

Allerdings konzentrieren sich Polizei und Regierung nicht allein auf die Flüchtlingszüge aus Ungarn oder Italien. Auch mit Fernbussen machen sich Flüchtlinge aus Mitteleuropa auf den Weg in den Westen. Am Zentralen Busbahnhof (ZOB) an der Arnulfstraße kommen täglich Busse aus Budapest oder Prag an, mehrere Unternehmen bedienen die Strecke. "Wir haben überall ein Auge drauf, wo Personen ankommen könnten", sagt Hilgers.

Der Vorplatz des nahen Hauptbahnhofs gleicht unterdessen einer Festung. Überall stehen Absperrgitter und unterteilen das Areal in kleinere Flächen: Wenn viele Flüchtlinge eintreffen sollten, müssten sie irgendwie sortiert werden, damit medizinische Untersuchung und Registrierung nicht zu lange dauern.

Wie die Helfer nun Unterstützung bekommen

Auf der anderen Seite des Starnberger Flügelbahnhofs organisieren sich derweil die ehrenamtlichen Helfer. Innerhalb nur eines halben Tages hat die Polizei eine Liste mit 400 Freiwilligen erstellt. Das Präsidium twittert Nachrichten der Helfer, von denen der jüngste etwa 14 ist, die ältesten sind weit über 50. Die Stadt berät sich mit Kollegen aus ihrer Fachstelle für bürgerschaftliches Engagement, vier Mitarbeiter des Jugendamts sind ebenfalls im Einsatz.

Es sind die kleinen Dinge, die den Ehrenamtlichen ihren Job erleichtern sollen. So gibt es seit Donnerstagmittag einen Info-Stand, an dem sich potenzielle Freiwillige für einen Dienst eintragen können. Schichtpläne sollen verhindern, dass zu viele Unterstützer da sind und sich gegenseitig behindern.

"Ich weiß, was diese Menschen erleben"

Eine der Ehrenamtlichen, die schon seit Montag im Einsatz ist, ist Vaniessa Rashid. Die Grünen-Politikerin kennt sich mit Flüchtlingen nicht nur deshalb aus, weil sie Integrationsbeauftragte in Ramersdorf-Perlach ist. Die 24-jährige Kurdin musste als Kleinkind selbst mit ihren Eltern ihre Heimat, den Nordirak, verlassen. "Ich weiß, was diese Menschen erleben", sagt sie.

Und nach vier Tagen Dauereinsatz weiß sie auch, was am Hauptbahnhof benötigt wird - und vor allem, was nicht. "Viele Münchner bringen noch immer Spenden vorbei", sagt sie. Doch seien die Flüchtlinge höchstens eine Stunde hier: Sie brauchten Wasser, eine Kleinigkeit zu essen und vielleicht eine Jacke oder Socken. Danach fahren sie in eine Erstaufnahmeeinrichtung, wo sie Hygieneartikel und andere wichtige Sachen erhielten. "Bitte bringen Sie keine Spenden mehr an den Hauptbahnhof", sagt Rashid daher. Bis zum Wochenende seien die Ankommenden auf jeden Fall gut versorgt.

"Es ist wundervoll, dass so viele Menschen helfen wollen", sagt Rashid. Dennoch müsse die Unterstützung strukturiert sein. "Wir sind jetzt gut vorbereitet, auch wenn wieder so viele Flüchtlinge kommen", sagt die 24-Jährige.

Einen Überblick, wie Sie den Flüchtlingen helfen können, gibt es unter sz.de/asylhelfer

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