Fleischskandal:Gammelfleisch zum Großteil schon verzehrt

26 Münchner Betriebe waren in den letzten Tagen Kunde der Johanneskirchener Firma Bruner, welche verdorbenes Fleisch lieferte. Ein Großteil davon dürfte schon verzehrt sein.

Bernd Kastner

Der Großteil des von der Johanneskirchener Firma Bruner stammenden Gammelfleisches dürfte bereits verzehrt sein. Davon geht man im Kreisverwaltungsreferat (KVR) aus. Zu den Bruner-Kunden der vergangenen 14 Tage gehörten 26 Münchner Betriebe, darunter auch bayerische Traditionsgaststätten. Noch prüfen die Ermittler, wer verdorbene Ware erhielt.

Nach Angaben von KVR-Sprecher Christopher Habl seien in fünf kontrollierten Betrieben Auffälligkeiten festgestellt worden. Unter den belieferten Betrieben seien bayerische Traditionsgaststätten ebenso wie kleinere Wirtschaften, Kantinen, Metzgerei-Imbisse oder Döner-Buden. Zu den Bruner-Kunden gehörte auch der Hirschgarten, Münchens größter Biergarten. Über "viele Jahre" habe man Hähnchen von dort bezogen, so Hirschgarten-Wirt Johann Eichmeier. Eine Überprüfung habe jedoch keine Beanstandung ergeben. In zwei niedersächsischen Betrieben wurden gestern zwei Tonnen Fleisch aus Johanneskirchen beschlagnahmt.

Polizeisprecher Peter Reichl sagte, die Etiketten des Fleisches seien teilweise "erkennbar" manipuliert worden. Wie kann es sein, dass dies den Kontrolleuren nicht auffiel? Darauf war von der Regierung von Oberbayern gestern keine Antwort zu bekommen. Die Ermittlungen waren nach einem anonymen Hinweis ins Rollen gekommen. Firmenchef Georg Karl Bruner äußerte sich noch nicht zu den Vorwürfen. Laut Anton Winkler, Sprecher der Staatsanwaltschaft, suche man weiter nach den Abnehmern des Fleisches. Dabei gehe es auch um deren Verantwortung: Man prüfe, ob etwa ein Wirt wissentlich abgelaufenes oder gar verdorbenes Fleisch verarbeitet und auf den Teller der Gäste getan habe. Winkler: "Es wäre falsch, bei den Lieferanten mit den Ermittlungen aufzuhören."

Grüne kritisieren Kompetenzwirrwarr

Als "recht verschachtelt" kritisieren die Grünen im Rathaus die Kompetenzverteilung bei den Kontrollen. Tatsächlich sind verschiedene Behörden zuständig. Für Großkühlhäuser wie das der Firma Bruner sind es die amtlichen Tierärzte. Diese sind organisatorisch dem städtischen Kommunalreferat angegliedert, das sie bezahlt - fachlich aber unterstehen sie dem staatlichen Veterinäramt des Freistaats. Die sieben Münchner Amtstierärzte sollen die großen Kühlhäuser mit Europa-Zulassung viermal im Jahr kontrollieren. Für den Einzelhandel wiederum ist das KVR zuständig. Zu mehr als Stichproben käme man aber nicht, räumt Sprecher Habl ein. "Wir hoffen, dass wir jeden Betrieb zweimal im Jahr besuchen können." Wird Gammelfleisch entdeckt, drohe dem verantwortlichen Händler meist Bußgeld. Die Namen anrüchiger Betriebe dürften aber nicht veröffentlicht werden.

Genau das fordert Thilo Bode, Chef von "Foodwatch". Mit der Bekanntgabe der Namen könne man das System für Verbraucher transparenter machen. Es genüge nicht, lediglich mehr Kontrollen zu fordern. Diese funktionierten bereits, sagte Bode mit Verweis auf das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. In dessen jüngstem Jahresbericht steht, dass rund 30 Prozent der Frischfleischproben beanstandet worden seien, die Hälfte davon eingestuft als "gesundheitsschädlich". Solange die Gammel-Betriebe aber mit Geldbußen davonkämen, gebe es keinen Anreiz, die Praktiken zu verändern. Auch die Kunden solcher Firmen kritisiert Bode scharf: "Die Abnehmer sind auch Täter." Jeder Wirt merke, wenn er ein vergammeltes Stück Fleisch vor sich habe.

Auch Alexander Jesina, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, sieht die Wirte in der Pflicht. Er fordert die Veröffentlichung der Namen schwarzer Schafe, wenn Unternehmer "grob fahrlässig" Gammelfleisch in Umlauf bringen.

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