Flaniermeile am Fluss:Posse um den Isarboulevard

Wittelsbacherstraße Isarboulevard

Mit dem Projekt "Isarboulevard" soll die Wittelsbacherstraße zumindest ein paar Tage im Jahr vom Autoverkehr befreit werden.

(Foto: Florian Peljak)
  • Seit Jahren wird über die Idee eines Isarboulevards am Westufer des Flusses gesprochen.
  • Im Juni 2013 gab es ein einmaliges Test-Wochenende, seither rauschen die Autos wieder über die Isarparallele.
  • Nun war das Thema im Stadtrat - und Kreisverwaltungsreferent Blume-Beyerle verkündete, seine Behörde werde die Genehmigung eines Isarboulevards gerne prüfen - sobald ein konkreter Antrag vorliegt.

Von Dominik Hutter

Eine "charmante Idee" sei das, versichern die Stadträte Michael Kuffer (CSU) und Beatrix Zurek (SPD), sie verwenden exakt die gleichen Worte. Die Grünen stellen seit Jahren entsprechende Anträge, sie sind die leidenschaftlichsten Befürworter eines Isarboulevards. Ursula Sabathil (Freie Wähler) erinnert an 1996, als sie den Münchnern bereits eine autofreie Isar nach dem Vorbild von Veranstaltungen wie "Paris Plages" ermöglichen wollte. Und im Wahlkampf marschierte der Aktivist Benjamin David demonstrativ mit den OB-Kandidaten von CSU, SPD und Grünen über die Wittelsbacherstraße auf Höhe Maximilianskirche.

Alle wollen ihn haben: den Boulevard am Westufer der Isar, der im Sommer für ein paar Tage oder Wochenenden allein zum Flanieren dienen soll. Im Juni 2013 gab es ein einmaliges Test-Wochenende. Das war es dann aber auch. Seitdem rauschen wieder die Autos über die Isarparallele. Flusspromenade unter Bäumen? Pustekuchen.

Alle wollen den Isarboulevard

Es ist eine Posse - vom Boulevard, den jeder will und der trotzdem nicht kommt. Am Dienstag fügte der Stadtrat ein neues Kapitel hinzu: Mehrere Monate lang geisterte eine Beschlussvorlage von Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle über die Tagesordnungen der Sitzungen und wurde immer wieder vertagt. Nun war es endlich soweit: Das Thema kam an die Reihe und Blume-Beyerle konnte verkünden, seine Behörde werde die Genehmigung eines Isarboulevards gerne prüfen - sobald ein konkreter Antrag vorliegt. Das aber sei derzeit nicht der Fall. Prinzipiell könne man eine derartige Veranstaltung erlauben, sofern sie zeitlich eingegrenzt und aus dem Alltag herausgehoben sei sowie einen Anlass, ein Programm und einen verantwortlichen Ansprechpartner vorweisen könne. Soll heißen: Einfach mal die Straße sperren geht nicht, ein bisschen Kultur muss schon sein.

Mehr springt nicht heraus? Gülseren Demirel war die Enttäuschung über die reichlich allgemeine Expertise deutlich anzusehen, die Grünen-Fraktionschefin sprach diplomatisch von einem "Problem". Ihre Partei hatte mit ihrem im März 2014 eingereichten Antrag auf Genehmigung eines Isarboulevards Anderes im Sinn gehabt: Dass die Stadt mit den privaten Akteuren rund um den Verein "Isarlust" zusammenarbeitet und das Flanier-Spektakel konkret auf den Weg bringt. Also dass die den Antrag einreicht, den Blume-Beyerle vermisst.

Offenkundig sei das Kreisverwaltungsreferat die falsche Behörde dafür, seufzte Demirel. Und fragt sich, wie dies nur passieren konnte. Blume-Beyerle teilt diese "Irritation". Man habe den Isarboulevard vom städtischen Direktorium zur Bearbeitung erhalten. Prinzipiell sei man für die Idee durchaus aufgeschlossen. Nur könne die zuständige Genehmigungsbehörde eben nicht gleichzeitig als Veranstalter auftreten. Das Ergebnis war dann die nun vorliegende Rechtsexpertise.

Ohne Geld kein Antrag

Demirel will ihren Antrag nun nochmals stellen und darauf hinwirken, dass er diesmal im Planungs- oder Kulturreferat landet. Prinzipiell gebe es zwei Möglichkeiten, den Isarboulevard zu organisieren: als gemeinsames Projekt von Stadt und "Isarlust". Oder aber man legt ein Förderpaket auf, um das sich dann die privaten Vereine bewerben können.

Denn das ist offenbar derzeit das Problem: Der Verein "Isarlust" kann die geschätzten 100 000 Euro nicht aufbringen, die pro Wochenende für Straßenreinigung, Absperrungen und Helfer notwendig sind. Benjamin David hofft, dass die Stadt einspringt. Gespräche mit den beiden großen Rathausparteien CSU und SPD gab es bereits. Bis zu deren Abschluss liegt das eigentlich schon seit Jahren verfolgte Projekt brach. Ohne Geld will David keinen Antrag einreichen.

Natürlich gäbe es die Möglichkeit, das Geld privat aufzutreiben: Indem auf dem Isarboulevard Würstlstände, Eisbuden und Bierbars aufgestellt werden. Das aber ist im Konzept von "Isarlust" nicht vorgesehen. "Unkommerziell" soll es zugehen, berichtet David. Beschaulich und leise - keine Partymeile mit lauter Musik, sondern viel Platz zum Spazierengehen und Herumsitzen. 3,8 Kilometer lang soll der Isarboulevard nach der "Isarlust"-Konzeption werden, vom Baldeplatz bis zur Maximiliansbrücke. Geplant ist ein Wochenende je Monat plus den gesamten August. David schwärmt von kleinen Kunstinstallationen, die die rund 30 beteiligten Organisationen auf eigene Kosten entlang der Flaniermeile anbieten wollen. Fürs Picknick müssten die Münchner selbst sorgen.

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