Flächenversiegelung:Staatsbeton und Privatbalkönchen

Warum es sich der Staat zu leicht macht mit den Bienen

"Rettet die Bienen" (18. Mai) sowie "Es könnte sogar noch schlimmer kommen" (18. Juni) und "Jede Blüte hilft" (19. Juni):

In der SZ und anderen Veröffentlichungen wie den Infobroschüren der Naturschutzverbände oder auch der Umwelt-und Landwirtschaftsministerien ist zu lesen, dass die zunehmende Bodenversiegelung durch den Bauwahnsinn ein massives Problem darstellt, das wegen des damit verbundenen Insektensterbens auch unsere Existenz bedroht. Gleichzeitig wird in den Artikeln und Broschüren ständig dazu aufgerufen, der Privatbürger solle doch seine Gärten und Balkone möglichst so gestalten, dass sie auch bienen-/insektenfreundlich sind. Habe ich das also richtig verstanden? Dieselbe Regierung in Stadt und Land, die beim Umweltschutz kläglich versagt und alles dransetzt zu bauen, wo und wie es nur irgendwie möglich ist, appelliert gleichzeitig an die Bürger, sie sollen doch bitteschön auf eigene Kosten in ihrem eigenen Bereich und auf Eigeninitiative dieses Versagen ausgleichen?

Haben die diversen Betonköpfe eigentlich überhaupt nichts verstanden, oder geht es ihnen gar um etwas Anderes? Ach ja, da gibt es ja so etwas wie Wahlen und da ist natürlich dem gemeinen Politiker, allen voran dem bayerischen Ober-Bodenversiegelungs-Minister und Ministerpräsidenten Söder (siehe sein Wohnungsbau-Motto "bauen, bauen, bauen") und der Stadt München, jedes Mittel recht, um einen möglichst guten Wahlerfolg zu erzielen. Traurigerweise wird also genau das Wohnungsproblem für plumpe Aussagen zur Gewinnung von Wählerstimmen herangezogen, obwohl vernünftig denkenden Menschen klar sein müsste, dass sich durch Zubetonieren das Problem nicht lösen lässt.

München wird nie so viele Wohnungen bauen können, dass sich der Zuzugsdrang und das Mietniveau auch nur einigermaßen in den Griff bekommen lassen. Neue Konzepte sind vonnöten wie beispielsweise mehr Bebauungspläne mit ökologisch wertvollen Grünoasen, bessere Anbindung der Außenräume oder Förderung neuer Wohnformen. Doch anstatt sich darüber Gedanken zu machen, werden hohle Phrasen gedroschen und die letzten grünen Oasen des einstmals so grünen München beziehungsweise Bayern zugepflastert.

Da bleibt einem leider nur der Nachruf auf eine einst lebenswerte Stadt: Mach's gut schönes München, es war schön, Dich kennengelernt zu haben. Jetzt wandelst Du Dich zu einer Metropole, die vielleicht bald ähnliche Probleme wie Bangkok haben wird (siehe SZ vom 22. Juni, "Land unter in Bangkok"). Aber Hauptsache, das Wahlergebnis stimmt.

Wolfgang Wieser, München

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