Fischtaverne Papazof:Ein Fest für die Fische

Fischtaverne Papazof in München, 2011

Georgios Papazof in der Küche seines Fischrestaurants.

In München gibt es leider kein Meer und keinen Hafen - ein gutes Fischlokal allerdings trotzdem: Die Taverne Papazof im Schlachthofviertel serviert frischen Fisch, der einfach zu gut schmeckt.

Paula Morandell

Ein Fischlokal sollte möglichst nah am Meer stehen, neben einem kleinen Hafen, in dem früh am Morgen wettergegerbte Fischer ihre Ware aus den Booten heraus verkaufen. Lange Landwege mögen Fische und Schalentiere bekanntlich nicht. In München gibt's leider kein Meer und keinen Hafen, und so manchen Lokalen, die geschäftstüchtig Tilapia und Konsorten auf ihre Karte schreiben, merkt man das leider an.

Dort gehört manchmal die Tiefkühltruhe, in der die Filets samt Panademantel monatelang vor sich hin frieren, mit der Fritteuse zum wichtigsten Küchenutensil. Da ließe man den Fisch in der Truhe doch am besten in Ruhe.

Auch Georgios Papazof muss sich mit den Gegebenheiten im Voralpenland abfinden, und dennoch sitzt er in puncto Meeresgetier näher an der Quelle als viele seiner Gastronomiekollegen in München. Papazof ist seit vier Jahrzehnten Fischgroßhändler, und vor vier Jahren hat er neben seinem Lagerhaus im Schlachthofviertel zusätzlich eine eigene Taverne aufgemacht, die er leidenschaftlich führt. Wobei sich die Hingabe von selbst versteht. Die Konstellation ist ungefähr so, als würde ein begeisterter Gemüsegärtner ein vegetarisches Restaurant eröffnen.

Wer an den Tischen im Freien vor der Taverne Papazof Platz nimmt, sollte sich nicht irritieren lassen von der ungewohnten Umgebung. Ein Lagerhausareal kann kein idyllisches Plätzchen sein, selbst wenn die nahe Kirchenglocke in der Isarvorstadt dörflich schlägt. Doch es ist, vor allem abends, überraschend ruhig hier mitten in der Stadt - so kann das angenehme Gefühl aufkommen, in eine andere Welt versetzt worden zu sein.

Irgendwo im Hintergrund schiebt sich ein verspäteter Sattelzug vorbei, um in der Großmarkthalle oder im Schlachthof seine Ware loszuwerden. Für noch mehr Fernweh braucht man nur die Augen zu schließen und einen Bissen vom griechischen Vorspeisenteller zu nehmen (7,90 Euro), einer liebevollen, frisch zubereiteten Auswahl mediterraner Köstlichkeiten. Jetzt ist der Süden trügerisch nah.

Beim Blick auf die Speisekarte fühlt man sich vollends an einen Meeresstrand verpflanzt. Irgendwo am Ende der Karte stehen auch ein, zwei Fleischgerichte, alles andere: Fisch, Schalen- und Krustengetier. Direkt aus der Lagerhalle des griechischen Wirts kommen Steinbutt, Wildfang-Gambas, Seezunge oder Loup de Mer auf den gewaltigen Grill in der offenen Küche. Vom hellen Gastraum, in Weiß und warmen Orangetönen gehalten, lässt sich das Schicksal der Fische durch einen gewaltigen Durchbruch in der Wand beobachten. Die Scheiben vom Schwertfisch (19 Euro) wurden leicht gesalzen, mit Olivenöl bepinselt und sehr wenig Mehl bestäubt, damit sie beim Garen nicht austrockneten. Ein Gedicht.

Papazof nimmt immer wieder mal einen Gast mit in seine kühle Halle hinter der Taverne, um stolz die roten Kiemen und glasklaren Augen der Fische zu zeigen - Zeichen für Frische. Für die Qualität spricht auch, dass es nicht nach Fisch riecht im Lager, sondern nach Seeluft. Doch die ganze Pracht wäre dahin, würde der Küchenchef sein Handwerk nicht beherrschen.

Bei Papazof steht glücklicherweise ein versierter Fischkoch am Herd: Die gratinierten Jakobsmuscheln (9,90) brutzelten mit schön viel Petersilie in ihren halben Schalen. Beim Oktopus vom Grill (9,90) forderte die Dreijährige am Tisch vehement ihren Anteil ein, obschon ihr der gebratene Arm des Kraken etwas furchterregend erscheinen musste. Aber es schmeckte einfach zu gut.

Die "Calamaria" (im Duett mit Gambas vom Grill 16,90) schützte eine hauchzarte Grießhülle vor zu viel Hitze, die Dorade (13,90) kam jedes Mal auf den Punkt gegart an unseren Tisch. Bei den Beilagen hatten wir die Wahl zwischen einem puristischen Salat oder knackig gedünsteten Gemüsen in feinem Olivenöl aus Kalamata. Beim Wein hielten wir uns an die Empfehlung des freundlichen Personals - und fuhren mit einem gekühlten Savatiano (0,2 Liter für 4,90) recht gut.

Beinah unverschämt fein waren schließlich die Stücke vom Walnusskuchen Karidopita (4,50) und das Baklawa (3,90). Man sollte bei diesen süßen Hämmern nicht zu knapp kalkulieren, es könnte sonst Streit geben am Tisch. Das wäre schade nach einem schönen Abend beinahe am Meer.

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