Finanzierungsplan:Stadt soll für Stammstrecke zahlen

Die zweite S-Bahn-Stammstrecke wird dringend benötigt - doch der Verkehrsetat des Bundes ist zu klein. Bayerns Staatsregierung möchte nun 300 Millionen Euro für den Bau vorstrecken - und verlangt dasselbe von der Stadt München. Oberbürgermeister Christian Ude ist davon gar nicht begeistert.

Mike Szymanski und Marco Völklein

In der schwarz-gelben Staatsregierung gibt es Überlegungen, dem Bund das Geld für den Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke vorzustrecken. Damit erhöht der Freistaat auch den Druck auf die von SPD und Grünen regierte Landeshauptstadt, sich ebenfalls über ein Darlehen an dem Zwei-Milliarden-Euro-Projekt zu beteiligen. Offiziell heißt es aus der Staatskanzlei lediglich, man prüfe diverse Möglichkeiten.

VGH verhandelt über neue S-Bahn-Strecke

Total überlastet ist die Münchner S-Bahn-Stammstrecke: Nun soll eine zweite Strecke gebaut werden. Nur die Finanzierung ist noch offen.

(Foto: dpa)

Ganz konkret haben Ministerpräsident Horst Seehofer, Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (alle CSU) sowie Bayerns Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) bei einem Gespräch am Montag dem Vernehmen nach folgenden Plan gefasst: Der Bau der zweiten Stammstrecke kostet geschätzt zwei Milliarden Euro. Knapp eine Milliarde Euro haben Freistaat und Bahn bereits aufgebracht, der Rest soll vom Bund kommen. Doch dessen Verkehrsetat reicht hinten und vorne nicht.

Daher will die Staatsregierung, dass die Stadt etwa 300 Millionen Euro als Darlehen vorstreckt, weitere 300 Millionen Euro will der Freistaat als Kredit beisteuern. Das Geld soll der Bund vom Jahr 2019 an zurückzahlen.

Erwin Huber (CSU), der Vorsitzende des Landtags-Verkehrsausschusses, nannte es "einen klugen Weg, wenn Staatsregierung und Stadt gemeinsam ein Vorfinanzierungsangebot machen". Er hatte vor einigen Wochen eine Beteiligung der Stadt ins Spiel gebracht. Allerdings dürften noch hohe Hürden zu nehmen sein: Ramsauer soll bei dem Treffen laut Teilnehmern darauf hingewiesen haben, dass er die Zustimmung des Bundesfinanzministers und des Bundestages für erforderlich halte, wenn der Bund beabsichtige, sich derart viel Geld über einen längeren Zeitraum zu pumpen.

Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) lehnt eine finanzielle Beteiligung der Stadt strikt ab: Der Ausbau des S-Bahn-Netzes sei Aufgabe des Freistaats, die dafür vorgesehenen Bundesmittel flössen an den Freistaat. Ude nannte den Vorstoß ein "parteipolitisches Spiel" - zumal die (oft CSU-geführten) Kommunen im Umland "bewusst ausgespart wurden". Der SPD-Verkehrsexperte Thomas Beyer sprach von einem "unseriösen und unmoralischen Angebot". Michael Piazolo (Freie Wähler) nannte den Plan "abenteuerlich". Er sei ein Versuch, die Aufgaben von Bund und Land "auf die kommunale Ebene abzuwälzen. Das darf nicht Schule machen".

Offen ist auch, aus welchem Topf der Freistaat sein 300-Millionen-Euro-Darlehen finanzieren will. SPD-Mann Beyer befürchtet, dass dies zu Lasten anderer Verkehrsprojekte im Freistaat gehen könnte - etwa der Nürnberger S-Bahn oder der Umgestaltung des Augsburger Hauptbahnhofs. Der CSU-Verkehrsexperte Eberhard Rotter fordert daher, das Geld nicht aus dem Verkehrsetat des Freistaats zu nehmen.

Er plädiert für eine "gesonderte Finanzierungsmöglichkeit", möglicherweise gar einen "zusätzlichen Haushaltstitel". Nach SZ-Informationen erwägt die Staatsregierung, das Geld über den Grundstock des Freistaates zur Verfügung zu stellen. Das ist eine Art eiserne Reserve, in der die Vermögenswerte wie Liegenschaften hinterlegt und per Verfassung besonders geschützt sind.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: