Finanzierung:Die bayerische Bildungslüge

Im internationalen Vergleich liegen die Ausgaben für Schulen im Freistaat weit unter Durchschnitt. Noch schlimmer: Die für 2005 versprochene Steigerung ist tatsächlich ein Minus.

Von Christine Burtscheidt

"Sparen, reformieren, investieren", heißt die Devise der Staatsregierung in dieser Legislaturperiode. Überall wird zurückgefahren, nur nicht bei den Familien, den Hochschulen und den Schulen. ¸¸Wir investieren in exzellente Bildung auf internationalem Niveau. Bayern soll mit seinen Schulen in zehn Jahren unter den ersten fünf Spitzenländern in der Weltrangliste stehen", kündigte Ministerpräsident Edmund Stoiber in seiner Regierungserklärung vom 6. November 2003 an.

Finanzierung: Im Vergleich: Ausgaben für Bildung seit 1997

Im Vergleich: Ausgaben für Bildung seit 1997

(Foto: Grafik: SZ)

Doch bislang zeichnet sich im Haushalt keine Offensive ab, im Gegenteil: Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt gibt Bayern seit Jahren konstant wenig Geld für Bildung aus. In den Verbänden kursiert längst das Wort der bayerischen Bildungslüge. Mit dieser Wahrheit muss auch Kultusministerin Monika Hohlmeier heute das Kabinett konfrontieren, wenn es über den Lehrermangel debattiert.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat es in ihrer jüngsten Studie ¸¸Bildung auf einen Blick" einmal wieder festgestellt: ¸¸Ohne angemessene materielle Ausstattung kann das Bildungssystem den vielfältigen Anforderungen nicht gerecht werden." Und gemessen werden die Ausgaben immer am Bruttoinlandsprodukt (BIP). Die großen Industrieländer wenden im Durchschnitt 5,6 Prozent ihres BIP für Schulen, Hochschulen und Wissenschaft auf. Lediglich für Bildung beläuft sich die Quote auf durchschnittlich drei Prozent.

Deutschland liegt mit 2,3 Prozent darunter. Erst recht das wirtschaftsstarke Bayern: Die Staatsausgaben für Bildung liegen bei zwei Prozent des BIP - und das seit fünf Jahren. Würde man allein die Differenz zwischen Bund und Land beheben, so die Landtags-SPD, müsste Finanzminister Kurt Faltlhauser 1,1 Milliarden Euro in die Schulen stecken. Dennoch spricht der Ministerpräsident unverdrossen von der Priorität Bildung.

Der letzte größere Sprung beim Kultusetat erfolgte von 1998 auf 1999. Hier stieg der Anteil am BIP von 1,57 auf 1,99 Prozent. Haushälter im Landtag sagen jedoch, dies habe man überwiegend den hohen Pensionslasten der Lehrer zu verdanken, die seither auf den Kultushaushalt angerechnet würden. Dieser Ballast schönt auch ansonsten die Bilanz.

Zu wenig Förderung für Migrantenkinder

Von einer Steigerung des Schulbudgets im kommenden Jahr ist gerne die Rede. Doch selbst das Kultusministerium räumt ein, dass es abzüglich der Pensionslasten ein Minus geben würde - so wie schon in diesem Jahr. Auch von der Arbeitszeitverlängerung der Beamten profitieren die Schulen kaum. Von den 2091 Stellen, die durch die wöchentlich zusätzliche Unterrichtsstunde geschaffen wurden, muss Hohlmeier 1445 abgeben.

Weniger Lehrer wird es 2005 auch an den Volksschulen geben. 762 Stellen sollen abgebaut werden, obgleich dringend mehr Personal nötig wäre, um für Migrantenkinder mehr Deutschkurse anzubieten oder die frühe Förderung auszubauen. Denn Deutschland, auch das sagt die OECD, gibt zu wenig Geld in Kindergärten und Grundschulen. Zurecht warnte so gesehen gestern der Vorsitzende des bayerischen Lehrerverbands, Albin Dannhäuser, vor Überlegungen, ¸¸die Löcher fehlender Lehrerstellen zu Lasten der Grundschulen zu stopfen".

Schülerzahlen steigen weiter

Ausschließlich auf den öffentlichen Druck der vergangenen Tage hin scheint nun die Staatsregierung einige neue Stellen an die Schulen geben zu wollen. Ob es jedoch mehr als 1000 sein werden, wie sie die Verbände fordern? Nur so ist aus ihrer Sicht die Qualität des Unterrichts bei ständig wachsenden Aufgaben noch zu halten. Darin sind sie sich mit Eltern und der bayerischen Wirtschaft einig. ¸¸Wenn Bayern seine bislang unangefochtene Spitzenposition behaupten will, muss es seine Bildungsausgaben deutlich über den OECD-Durchschnitt erhöhen", heißt es in dem Bericht der Bildungskommission Gymnasium.

Doch bislang war die Staatsregierung auf dem Ohr taub. Stattdessen lobte sie sich lieber selbst für die 5500 Stellen, die sie von 1998 bis 2003 zusätzlich schuf. Sie waren allein notwendig, um wachsende Schülerzahlen auszugleichen. Die geburtenstarken Jahrgänge wechseln nun an die Hochschulen; und damit, so Stoibers Hoffnung, auch die Stellen. Doch die Rechnung geht nicht auf. Bayern hat als boomender Standort Zuzüge. Allein an den Gymnasien stiegen heuer die Schülerzahlen um 2,1 Prozent.

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