Filmpreis:Atheistischer Katholik

Laudator Edgar Selge, Preisträger David Oelhoffen, Tellux-Chef Martin Choroba und Kardinal Reinhard Marx. (Foto: Tellux)

Die katholische Kirche steht oft im Ruf, wenig Überraschendes zu bieten. Beim Fritz-Gerlich-Filmpreis, den die deutschen Bistümer und ihre Filmproduktionsfirma Tellux während des Filmfestes vergeben, gehört die Überraschung jedoch zum Konzept. Denn die Jury aus Kirchen- und Fernsehmenschen vergibt die 10 000 Euro regelmäßig nicht an brav-katholische Regisseure, im Gegenteil. So auch am Mittwochabend in der Allerheiligenhofkirche: Kardinal Reinhard Marx zeichnete den französischen Regisseur (und Atheisten) David Oelhoffen für "Dem Menschen so fern aus", die Verfilmung einer Roman-Vorlage des französischen Existenzialisten (und Atheisten) Albert Camus. Für Oelhoffen kein Widerspruch: Camus habe viele Katholiken als Freunde gehabt, viele protestierten gegen die Gräuel des Algerien-Krieges - der Konflikt bildet den Hintergrund für den Western mit Viggo Mortensen. Für Laudator Edgar Selge ist das ein "zutiefst menschliches und unvergessliches" Werk. Oelhofen spricht von einem philosophischen Film über Gerechtigkeit und den Kampf gegen jede neue Form des Faschismus. Weswegen der Fritz-Gerlich-Preis besonders passe: Der katholische Journalist war 1934 von den Nazis ermordet worden. Die Brücke zur Kirche hat der 47-jährige Franzose damit gut geschlagen, gewiss zur Freude des Kardinals, auf dass bis tief in die Nacht im Residenzgarten inter- und areligiös gefeiert werden konnte.

© SZ vom 03.07.2015 / kc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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