Filmgeschäft:Happy End garantiert

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Ilse Kubaschewski war die mächtigste Frau des Nachkriegsfilms. Am Schreibtisch wie am Set hatte sie das Sagen. (Foto: Bayerisches Wirtschaftsarchiv)

Ilse Kubaschewski war im Nachkriegsdeutschland als Filmverleiherin erfolgreich

Von Nina Bovensiepen

Wer Filmhandel und München assoziiert, der denkt schnell an Leo Kirch. Dabei war es deutlich vor dem 2011 verstorbenen Kirch eine Frau, die sich in Sachen Filmhandel in München einen Namen machte: Ilse Kubaschewski, von vielen respektvoll nur "die Kuba" genannt - oder, so gar nicht respektvoll, "die Vorsitzende des Schnulzenkartells".

Ilse Kubaschewski brachte in Nachkriegs-Deutschland auf die Leinwand, wonach die Menschen gierten: Filme, die von einer heilen, glücklichen Welt erzählten. Sie hatte als einer der ersten von den Alliierten eine Verleihlizenz bekommen, und 1949 gründete sie in München ihren Gloria-Filmverleih, der dem Publikum Streifen wie "Grün ist die Heide", "Die Trapp-Familie" oder das " Schwarzwaldmädel" bescherte.

Kubaschewski, ihr Mädchenname lautete Kramp, war 1907 in Berlin als Tochter eines Postbeamten und einer Stummfilmpianistin geboren worden. Nach der Schule arbeitete sie als Produktionssekretärin und als Lehrmädchen bei einem Berliner Filmverleih. 1938 heiratete sie Hans Kubaschewski, einen Filialleiter der Ufa. Noch vor Kriegsende flüchtete sie nach Bayern, in Oberstdorf betrieb sie das Kurfilmtheater. Dann folgte München.

Dort ging es beruflich schnell aufwärts, und an dem Schnulzenvorwurf störte sich Kubaschewski wenig. Ihr geschäftliches Motto erinnert an das des Privatfernsehmachers Helmut Thoma ("der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler"): "Die Kritik wird an der Kinokasse geschrieben", so Kubaschewski. Und die Kasse gab ihr recht. Einer Illustrierten verriet sie einmal ihre sechs Gebote fürs Geschäft, die demnach lauteten: 1. Keine unsympathischen Hauptfiguren; 2. Keine Rückblenden; 3. Unter allen Umständen ein Happy End; 4. Viele Bilder von der Heimat; 5. Sehr viel Musik; 6. Immer etwas zum Lachen. Das funktionierte lange bestens und bescherte ihrem Unternehmen Millionenumsätze.

1953 lud sie zum ersten Münchner Filmball ein, zu dem in den nächsten Jahren alle Stars und Sternchen strömten. Schon sieben Jahre nach Gründung der Gloria hatte "die Kuba" laut der Broschüre Die Traumfabrikantin, die das Bayerische Wirtschaftsarchiv über sie erstellt hat, materiell alles erreicht, was man sich im Nachkriegs-Wirtschaftswunderland wünschen konnte. Dazu gehörte eine Villa am Starnberger See ebenso wie ein Penthouse in München, ein roter und ein himmelblauer Mercedes 300, ein Winterdomizil in der Schweiz und ein Sommersitz in Nizza. Das zehnjährige Firmenjubiläum feierte sie pompös auf der Zugspitze.

Ilse Kubaschewski, die 2001 starb, war nicht nur als Verleiherin tätig, sondern auch als Kinobetreiberin mit dem Gloria-Palast und als Produzentin von Filmen. Jenseits von Schnulzen und Seichtem widmete sie sich durchaus auch anderen Stoffen. Besonders stolz war sie auf die Produktion des Faust mit Gustaf Gründgens. Auch in Klassiker wie Federico Fellinis La dolce Vita investierte sie. Auch in soziale Projekte steckte sie einiges Geld, etwa am Starnberger See, wo sie fünf Jahrzehnte wohnte.

Von Beginn der Siebzigerjahre an zog sie sich aus ihren Geschäften zurück. Einiges verkaufte sie an Leo Kirch. Dieser erzählte gerne die Geschichte, wie die Kuba gewissermaßen zu seinem Aufstieg beigetragen hatte. Demzufolge landete Kirch seinen ersten großen Filmcoup, den Erwerb von Fellinis La Strada, in den Fünfzigerjahren auf einer Reise nach Rom nur, weil die italienischen Studios zuvor vergeblich versucht hatten, eine prominente Abnehmerin von dem Werk zu überzeugen. Doch Ilse Kubaschewski wollte nicht. Der Stoff war ihr zu trüb. In dem Fall hatte sie einmal nicht das richtige Gespür gehabt. Oft genug war das anders.

© SZ vom 10.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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