Feuerwehr:Fliegerbombe in Schwabing ist entschärft

Feuerwehr: Der Sprengmeister Roger Flakowski (links) und der zweite Sprengmeister Martin Radons neben der entschärften Bombe.

Der Sprengmeister Roger Flakowski (links) und der zweite Sprengmeister Martin Radons neben der entschärften Bombe.

(Foto: Robert Haas)
  • Bauarbeiter haben in der Nähe des Nordfriedhofs in Schwabing eine 250-Kilo-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg ausgegraben.
  • Die Entschärfung des Sprengkörpers am Samstag dauerte 45 Minuten.
  • Die Gebäude im Umkreis von etwa 500 Meter der Bombe wurden evakuiert. Etwa 4500 Münchner mussten ihre Wohnungen verlassen.
  • Auch die U 6 war von der Entschärfung betroffen. Ein Teil der Autobahn A9 wurde gesperrt.

Von Thomas Anlauf und Viktoria Spinrad

Die Fliegerbombe an der Ungererstraße ist am Samstagmittag erfolgreich entschärft worden. Um 13.20 Uhr teilte die Berufsfeuerwehr mit, dass Sprengmeister Roger Flakowski den Sprengstoff, eine 250-Kilogramm-Bombe der US-Streitkräfte aus dem Zweiten Weltkrieg, unschädlich gemacht hat.

Wenige Minuten später wurde die Sperrung der U-Bahnlinie 6 in Schwabing wieder aufgehoben, auch der Verkehr kann wieder ungehindert fließen. Am Morgen mussten 4500 Menschen im Umkreis von 500 Metern der Bombe ihre Häuser und Wohnungen verlassen. Der Großeinsatz, bei dem Hunderte Feuerwehrleute, Polizeibeamte und Retter im Einsatz waren, ging damit deutlich schneller zu Ende als zuvor befürchtet. "Wieder ein Teufel weniger", sagte Sprengmeister Flakowski nach dem erfolgreichen Einsatz.

Im Minutentakt rollten am Morgen Konvois durch die Straßen von Schwabing. Mannschaftswagen der Polizei, der Feuerwehr, der Rettungsdienste. Vor der großen Aussegnungshalle des Nordfriedhofs an der Ungererstraße parkten schwere Einsatzfahrzeuge der Branddirektion. Genau auf der anderen Straßenseite befand sich die Ursache für das Großaufgebot an diesem Samstagmorgen: eine 250 Kilogramm schwere Fliegerbombe, die Bauarbeiter am Donnerstagnachmittag beim Ausbaggern entdeckt hatten.

An diesem Samstag sollte sie entschärft werden. Ab 8 Uhr früh wurden Hunderte Gebäude im Umkreis von etwa 500 Metern der Bombe evakuiert - 25 Straßen lagen in der unmittelbaren Gefahrenzone, 320 Adressen mit etwa 4500 Menschen waren betroffen. Gegen Mittag flog ein Hubschrauber über das Gebiet, um zu prüfen, ob sich noch Menschen darin befanden. Damit war die Evakuierung abgeschlossen. "Wir liegen sehr gut im Zeitplan", sagte ein Einsatzleiter.

Die Autobahn A9 und der Teilabschnitt des Mittleren Rings waren seit etwa 12.15 Uhr gesperrt. Dann begann die gefährliche Arbeit von Roger Flakowski. Der erfahrene Sprengmeister begann um 12.35 Uhr mit der Entschärfung der Bombe. Dass der Großeinsatz so reibungslos verlief, lag sowohl am sonnigen Wetter als auch an den Menschen, die ihre Wohnungen frühzeitig und freiwillig verlassen hätten, sagte ein Sprecher der Branddirektion. "Die Leute waren sehr kooperativ", sagte er.

Dramatische Rettungsaktionen aus Häusern gab es nicht, teilte die Feuerwehr am Morgen mit. Bis 9 Uhr sollten die Menschen ihre Wohnungen verlassen haben, doch die Evakuierung verzögerte sich etwas.

Von den Tausenden betroffenen Anwohnern begaben sich bis zum Mittag nur insgesamt 22 Schwabinger in die zwei Betreuungsstellen. Im Willi-Graf-Gymnasium und im Berufsschulzentrum an der Riesstraße gab es Verpflegung für die Menschen, die hier auf die Entwarnung warteten.

Viele Bewohner, die ihre Häuser am Samstag verlassen mussten, nutzten die Zeit, um einen Ausflug zu machen. Liliana Franco-Bauer und ihr Mann Robert Bauer zum Beispiel: Schon am Morgen setzen sie sich auf ihre Räder und fuhren in die Innenstadt. "Wir nutzen die Zeit für ein Weißwurstfrühstück", sagte die 60-jährige Betreiberin einer nahegelegenen Wäscherei.

Die beiden fanden, dass die Evakuierung "gut organisiert" war. Das sagte auch Christine Dehner. Die 68-Jährige war auf dem Weg in den Englischen Garten, um die Frühlingssonne zu genießen. "Wunderbar organisiert" sei das alles, fand die Schwabingerin und lief aus der Sperrzone.

Die wurde von Hunderten Einsatzkräften abgesucht und dann abgeriegelt. 200 Helfer der Freiwilligen Feuerwehr, 50 Kollegen von der Berufsfeuerwehr waren im Einsatz, dazu kamen 75 Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks THW, 44 Kräfte des Münchner Krankentransports MKT, etwa 30 ehrenamtlich Helfer des BRK, dazu 295 Polizeibeamte und auch MVG-Mitarbeiter. Diese sicherten unter anderem die U-Bahnhöfe.

Die U-Bahnen der Linie 6 fuhren seit 9 Uhr an den Stationen Nordfriedhof und Alte Heide ohne Halt durch, von 12.30 Uhr an war die Strecke zwischen Dietlindenstraße und Studentenstadt für U-Bahnen komplett gesperrt. Im Minutentakt wurden in den Bahnhöfen diese Informationen durchgegeben, auch, dass auf dem Abschnitt Ersatzbusse von Mittag an eingesetzt werden sollten.

Vor der großen Baugrube an der Ungererstraße 141 stand Erzpriester Apostolos Malamoussis um Viertel nach acht in seinem schwarzen Gewand und blickte auf den Bagger, dessen Schaufel mit einer schwarzen Plane bedeckt war. Darunter lag die Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg, die nicht hochging. Malamoussis schlenderte von der Griechisch-orthodoxen Kirche Allerheiligen herüber, die nur wenige Schritte von der Bombe entfernt liegt.

"Ein guter Kapitän muss als letzter sein Schiff verlassen", sagte Malamoussis. Er musste schließlich den Gottesdienst in der Kirche absagen - an diesem Samstag feiern die Griechen nicht nur Maria Verkündung, es ist auch griechischer Nationalfeiertag.

Wegen Bomben-Entschärfung geschlossen

Direkt neben dem Baugrundstück, wo Bauherr Alois Brandl einen Wohnkomplex mit 81 Mietwohnungen, Läden, Praxen und Tiefgarage hochziehen lässt, liegt das Hotel Ibis. Es musste natürlich genauso evakuiert werden wie die restliche Nachbarschaft. Hoteldirektor Andreas Fischer war trotzdem entspannt. "Die Tagungen, die geplant waren, wurden in andere Hotels verlegt", sagte er.

Auch seine Gäste würden die Evakuierung "locker nehmen". Sogar Bauherr Brandl, auf dessen Grundstück die große Bombe mit der Sprengkraft der berüchtigten Bombe an der ehemaligen "Schwabinger 7" gefunden wurde, blieb im Vorfeld der Entschärfung ruhig. Er habe bei seinem Bauprojekt den möglichen Fund einer Bombe auf dem Grundstück finanziell einkalkuliert, sagte er.

Auf der Glastür des Café Eisenrieder, etwa 20 Meter von der Bombe entfernt, ist ein großes Plakat angebracht. "Aufgrund einer anstehenden Bomben-Entschärfung am Samstag, den 25.03.2017 bleibt das Café in der Ungererstraße an diesem Tag leider geschlossen!" Jetzt, am frühen Nachmittag, sieht es so aus, als könnte das Café unerwartet wieder öffnen. Einen Kaffee haben sich die Einsatzkräfte, die seit den frühen Morgenstunden unterwegs sind, verdient.

Die Entschärfung der Fliegerbombe ist nicht die einzige brenzlige Entwicklung an diesem Samstag: In der Siedlung rund um den Zwergackerweg, die in Freimann liegt, haben Sprengexperten nun entdeckt, dass die Munition in einem ehemaligen Löschwasserbecken noch gefährlicher ist als bislang angenommen. Dort befinden sich "eine enorme Menge an äußerst gefährlichen, voll funktionsfähigen panzerbrechenden Raketen, Handgranaten und Tellerminen", teilte die Branddirektion am Samstag mit.

Die Sperrzone müsse deshalb deutlich länger aufrecht erhalten bleiben als bislang vorgesehen - möglicherweise eine Woche länger. Zudem müssen die Grabungsarbeiten bis auf sechs Meter Tiefe ausgeweitet werden, um sicher zu gehen, dass alle vergrabenen Kampfmittel gefunden und beseitigt werden können.

Die an den Fundort angrenzenden Häuser am Zwergackerweg 3 und der Oberen Hausbreite 6/6a müssen nun statisch untersucht werden. Die Stadt hat den betroffenen Anwohnern bei Bedarf Hotelzimmer angeboten. Oberbürgermeister Dieter Reiter hat bereits angekündigt, dass den etwa 200 betroffenen Bewohnern die Hotelkosten möglicherweise erspart bleiben.

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