Festnahmen:Prostituierten-Masche: Polizei fasst mutmaßliche Einbrecherbande

Festnahmen: Dieses Stillleben von Wilhelm Ernst Wunder war Teil der Beute.

Dieses Stillleben von Wilhelm Ernst Wunder war Teil der Beute.

(Foto: Polizei)
  • Zwei Prostituierte haben in München mit einer gemeinen Masche Einbrüche und Diebstähle vorbereitet.
  • Sie erschlichen sich das Vertrauen ihrer Opfer und lebten zum teil wochenlang bei ihnen - nur um dann zusammen mit Komplizen die Wohnungen zu plündern.
  • Den vier Beschuldigten - neben den beiden Prostituierten zwei Männer - wirft die Polizei ein Vielzahl an Einbrüchen vor.

Von Martin Bernstein

Eine ungarische Einbrecherbande hat in München fast 200 000 Euro Beute gemacht. Was vor allem daran lag, dass die Täter - eher versehentlich - zwei Bilder mitgehen ließen, deren Wert sie nicht ahnen konnten. Bei drei Beutezügen hatte sich das Quartett auch die Einsamkeit älterer Herren zu Nutze gemacht und Prostituierte als Lockvögel und Kundschafter vorausgeschickt. Die Hartnäckigkeit der Münchner Ermittler und ihrer ungarischen Kollegen hat die Bande nach gut einem Jahr schließlich auffliegen lassen.

September 2015, irgendwo im Lehel. Eigentlich hatten die beiden 44 und 36 Jahre alten Ungarn genau ausgekundschaftet, wo sie als nächstes einsteigen wollten. Zur Sicherheit klingelten sie noch einmal - zu ihrer Überraschung ging jemand an die Tür. Sofortiger Rückzug, lautete die Devise für die beiden Profis, die sich nach Einbruchserien in ihrem Heimatland und in Österreich zusammengetan und München ins Visier genommen hatten.

Spontan beschlossen die zwei - entgegen ihrer sonstigen Praxis - einfach eine Nachbarwohnung heimzusuchen. Uhren, Schmuck, auch Kleidung, darauf waren sie spezialisiert. Doch in der Wohnung, in die sie nun einbrachen, hingen zwei Gemälde an der Wand, die irgendwie wertvoll aussahen.

Wie wertvoll die beiden Ölbilder aus der Barockzeit waren, fand Kriminalhauptmeister Thomas Sterr vom Einbruchskommissariat 53 erst mit Hilfe des Wohnungseigentümers und der Sachverständigen der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen heraus. Das gestohlene Stillleben stammte aus der Hand des Bayreuther Hofmalers Wilhelm Ernst Wunder (1713 bis 1787).

Derartige Gemälde dieses Künstlers, der oft kunstvoll arrangierte Lebensmittel, Pflanzen und tote Tiere als Symbole des Überflusses, aber auch der Vergänglichkeit malte, werden - wie vor Jahren ein "Früchtestillleben mit Weinglas und Schmetterling" - auf Auktionen schon mal für 12 500 Euro und mehr gehandelt. Mindestens sechsmal so viel soll das andere gestohlene Gemälde, ein Doppelporträt eines Paares, wert sein, zu dem die Polizei indes keine weiteren Angaben machte.

Irgendwann wurden die zwei seltenen Werke im illegalen Kunsthandel in Ungarn angeboten. Die Polizisten in Budapest, gut mit ihren Münchner Kollegen vernetzt, reagierten sofort. In der Wohnung des 44-Jährigen fanden sie die beiden wertvollen Gemälde, gut verpackt und mehr schlecht als recht hinter einem Fernseher versteckt. Doch in der Wohnung war noch mehr zu finden, Beute aus mehreren Einbrüchen in München.

Über den 44-Jährigen kamen die Ermittler auf die Spur seiner Komplizen, eines 36 Jahre alten angeblichen Gärtners und zweier Prostituierter, 37 und 47 Jahre. Alle vier sitzen inzwischen in München in Haft, drei von ihnen, nachdem Ungarn sie ausgeliefert hat. Die Frauen sind nach Polizeiangaben geständig. Bisher können der Bande zehn Einbrüche in München nachgewiesen werden, überwiegend verübt in Schwabing und in Sendling. Es gibt jedoch eine hohe Dunkelziffer, weil die Einbrecher manchmal auch alleine loszogen. Die beiden Männer reisten zum Einbrechen immer eigens aus Ungarn an, ihre beiden Landsfrauen lebten in München.

Und das nicht schlecht. Denn die Methode, die sie in drei Fällen anwandten, erstaunte auch die Einbruchexperten der Münchner Kriminalpolizei. In Gaststätten sprachen die beiden Prostituierten ältere, erkennbar allein lebende Männer an. Biss das Opfer an, baute die Frau laut Thomas Sterr eine Beziehung zu dem Mann auf - und zog dann sogar bei ihm ein. Zwei, drei Wochen, einmal sogar monatelang lebte die Frau nun in der Wohnung, die ihre Komplizen auszurauben gedachten. Dabei kundschaftete sie aus, was zu holen war. Und lotste das ahnungslose Opfer am Tattag aus der Wohnung. So etwas hatte Thomas Sterr, 39, in seiner Zeit bei der Kriminalpolizei zuvor noch nie erlebt. Dafür füllen die Ermittlungsakten zur Ungarn-Bande jetzt 17 Ordner. Sterr: "Ein echtes Puzzle." Doch am Ende passte alles zusammen.

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