Festnahme wegen Kunstraub:Ein Insider, zwei Hehler, 19 Baselitz-Werke

Festnahme wegen Kunstraub: Georg Baselitz, 79 Jahre alt, ist einer der erfolgreichsten Künstler der Gegenwart.

Georg Baselitz, 79 Jahre alt, ist einer der erfolgreichsten Künstler der Gegenwart.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Der Mitarbeiter einer Spedition soll 19 Kunstwerke des weltberühmten Künstlers Georg Baselitz gestohlen haben.
  • Nun haben Fahnder den Diebstahl mit einem Schaden von etwa 2,5 Millionen Euro weitgehend aufgeklärt - vier Bilder bleiben allerdings verschollen.

Von Thomas Schmidt

Ein millionenschwerer Kunstraub ist durch Fahnder des bayerischen Landeskriminalamts (LKA) offenbar weitgehend aufgeklärt worden. Ein Dieb aus Düsseldorf soll mindestens 19 Gemälde und Zeichnungen des Malers Georg Baselitz gestohlen haben. Die Werke verschwanden zwischen Juni 2015 und März 2016 aus dem Lager einer Spedition in der Nähe von München.

Nun ist es den Ermittlern wohl gelungen, den Dieb und seine beiden Komplizen zu überführen. 15 gestohlene Werke im Gesamtwert von etwa 2,5 Millionen Euro wurden gefunden und sichergestellt. Nach den vier restlichen Kunstwerken im Wert von etwa 130 000 Euro wird noch gesucht.

Die für den Kunstraub zuständige Staatsanwaltschaft München gibt sich bisher recht wortkarg, was Details zu dem spektakulären Diebstahl betrifft. Die Kunstwerke stammen offenbar aus dem Besitz von Baselitz selbst, die meisten Bilder soll er gemalt haben, ein kleiner Teil soll aus seiner eigenen Sammlung stammen.

Als tatverdächtig gilt ein 39-jähriger Mann aus Düsseldorf, der als Fahrer bei einer Spedition nahe München beschäftigt war und dadurch wohl über Insiderwissen verfügte. Wie es dem Mann gelang, 19 eingelagerte Kunstwerke zu stehlen, ohne dass es auffiel, dazu machen Staatsanwaltschaft und LKA bisher keine Angaben.

Die gestohlenen Werke soll der Düsseldorfer einem 51-Jährigen und dessen 26 Jahre alten Sohn aus Leverkusen weitergegeben haben, die ebenfalls im Speditionsgewerbe tätig seien. Gemeinsam versuchten Vater und Sohn, die Hehlerware zu verkaufen - zum Teil weit unter ihrem Wert, teilt die Staatsanwaltschaft mit.

Sonderlich erfolgreich war das Duo aber nicht, die Gemälde des noch lebenden Künstlers auf Kunstmärkten an den Mann zu bringen. Nach derzeitigem Ermittlungsstand ist ihnen nur ein einziger Verkauf geglückt. Offenbar bei einem der missglückten Versuche wurde laut Staatsanwaltschaft eine Versicherung auf den Fall aufmerksam und informierte die Polizei. So kamen die Fahnder erstmals auf die Spur der Diebe.

Die Beamten stellten fest, dass das angebotene Kunstwerk gestohlen worden war. Für die Ermittler war dies der erste Dominostein, der fiel. Schnell fanden sie heraus, dass eine ganze Reihe weiterer Baselitz-Bilder fehlte. Zielfahnder des LKA nahmen Kontakt auf zu verschiedenen Zwischenhändlern im In- und Ausland und stießen so schließlich auf den Düsseldorfer und die beiden Männer aus Leverkusen. Mit Unterstützung der Kriminalpolizei Köln wurde der Großteil der Werke gefunden und sichergestellt.

Offenbar war der Spedition der Verlust monatelang nicht aufgefallen

Der 51-jährige Vater aus Leverkusen, den das LKA als Hauptbeschuldigten führt, hatte sich offenbar bereits ins Ausland abgesetzt. Die Zielfahnder gingen Spuren in Spanien und Frankreich nach, fassten den Mann dann aber am 21. August in Leverkusen. Weil Fluchtgefahr besteht, sitzt er jetzt in Untersuchungshaft. Er und die beiden anderen Tatverdächtigen schweigen laut LKA zu den Vorwürfen. Den Männern droht eine Anklage wegen Diebstahls und Hehlerei.

Offenbar war der Spedition der Verlust der Baselitz-Werke monatelang nicht aufgefallen. Für jede Spedition ist ein solcher Vorfall ein Albtraum. Kunden könnten das Vertrauen verlieren, dass ihre Werke sicher verwahrt werden, der Imageverlust wäre enorm - und der wirtschaftliche Schaden wohl erst recht. Deswegen will sich die Staatsanwaltschaft auch nicht dazu äußern, um welchen Betrieb "bei München" es sich handelt.

Nach Recherchen der SZ führt die Spur zu einer Firma mit Sitz in Nordrhein-Westfalen, die Geschäftsverbindungen im Münchner Großraum hat und bei der Baselitz ein Lager mietet. Der Geschäftsführer des Unternehmens will sich eigentlich nicht zu dem Fall äußern, macht es indirekt dann aber doch: "Es gibt bei uns ein Abkommen mit dem Herrn Baselitz: absolutes Stillschweigen, kein Kommentar zu nichts", sagt er am Telefon.

"Das andere" sei Sache des LKA, mit dem die Firma "gemeinsame Interessen" verfolge. Der mutmaßliche Tatverdächtige aus Düsseldorf sei "kein Mitarbeiter von uns", betont der Geschäftsführer. Auf die Nachfrage, ob der Mann für einen Dienstleister der Firma in der Nähe von München gearbeitet habe, antwortet er: "Das können Sie mal so aufnehmen, ja."

Der Maler und Bildhauer Georg Baselitz, der eigentlich Hans-Georg Kern heißt, ist 79 Jahre alt und wurde 1938 in Deutschbaselitz in Sachsen geboren. Für seine Gemälde und mitunter obszönen Darstellungen ist er auf der ganzen Welt berühmt. Er gilt als einer der erfolgreichsten Künstler der Gegenwart. Eines der Markenzeichen des Künstlers sind Bilder, die auf dem Kopf stehen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: