Festnahme in Spanien:So wurde der mutmaßliche Stalking-Mörder geschnappt

Frau erstochen, Bayrischzeller Straße, Obergiesing

An der Bayrischzeller Straße soll Roland B. seine Exfreundin nach etlichen Stalking-Attacken erstochen haben.

(Foto: Florian Peljak)
  • Am Jakobsweg in Spanien hat die Polizei den mutmaßlichen Mörder Roland B. gefasst.
  • Der 45-Jährige soll seiner Ex-Freundin jahrelang nachgestellt und sie Mitte August vor ihrer Haustür im Münchner Stadtteil Obergiesing erstochen haben.
  • Nun soll er nach Deutschland ausgeliefert werden.

Von Susi Wimmer

Zielfahnder der Polizei müssen besonders hartnäckig sein. Sie durchleuchten das Leben eines Menschen, heften sich an dessen Fersen. Auch im Fall des verschwunden Roland B., der im August in Obergiesing seine ehemalige Lebensgefährtin getötet haben soll, schöpften die Zielfahnder "alles aus, was geht, national und international", wie ihr Chef Armin Aumüller sagt. Die Ermittler waren bereits im September auf ein Lebenszeichen von ihm gestoßen, es gab auch Spuren nach Spanien. Dass der per Haftbefehl gesuchte mutmaßliche Mörder nun am Jakobsweg in Nordspanien gefasst wurde, war jedoch Zufall.

Die Hinweise verdichten sich, dass der 45-jährige Münchner den Mord an seiner ehemaligen Freundin und seine Flucht geplant hatte. Die 45-jährige Architektin hatte jahrelang unter dem Stalking-Wahn ihres Ex gelitten. Er warf Steine an ihr Fenster, klebte ihr Fahrradschloss zu, betrieb Klingelterror an der Haustür. Die Frau erwirkte ein Kontaktverbot, das Roland B. permanent missachtete. Im Oktober 2015 legte die Polizei der Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungsergebnisse vor, dann geschah: nichts.

Erst am 31. Mai erhob die Staatsanwaltschaft Anklage, der Prozess sollte am 18. August stattfinden. B. teilte mit, er halte sich zu dem Termin nicht in München auf. Offenbar wusste er da schon, dass er auf der Flucht sein würde. Am 16. August wurde seine Exfreundin an der Bayrischzeller Straße erstochen. Mantrailer-Hunde erschnüffelten, dass der Täter in die U-Bahn-Station Untersbergstraße floh. Er fuhr in seine Wohnung, wechselte seine Kleidung. Sein Handy ließ er zurück, seinen Ausweis nahm er mit.

Die Zielfahnder nahmen ihn unter die Lupe. Familie und Freunde wurden befragt, Kontaktpersonen überwacht. Aber es gab kein Lebenszeichen von B., keine Bewegungen auf seinem Bankkonto. Die Ermittler schlossen nicht aus, dass sich der 45-Jährige das Leben genommen haben könnte. Anfang September wurde eine Fahndung über die Fernsehsendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" gesteuert, "da war auch ein Hinweis auf einen möglichen Aufenthaltsort in Spanien dabei", sagt Aumüller. Es habe Kontakt mit spanischen Behörden gegeben, "aber die brachten uns nicht zu dem Gesuchten". Ende September aber muss Roland B. einen Fehler gemacht haben. "Es gab ein Lebenszeichen von ihm, aber wir wussten nicht, wo er sich aufhält", mehr verrät Aumüller nicht.

"Die Umstände seiner Festnahme jetzt haben uns schon überrascht", erzählt der Zielfahnder. Es war eine dürre Mitteilung, die die Mordkommission erreichte: In einem Mischmasch aus Englisch und Spanisch wurden die Ermittler unterrichtet, dass man am Montag, 7. November, kurz vor Mitternacht in Villadangos des Páramo einen Mann kontrolliert habe.

Als die Polizisten die Daten seines Ausweises über ihren Computer abglichen, stießen sie auf einen internationalen Haftbefehl: Roland B. aus München, gesucht wegen Mordes. Seitdem sitzt der Mann in Nordspanien im Gefängnis. "Man kann nicht ausschließen, dass ein anderer Mann mit B.s Ausweis unterwegs ist. Wir werden einen DNA-Abgleich veranlassen", sagt Herbert Linder, Vize-Chef des Mordkommissariats. Ein Auslieferungsverfahren wird eingeleitet.

Nach dem sogenannten Stalking-Mord hatte der SPD-Landtagsabgeordnete Florian von Brunn die Behörden kritisiert. Die Staatsanwaltschaft habe wegen eines Personalwechsels den Fall vier Monate lang nicht bearbeitet. "Wir brauchen zudem bei der Staatsanwaltschaft eine Schwerpunktsachbearbeitung für Stalking-Fälle, um rascher reagieren zu können, und bei der Polizei einen operativen Opferschutz, wie er schon seit Langem erfolgreich in Hamburg praktiziert wird."

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