Festivals:Traumhafte Sommernacht

Theater, Musik oder Kino - das Publikum in der Region kann jedes Wochenende unter vielen Open-Air-Veranstaltungen auswählen. Auf einen Akteur schauen alle Veranstalter dabei ganz besonders: das Wetter

Von Günther Knoll

Natürlich muss Petrus herhalten, aber ihn gleich als "Blödhammel" zu beschimpfen, da muss schon einiges an Frust dahinterstecken. Und das ist bei Kellerkind, wie sich die Veranstalter des Festivals "Schall im Schilf" nennen, zweifellos der Fall. Auf der Internetseite ist von einem Wolkenbruch die Rede, der das Open Air 2014 doch stark beeinträchtigte. Seitdem liegen die Veranstalter mit dem Wettermacher "bissi im Klinsch", wie sie schreiben. Falls "Petrus diesmal zu sehr rumgrantelt", würde man das Electronic Open Air am Garchinger See absagen, heißt es in der Ankündigung. Hat man bisher nicht, denn insgesamt sieht es für diesen Samstag, 30. Mai, nicht so schlecht aus mit dem Wetter, auch wenn einzelne Gewitter nicht ausgeschlossen sind.

Für die Veranstalter all der Open Airs in München und in der Region gibt es nichts Wichtigeres als die Wettervorhersage. Denn die besten Musiker, Sänger, Schauspieler oder Filme nutzen wenig, wenn das Wetter nicht mitmacht und das Publikum ausbleibt. Die Plastik-Regenhäute, oft Dreingabe zu den Tickets, sind gut gemeint, bieten aber keinen echten Schutz gegen Wolkenbrüche. Wie gut, dass echte Festival-Besucher aus besonderem Holz geschnitzt sind: Regengüsse, verschlammte Wiesen, Kälteeinbrüche lassen sie bei manchen Konzerten nur noch um so enger zusammenrücken und heftiger tanzen.

Wer frische Luft will, der ist so leicht nicht aufzuhalten, zumal wenn er dafür zahlt. Diese Erfahrung hat Peter Mopils gemacht, der seit 20 Jahren die Reihe "Kino, Mond und Sterne" auf der Seebühne im Westpark veranstaltet. Noch nie habe man einen Abend ausfallen lassen, das sei man dem Publikum einfach schuldig. "Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, bei jedem Wetter zu spielen." Wenn die Besucher mit Regenponchos und Riesenschirmen angerückt kämen, dann könne man sie nicht so einfach nach Hause schicken. Die Seebühne hat offenbar ihre feste Fangemeinde, auch bei schlechtem Wetter. Mopils: "Allein waren wir noch nie."

Mopils ist ein Veteran des Freiluft-Kinos, das in und um München inzwischen viele Nachahmer hat - im Viehhof, im Olympiapark. 1995 entdeckte er zusammen mit ehemaligen Schulkameraden im Westpark die "Location", wie Veranstalter besondere Orte heutzutage zu nennen pflegen. Nach der Internationalen Gartenausstellung war das Amphitheater der Seebühne länger als zehn Jahre ungenutzt. Mopils hauchte ihr mit dem Kino im Freien neues Leben ein. Mehr als 1000 Leute haben Platz und wenn 1300 kämen, werde es "richtig schön kuschlig", sagt er. Zum gemeinsamen Feiern im Freien haben die Fans der Seebühne beim Sommerfest am 20. Juni besondere Gelegenheit und auch am 1. Juli, wenn offiziell der 20. Geburtstag begangen wird mit dem Film "Mamma Mia" und Live-Musik.

Festivals: Laue Sommernächte im Freien: Auch dieses Jahr gibt es wieder einige Highlights in der Festival-Saison rund um München.

Laue Sommernächte im Freien: Auch dieses Jahr gibt es wieder einige Highlights in der Festival-Saison rund um München.

(Foto: Marco Einfeldt)

"Es lag was in der Luft, München brauchte das", beschreibt Veranstalter Mopils dieses Bedürfnis. Und viele andere haben sich dieses Bedürfnis der Menschen, Sommerabende und -nächte gemeinsam bei Musik gleich welcher Stilrichtung, Theater oder Kino im Freien zu verbringen, zunutze gemacht. Zu den Vorreitern gehören auch die Veranstalter des Plus-Festivals, einem schon legendären Open Air am Vöttinger Weiher in Freising. Es begann als spontane Schulabschlussfeier von Abiturienten im Jahr 1993, heuer ist wahrscheinlich Schluss, zumindest am Vöttinger Weiher, weil der Veranstaltungsort dem Bau der Freisinger Westtangente weichen muss. Wie es weitergeht, ist noch nicht klar, doch am Wochenende 31. Juli und 1. August wird erst noch einmal ausgiebig gefeiert und getanzt mit "Blumentopf", "Texta", "Booka Shade", "Trümmer", Philipp Dittberner und der Band "Cosby". Und noch einmal werden rund 250 ehrenamtliche Helfer von "Prima Leben und Stereo" den Musikern und ihren Fans, die aus ganz Deutschland an den Vöttinger Weiher kommen, die Bühne bereiten.

Mit etwa 5000 Besuchern am Tag ist das Festival in Freising seit Jahren ausverkauft. Das Rockavaria, das an diesem Wochenende erstmals in München auf dem Olympiagelände stattfindet, hat deutlich mehr Platz und braucht auch entsprechend mehr Besucher, damit es sich trägt, sind doch an den drei Tagen viele Größen aus der Rock-Szene angesagt. Einer davon ist Bassist Gene Simmons von "Kiss", und der hat sein eigenes Erfolgsrezept für diese Art von Festivals: " Zirkus, Feuerwerk und Rock kombinieren". Der Rockavaria-Veranstalter setzt indes vorwiegend auf ein musikalisches Programm, das alle Zutaten eines Feuerwerks hat und zum Teil auch in der Olympiahalle stattfindet, wo das Wetter keine Rolle spielt.

Wer Musik im Freien und garantiert im Trockenen genießen will, dem seien die Schönwetterkarten empfohlen, die auch im Rahmen des diesjährigen Münchner Open-Air-Sommers wieder ausgegeben werden. Für die Konzerte, die im Schloss Schleißheim und im Schloss Nymphenburg stattfinden, erhalten die Besitzer dieser Karten ihr Geld bei Regen zurück. Die anderen hören die Konzerte in einem Schlosssaal. Nur bei den Konzerten im Brunnenhof der Residenz gibt es diese Alternative nicht.

Auf einen "herrlichen Sommerabend" freut sich Starsopranistin Anna Netrebko. Sie ist die "Königin" beim diesjährigen "Gipfeltreffen der Stars" am 27. Juni auf dem Königsplatz in München, wo sie mit Jonas Kaufmann, Dmitri Hvorostovsky, Elena Zhidkova und Ildar Abdrazakov erstmals gemeinsam auftreten wird. Sie versprechen Opernhighlights: Eine Mischung klassischer Meisterwerke, bei der sich Arien, Duette, Terzette und große Szenen aus Opern von Verdi, Puccini, Tschaikowsky und anderen abwechseln.

Das Prädikat "Münchens schönster Open-Air-Konzertsaal" beansprucht auch der Odeonsplatz für sich. Dort treten heuer der Dirigent Pablo Heras-Casado mit dem Symphonieorchester und Chor des Bayerischen Rundfunks sowie die Violinistin Julia Fischer und am zweiten Abend Krzysztof Urbański mit den Münchner Philharmonikern sowie der Philharmonische Chor München auf. Der setzt dabei auf Orffs freiluftbewährtes Werk Carmina Burana, das er zusammen mit dem Kinderchor des Staatstheaters am Gärtnerplatz aufführt.

Auch Theater wird längst im Freien gespielt. Schon seit 25 Jahren erfolgreich damit ist das "Münchner Sommertheater" im Amphitheater des Englischen Gartens. Inzwischen kommen bis zu 1500 Besucher zu jeder Aufführung. Zum Jubiläum wird im Juli Shakespeares "Was ihr wollt" gegeben. Jedes Jahr spannend ist, ob dort dann im August "das Theater des hölzernen Gelächters" eine seiner ungewöhnlichen Aufführungen auf die Bühne bringen kann. Spannend ist auch, was sich der Initiator und Autor der Markt Schwabener Weiherspiele immer wieder einfallen lässt. Dieses Jahr geht es um "Little Vegas" ein kleines bayerisches Dorf, das zur Spielhölle, zum Vergnügungszentrum und zum Heiratsparadies wird. Am 2. Juli ist Premiere auf den Bühnen auf dem Kirchweiher. Gespielt wird bis 8.

August, dabei ist laut Programm auch King Elvis. Tollwood, Streetlife-Festival, Stadtgründungsfest, Sommernachtstraum in München und, weiter draußen, der Sound of Summer in Steinhöring, der Fürstenfelder Kinosommer, das Fünf-Seen-Filmfestival, das Gautinger Kulturspektakel, das Flussfestival in Wolfratshausen oder auch das Kaltenberger Ritterturnier - die Aufzählung ließe sich noch lange fortsetzen. Bis zur Wiesn Mitte September vergeht jedenfalls kein Wochenende, an dem nicht ausreichend Kultur im Freien angeboten wird. Jede Veranstaltung setzt im Grunde auf den gleichen Protagonisten und dessen Form: das Wetter.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: