Feste in der Stadt:Dirndl in den Tropen

München feiert einen weiteren Höhepunkt der Freiluft-Saison: Tausende kommen zum Kocherlball und zum Fest auf dem Gärtnerplatz

Ein bisschen tropisch hat sich München Sonntagfrüh angefühlt. Heftiger Regen, der zu Beginn des Kocherlballs fiel, machte die Luft dampfig. Dem widrigen Wetter zum Trotz sind dennoch rund 7000 Besucher zum Chinesischen Turm im Englischen Garten gekommen, um zu Volksweisen zu tanzen, Bier zu trinken oder einfach nur Dirndl und Lederhose mal wieder auszuführen. Im September ist ja schon wieder Wiesn, aufgebaut wird sie bereits. Und da will man schließlich wissen, ob die teure Tracht noch passt. Auf jeden Fall war die Tanzfläche voll, die Tanzmeister Katharina Mayer und Markus Kaindl leiteten die Menge routiniert und lustig an.

Der Juli ist Münchens intensivster Feiermonat. Hier ein Straßenfest, da ein Konzert oder irgendein anderes Trara. Man kann sich kaum entscheiden, wo man eigentlich hin soll. Auf Nummer sicher geht man mit den Klassikern wie eben dem Kocherlball oder dem Gärtnerplatzfest, das schon am Samstag angefangen hat und bei dem etwa der afghanische Musiker Ahmad Shakib Pouya mit dem "Pastinaken-Orchester" aufgetreten ist - einer Band, die Ecco Meineke vor zwei Wochen zusammengestellt hat. An der Geige mit dabei: Albert Ginthör, der im Orchester des Gärtnerplatztheaters spielt und traditionell für das Programm des zweitägigen Platzfestes verantwortlich ist. Verantwortlich fühlt sich Ginthör jedoch auch für den aus Afghanistan geflüchteten Pouya. So sehr, dass er den Künstler, der Ende vergangenen Jahres in seine Heimat abgeschoben werden sollte, bei dessen freiwilliger Ausreise nach Kabul begleitete. Am Samstagabend war der Platz vor dem renovierten Theater noch voller als am Nachmittag. Die Menschen kamen zum Konzert. Weil das mit Verspätung begann, konnte man sich derweil historische München-Fotos anschauen, die von der "Geschichtswerkstatt Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt" über Wahlplakate geklebt wurden. Oder man gratulierte dem Bellevue di Monaco, dem Geflüchteten-Projekt, das auf einer Leinwand verkündete: "Wir machen auf."

Am deutlich kühleren Sonntag eröffnet dann akkurat und lustvoll das Orchester mit der Ouvertüre zu "Nabucco" unter seinem neuen Chefdirigenten Anthony Bramall den Abend. Aus den großen Fenstern des frisch renovierten Theaters im Hintergrund leuchten schon die Kronleuchter. Romantisch gibt sich auch das Orchester mit schmelzenden Arien und Tschaikowskys "Blumenwalzer", zu dem dann die ersten Tropfen fallen, bevor der Regen allmählich doch noch stärker wird.

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