Fernbusse ab München:Für acht Euro nach Stuttgart

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Tausende fahren täglich von München nach Stuttgart und wieder zurück. Fernbus-Unternehmen locken nun Kundschaft mit Dumping-Preisen zu acht Euro für eine Strecke. Da kann selbst die Bahn nicht mehr mithalten.

(Foto: Stephan Rumpf)

Durch halb Deutschland zum Dumping-Preis: In den liberalisierten Markt für Fernbusse drängen immer mehr Unternehmen. Auf der lukrativen Strecke München-Stuttgart etwa reißen sich vier Anbieter mit Billigpreisen um die Kunden. Da kann die Bahn nicht mehr mithalten.

Von Marco Völklein

Josef Brandner ist sich sicher, dass sein Angebot angenommen wird. Allein an der Zählstelle an der A 8 bei Leipheim würden pro Tag 70.000 Autos je Richtung erfasst. Steige auch nur ein Bruchteil der Autofahrer um auf den Fernbus, werde sich sein Angebot rentieren. Vor allem bei jungen Leuten sieht der Unternehmer aus dem schwäbischen Günzburg ein "großes Marktpotenzial". Von Ende kommender Woche an will er diesen Markt erschließen. Dann startet Brandner zusammen mit einer Tochter der Deutschen Bahn die Fernbuslinie "München-Stuttgart-Express".

Dreimal täglich will Brandner die Bayern- mit der Schwabenmetropole verbinden. Das ist seit Jahresanfang möglich, nachdem die Bundesregierung den stark beschränkten Fernbusmarkt liberalisiert hat. Jeder, der will, kann nun Fernbusstrecken aufbauen. Die Chance nutzen immer mehr Firmen und drängeln sich nun auf lukrativen Strecken wie beispielsweise der Verbindung München - Stuttgart.

So befährt bereits seit Sommer das Offenbacher Unternehmen Deinbus.de die Strecke viermal täglich. Der Münchner Anbieter Flixbus will von kommender Woche an mindestens zweimal täglich Busse auf die A 8 schicken. Und der britische Konzern National Express plant, von April an die Rennstrecke mit seiner neuen Fernbusmarke "City2City" zu bedienen. Und das sogar fünfmal täglich. Vier Busanbieter auf einer Strecke, die zudem von der Deutschen Bahn tagsüber alle halbe Stunde mit ICE- und IC-Zügen befahren wird - kann das funktionieren? Marktbeobachter wie Andreas Barth vom Fahrgastverband Pro Bahn sehen darin ein Beispiel für "die erwartete Rosinenpickerei". Und sie rechnen mit einem "ruinösen Preiskampf".

Schnupperpreise von fünf Euro

Der setzt in der Tat bereits ein: Wer früh genug bucht, der kann bislang schon bei Deinbus eine Einzelfahrt von München nach Stuttgart für neun Euro ergattern. Damit will sich die junge Firma absetzen von der Bahn, die mit Sparpreisen ab 29 Euro lockt. Nun allerdings kündigt City2City-Chef Roderick Donker van Heel Tickets ab acht Euro an. Studenten gewährt er zudem zehn Prozent Nachlass - macht 7,20 Euro pro Ticket. Und zum Start bietet er bundesweit 10 000 Fahrscheine zum Schnupperpreis von fünf Euro an. Der britische Verkehrskonzern, in seiner Heimat sowie in Spanien bereits Marktführer, drängt mit aller Wucht in den deutschen Markt.

Die Konkurrenten geben sich noch gelassen. Deinbus-Gründer Christian Janisch etwa spottet über "die Kreativität der Großen". Er habe sich "mehr erwartet" vom Branchenriesen National Express als das "schlichte Abkupfern bestehender Netze", und ätzt: "Plagiate sind ja zuletzt häufiger gescheitert." Über kurz oder lang, das erwarten Markbeobachter, wird ohnehin mancher Anbieter wieder vom Markt verschwinden. City2City-Chef Donker van Heel glaubt, dass am Ende nur "drei bis fünf" Anbieter übrig bleiben werden.

Bis dahin allerdings befürchten Kritiker der Marktliberalisierung Kollateralschäden an ganz anderer Stelle: Fahrgastvertreter Barth glaubt, dass die Bahn unter der neuen Konkurrenz leiden wird. Auch der EU-Verkehrspolitiker Ismail Ertug (SPD) sieht die Fernbusse kritisch. Rechne sich eine Verbindung nicht, könne der Anbieter sie kurzfristig streichen. Die Bahn dagegen sei verpflichtet, eine Verbindung mindestens sechs Monate zu bedienen.

Der Schienenkonzern selbst gibt sich entspannt: Man beobachte den Markt, sagt Fernverkehrschef Ulrich Homburg, und habe "fertige Konzepte in der Schublade", um notfalls mit einem eigenen Fernbus-Netz reagieren zu können. Großes Interesse daran hat er aber nicht. Die schmalen Renditen seien für den Konzern uninteressant.

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