Touren durch die Stadt:München für Vierbeiner

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Hallo, ich bin's, Bootsmann! Hunde-Selfie im Englischen Garten. (Foto: Hansi Trompka)

Man hat es gut in München - als Hund. Ideen und Adressen für einen perfekten Tag.

Von Katharina Blum

Der erste Schritt des Trainings ist ein wenig verstörend für den Hund. Da hält ihm die Trainerin ein Stück Futter vor die Nase und macht sich plötzlich mit dem Leckerli auf und davon. Dann wetzt auch der Hund an der Leine los, während die Halterin dahinter versucht, auf dem geländegängigen Roller die Balance zu halten. Einige Versuche und noch mehr Leckerli später geht auf das Kommando "Zieh!" die Post ab und das Gespann saust über den Waldweg im Waldtruderinger Forst. Alles schwebt, alles ist so wunderbar. "Bei mir verlässt keiner das Training ohne zu grinsen", sagt Annick Busl, die in Sachsenkam ein Zentrum für Zughundesport betreibt.

"Runner's High" nennen Läufer diesen Moment der Schwerelosigkeit, in dem die Beine einen vorwärts tragen, ohne dass es Kraft oder Anstrengung zu kosten scheint. Blöderweise muss man sich diesen Rausch mit vielen Trainingskilometern hart erarbeiten, auf dem Dog-Scooter kann der Weg ins Glück ein kürzerer sein. Da arbeitet nämlich vor allem einer: der Hund, als Zugmaschine. Und der Golden-Retriever-Rüde hat einen Riesenspaß, wenn die Halterin den hündischen Gesichtsausdruck richtig zu interpretieren vermag.

Autorin Katharina Blum und ihr Hund Bootsmann testen den Dog-Scooter. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Hunde wollen arbeiten

Man hat es gut in München - als Hund. Während die Berliner momentan am liebsten über vegane Ernährung für ihr Tier diskutieren und der Halter in Düsseldorf nach Halsbändern mit Strasssteinen Ausschau hält, ist dem Münchner Hundesport wie Dog-Scooting sehr wichtig. Das zumindest hat Alexander Schug beobachtet, der Reiseführer für Hunde verlegt: "Das Konzept des Schlittenhundes wird auf die Stadt übertragen." Und Hunde wollen arbeiten, sinnvolle Aufgaben für ihren Halter erledigen, dafür wurden sie seit Jahrtausenden domestiziert.

Ursprüngliche Aufgaben wie Schafe hüten, Enten apportieren oder den Hof bewachen darf der moderne Stadthund ja nur noch selten übernehmen, was als Alternativ-Job taugt: Ziehen. Das ist keineswegs so ungewöhnlich wie es klingt. Bis Ende des 19. Jahrhunderts waren Hunde die Pferde des kleinen Mannes, sie zogen Metzger-, Post-, Kohle- und Holzwagen, erklärt Annick Busl. Je nach Größe und Rasse können Hunde das bis zu Vierfache ihres Körpergewichtes ziehen, Huskies schaffen sogar das Neunfache.

Fotograf Hansi Trompka
:Selfies vom Wauwau

Fotos für Hunde-Kalender, für Hunde-Werbung, für Hunde-Geburtstage: Hansi Trompka lebt davon, Vierbeiner zu fotografieren. Jetzt hat er ein Buch mit "Hunde-Selfies" veröffentlicht - und plant schon seinen nächsten Coup.

Von Gerhard Fischer

Zum Überleben im Dschungel der Großstadt gehört es für den modernen Hund auch, über einen gewissen Bestand von Wasser- (klar, die Isar) und Futterstellen zu verfügen. In der Albanistraße gibt es eine Metzgerei ausschließlich für Hunde und Katzen. Weil der Hund aus dieser Geschichte, typisch Retriever, immer Hunger hat und aus einem Spaziergang im Englischen Garten schnell mal ein ganzer Tag wird, empfiehlt sich ein Einkaufsstopp.

Wer dem Wolf beim Fressen über die Schulter schaut, sieht wenig Appetitliches: Seine Beute verschlingt er gierig mit Knochen, Haaren und Gedärm. Immer mehr häusliche Artgenossen des Wolfes vertilgen wieder vorwiegend rohes Fleisch und Gemüse. "Biologisch artgerechte Rohfütterung", kurz "Barf", heißt dieses Konzept.

Wer seinen Hund mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt wissen will, kann viel Zeit in der Küche verbringen. Oder er lässt sich in der Metzgerei Beutefuchs ein individuelles Rohfuttermenü zubereiten, mit Fleisch in Bio-Qualität. Für eine Tagestour genügen aber auch ein paar Knabbereien wie Hähnchenmägen, Rinderachillessehnen oder Kaninchenohren.

Such den Ball! Bootsmann im Englischen Garten. (Foto: Hansi Trompka)

Für Hunde gibt es in München eine "perfekte Infrastruktur"

In welcher deutschen Stadt lebt der Hund am besten? Dieser Frage ist vor zwei Jahren das Online-Hundemagazin "Issn' Rüde!" nachgegangen. Den ersten Platz belegte Hamburg, danach folgte Leipzig - und dann kam bereits München, wo es laut Studie eine "perfekte Infrastruktur" für Hunde gibt.

Jedoch: "Nirgendwo in Deutschland müssen sich Hunde so einsam fühlen wie in der Isarmetropole. Mit gerade mal 2,0 Hunden je 100 Einwohnern trägt München die rote Laterne", heißt es in der Bewertung. Nun ja. Ist der Hund tatsächlich einsam, kein Problem, da hilft längst eine Dating-App (funktioniert wie Tinder für Menschen, heißt nur Tindog). Besser als jede Partnerbörse ist für Single-Hunde in München wohl aber ein Besuch im Englischen Garten.

Vor allem im nördlichen Teil findet sich immer ein Partner, mit dem man wie Kanonenkugeln durch Wasserläufe pesen oder zum Knäuel verkeilt über Wiesen kugeln kann; gerne wird die Zeit auch für aus Menschensicht illegale Outdoor-Aktivitäten wie Mäuse ausbuddeln oder Entenaufscheuchen genutzt.

Das Mini-Hofbräuhaus ist ein kleines Paradies in diesem Hunde-Paradies. Es gibt dort auch Hofbräu-Bier zu trinken, das war es dann mit den Gemeinsamkeiten mit dem echten Hofbräuhaus am Platzl. Der echte Münchner geht zu dem Kiosk mit den absolut unmünchnerischen Preisen nicht ohne Zamperl. Und so kann es einem passieren, dass sich bei der Brotzeit plötzlich eine Schnauze ins Blickfeld schiebt. Zumindest der struppige Mischling am Nachbartisch hat das Schild am Eingang wohl überlesen, das von Bettelei am Tisch bitte abzusehen sei. Herrchen teilt gerne seine Leberkassemmel. Ein Haps in den Mund, einen in die Schnauze.

Nach dem Essen treffen wir auf eine kurze, quadratische Schnauze. Sie gehört zu Dottie, einer pfiffigen Boston-Terrier-Hündin. Und zu ihr gehört Hansi Trompka. Der Grafiker und Fotograf macht die wohl lustigsten, skurrilsten Bilder von Hunden in München: Selfies.

Auch wenn die Tiere natürlich nicht selber auf den Auslöser drücken, wirken die Aufnahmen so, als hätten sie die vierbeinigen Protagonisten selbst geschossen. "Ich will nichts inszenieren, kein steifes Sitz und Platz, sondern die Hunde so zeigen, wie sie sind.", sagt er. Und so bekommt er das volle Golden-Retriever-Programm zu sehen: wie auf Speed dem Ball hinterher jagen, wälzen und sich klitschnass vor einem schütteln.

Besondere Freuden: Eis mit Weißwurstgeschmack. (Foto: Hansi Trompka)

Childrick Lennartz, der Udo Waltz unter den Hundecoiffeuren

Eine weitere Futterstelle, mit der man auch als Hund die sommerliche Hitze in München gut aushält, findet sich an der Amalienstraße. In dem kleinen Laden hinter der LMU hat der verrückte Eismacher, wie sich Matthias Münz nennt, die Geschmackswelt ein bisschen revolutioniert. Die Zunge tastet sich erst langsam vor, bis sich der Geschmack von Weißwurst langsam im Gaumen breit macht. Und ein paar Bissen später liegt nur noch die Waffel auf dem Gehsteig. Weil der im Eis enthaltene Zucker für Tiere nicht gesund ist, sollte man es mit Besuchen nicht übertreiben.

Fast schon übertrieben mag mancher Hundebesitzer auch finden, wie viel in den diversen Hundesalon geföhnt und gestylt wirdbei der Salondichte belegt München in der Hundefreundlichkeits-Studie Platz drei. Weil im Canis Resort Childrick Lennartz schneidet und schamponiert, laut Zeit der Udo Walz unter den Hundecoiffeuren, erweitern wir unseren Tag um einen Abstecher nach Freising.

Zwischen Waschstraße und Getränkemarkt eröffnete dort im Industriegebiet 2008 das erste Luxuskettenhotel für Hunde. Das Beauty-Programm heute übernimmt Fachfrau Ulrike Wittmann. Mit Leckerlies erkauft sie sich so viel Vertrauen, dass der Hund in die Wanne klettert. Die Vollwäsche lässt er stoisch über sich ergehen, auch wenn ihm ein schlammiger Tümpel wohl lieber wäre. Allerdings sieht Frauchen nie besonders glücklich aus, wenn er aus dem Wasser kommt.

Auch eine Wohltat: das Massageprogramm. (Foto: Marco Einfeldt)

Jetzt aber glänzt das Fell und ist weich - auch ohne Bürsten, davor hat sich der Hund mit einem Sprung aus der Wanne gedrückt. Doch Wittmann gibt nicht auf, flüstert ihm zu, was für ein braver Bub er sei und dann geht es auf die Massageliege.

Da Hunde an vergleichbaren Wehwehchen wie die Menschen leiden, haben (Pfötchen-)Reflexzonenmassagen durchaus Sinn. Also knetet und streichelt Wittmann. Diese Anwendung scheint angenehmer als die Vollwäsche, doch so ganz mag sich das Tier nicht auf die Wellnessbehandlung einlassen. Ist eben doch ein Hund.

© SZ vom 11.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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