Feldmoching/Hasenbergl:"Hör auf mit dem Schmarrn"

Stadt weist riesiges Entwicklungs- bzw. Siedlungsgebiet aus rund um den Feldmochinger See. Thema: Wo kann München noch wachsen?

Bald womöglich nur eine Erinnerung: Derzeit prägen noch landwirtschaftliche Flächen die Landschaft an der Grashofstraße nahe Feldmoching.

(Foto: Florian Peljak)

Gut 500 Anwohner aus Feldmoching und dem Hasenbergl kommen zur Bürgerversammlung und machen ihrem Unmut über die Planungen für einen neuen Stadtteil im Münchner Norden deutlich Luft

Von Simon Schramm, Feldmoching/Hasenbergl

Für einen Landwirt aus Ludwigsfeld ist es "eine Entmündigung und Enteignung der Bürger", ein Feldmochinger Architekt wehrt sich dagegen, dass Feldmoching "zum Versuchskaninchen der Stadtplanung" wird. Und ein Mitglied der Feldmochinger Bürgerinitiative warnt vor der Zerstörung des Charakters Münchens "zugunsten von gesichtslosen und geschichtslosen Flachdachkästen". Man wolle keine Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme, "damit Feldmoching wenigstens noch ein bisschen Feldmoching bleibt".

Was war passiert? Einige Einwohner aus Feldmoching und dem Hasenbergl nutzten die Bürgerversammlung am Donnerstag, der Stadt erstmals öffentlich ein klares Signal zu senden: Die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) im Münchner Norden stößt in der Bevölkerung auch auf Ablehnung - zumindest auf Skepsis. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hatte im Februar das baurechtliche Instrument "SEM" eingesetzt und 900 Hektar zwischen Ludwigsfeld und Feldmoching zum möglichen Siedlungs- und Baugebiet erklärt. Etwa 500 Bürger waren nun zur Versammlung gekommen - mehr als in den vergangenen Jahren, ein Großteil wegen der Bebauungspläne.

Kritik und Forderungen der Anträge ähnelten sich: Der Münchner Norden müsse politische Versäumnisse der vergangenen Jahre ausbaden, statt der SEM sollte ein "gesundes Wachstum" stattfinden, etwa in Form einer sozialgerechten Bodennutzung. Für einige handelt die Stadt überhastet und soll sich mehr Zeit lassen. Für das Verfahren der SEM peilt die Stadt einen Zeitraum von etwa 20 Jahren an. Viele halten den Umgriff für zu groß, zumal Feldmoching schon von mehreren neuen Siedlungsgebieten betroffen ist, wie Reinhard Sachsinger von der Aktionsgemeinschaft "Rettet den Münchner Norden" anmerkte. Wie andere auch, kritisierte Sachsinger den Oberbürgermeister und dessen Slogan der letzten Kommunalwahl "Damit München München bleibt". In seinen Augen hätte der Slogan lauten müssen: "Wenn Sie uns wählen, dann können Sie sicher sein, dass von dem München, das Sie kennen, nichts übrig bleibt."

Sonja Sachsinger bezog sich auf eine aktuelle Studie, nach der die Luftschadstoffkonzentration entlang der Dülferstraße wegen des Verkehrs Grenzwerte überschreitet. Deshalb soll ihrer Meinung nach der im Umgriff enthaltene Feldmochinger Anger nicht bebaut werden und die Stadt Maßnahmen ergreifen, um die Luft wieder sauberer zu machen. Ihr Vorschlag: Aufforstung und mehr Schallschutz entlang des Autobahnrings A 99, um Abgase zu filtern und Lärm zu reduzieren. Werner Paulus vom Verein "Fasanerie aktiv" verlangte, die Arbeiten am Verkehrskonzept für den Münchner Norden einzustellen und in einer neuen Planung die SEM zu berücksichtigen. Karola Kennerknecht vom Bürgerverein Lerchenau wünschte, dass im Zuge der Maßnahme kein Landwirt in seiner Existenz bedroht werden darf.

Steffen Kercher vom Planungsreferat verwies auf eine geplante Infoveranstaltung zur SEM und ging nicht auf alle Einwürfe ein. Es würden nicht die gesamten 900 Hektar bebaut werden, sagte Kercher, und das Planungsreferat wolle sich mit den Bürgern austauschen, welche Flächen geeignet seien und welche nicht - woraufhin ein Teilnehmer ihn mit lautem Pfiff unterbrach und rief: "Hör auf mit dem Schmarrn." Zuletzt erwähnte Kercher das Verfahren der SEM im Nordosten, bei dem die Stadt schon länger mit anliegenden Vierteln wie Bogenhausen im Dialog steht: "Wir hoffen, dass wir mit Ihnen in fünf Jahren so ein gutes Verhältnis wie mit den Bogenhausern haben."

In der Diskussion zum Wachstum der Stadt ist bei den Bewohnern aber nicht nur die SEM im Fokus. Martin Schreck aus der Lerchenau etwa fand eine Mehrheit für seinen Antrag, der die geplante Bebauung des Eggarten ablehnt und den Erhalt der "grünen Oase" fordert. Auch soll die Stadt nach Vorschlag Schrecks untersuchen, ob im Eggarten schützenswerte Tierarten vorkommen. Eine Frau aus der Lerchenau sprach sich gegen die geplante Erweiterung des Gewerbegebietes in der Lerchenstraße aus - der Stadtteil leide jetzt schon am Lkw-Verkehr. Da auch in der Fasanerie-Nord selbst immer mehr Bürger wohnen, beantragt "Fasanerie aktiv" die Einrichtung eines Bürgertreffs, den es im Viertel bisher nicht gibt.

Von einem "guten Jahr" berichtete der Leiter der Olympiapark-Polizeiinspektion, Andreas Schaumaier. Die Wahrscheinlichkeit, im 24. Stadtbezirk Opfer einer Straftat zu werden, sei nicht mal halb so hoch wie im Gesamtbereich München.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: