Feiern in München:Die hohe Kunst des Vorglühens

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Vorglühen ist wichtig, um beim Ausgehen nicht arm zu werden. Zu viel Vorglühen führt allerdings dazu, dass man manche Bar vielleicht gar nicht mehr erlebt. (Foto: Catherina Hess)

Am aufregendsten ist die Nacht in einer Stadt, die erst noch erobert werden muss. Wer gerade zum Studium nach München gezogen ist, weiß das - und muss dabei etwas beachten.

Kolumne von Laura Kaufmann

Das Wesen des Weggehens verändert sich mit dem Alter. Während sich der Student in eine Zukunft sehnt, in der er nicht mehr vor dem Ausgehen alle Hosentaschen auf der Suche nach ein paar Münzen durchwühlen muss, denkt der im Arbeitsleben verankerte Mensch melancholisch an die Jahre zurück, in denen sich die Nacht aufregend anfühlte, der Kater milde, und Zeit wie ein endloses, frei verfügbares Gut. Am aufregendsten ist die Nacht in einer Stadt, die erst noch erobert werden muss. Für junge Leute, die gerade nach München gezogen sind, um ihr Studium zu beginnen, ist diese Zeit jetzt gekommen. Neue Freunde finden, sich in einer neuen Stadt zurechtfinden, sich selbst unter all diesen Eindrücken neu erfinden.

Gerade erst von zu Hause ausgezogen, will auch das Haushalten gelernt werden. Das Nachtleben aber hat Erbarmen mit den Neuzugängen und bietet ihnen gegen einen geringen Obolus ein Eintrittsbändchen, das diese ganze Woche für wechselnde Münchner Clubs gilt. Praktisch, kann der junge Neumünchner sogleich feststellen, wo er sich wohlfühlt: Pascha oder Crowns Club? Rote Sonne oder Cord? Milchbar oder doch Filmcasino?

Mit etwas Glück hat der angehende Akademiker schon Komplizen gefunden, mit denen die Nacht gemeinsam erkundet werden kann. Denn zum Weggehen mit studentischem Budget gehört beinahe ausnahmslos das gemeinsame Vorglühen, also das Erreichen eines gewissen Pegels schon vor dem Betreten eines Clubs (ausgenommen davon sind die Seligen, die allein die Musik im Club in andere Zustände versetzt).

Das Vortrinken ist eine Kunst, denn zu hoch darf der Pegel auch nicht sein. So trifft man sich vorab in einer WG-Küche, um sich in dieser Kunstfertigkeit zu messen, und nicht selten findet hier bei ein paar Bier der lustigere, interessantere Teil des Abends statt, und nicht selten gerät dabei sogar das ursprüngliche Ziel, einen Club aufzusuchen, in Vergessenheit.

Nach einer Woche mit Ersti-Band am Handgelenk, also einer Woche voller Club-Touren, ist selbst ein frischer Student etwas müde. So startet er in den Ernst des Lebens: Das der Vorlesungen und Pflichtveranstaltungen. Und der richtigen Münchner Eintrittspreise. Die leichte Erschöpfung, die er dabei fühlen mag, die verbindet ihn mit seinem späteren, im Arbeitsleben verankerten Selbst.

© SZ vom 17.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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