Fehlende Hebammen in München:Engpässe im Kreißsaal

Neugeborene: Wie fühlt sich die Geburt an.

Einschränkungen bei der Versorgung: In München fehlen wegen des Geburtenbooms viele Hebammen.

(Foto: dpa)

In München werden immer mehr Kinder geboren, doch es gibt viel zu wenige Hebammen. Ärzte fordern deshalb für Entbindungen mehr Geld von den Krankenkassen. Manche Kliniken haben sich auf einen Wechsel im System eingelassen - und fahren gut damit.

Von Gudrun Passarge

Der Geburtenboom in München führt an den Geburtsklinken der Stadt offenbar immer wieder zu Problemen, weil es zu wenige Hebammen gibt. Nach Angaben des Deutschen Hebammenverbandes ist München zusammen mit Frankfurt die Stadt des Hebammenmangels. Das führt zum Teil zu bedenklichen Engpässen und Einschränkungen bei der medizinischen Versorgung.

So berichtet beispielsweise Nikolaus von Obernitz, der Leiter der Geburtshilfe in der Frauenklinik an der Taxisstraße, nach eigenen Angaben der größten Geburtsklinik Deutschlands, dass im vergangenen Herbst wegen fehlender Hebammen zeitweise nicht alle der sechs Kreißsäle belegt werden konnten. Es mussten Frauen an andere Kliniken verwiesen werden. Dies sei allerdings eine "absolute Ausnahmesituation" gewesen.

Die Bedingungen müssen sich ändern

Auch Klaus Friese, Leiter der beiden LMU-Frauenkliniken an der Maistraße und in Großhadern spricht von wachsenden Problemen, die Situation verschlechtere sich gegenwärtig. "Manchmal muss ich uns von der Notfallversorgung abmelden. Das passiert zwei- bis dreimal im Monat, das haben wir früher nicht gehabt", sagt er. Die Geburtshilfe habe sich verändert, sie sei schwieriger geworden, sagt Friese. Er würde gerne mehr Hebammen und Ärzte einstellen, aber dazu müssten sich auch die Rahmenbedingungen ändern.

Nach Frieses Worten sind Hebammen "extrem belastet". Allein im vergangenen Jahr kamen in Großhadern und in der Maistraße 4404 Kinder zur Welt, für die Maistraße bedeute das ein Plus von mehr als 140 Geburten im Vergleich zum Vorjahr. Ein Trend, der schon seit zehn Jahren anhalte und den die anderen großen Geburtskliniken bestätigen. In der Taxisklinik waren es 2013 um die 250 Geburten mehr, im Dritten Orden etwa 170. Darunter, so Friese, sind auch sehr komplizierte Schwangerschaften, die dem Personal zusätzlich viel abfordern: Patientinnen mit Karzinom oder mit Herzklappen, Frühgeburten oder Mehrlingsschwangerschaften nach künstlicher Befruchtung.

Erst in dieser Woche hätten wieder zwei Hebammen gekündigt, "mit der Begründung, es war so viel Arbeit", sagt Friese. In seinem Bereich hätten sich mittlerweile 4500 Überstunden angesammelt. Mit der Nachbesetzung sei es in einer Stadt wie München nicht ganz einfach, "der Markt ist angestrengt". Die Maistraße habe jedoch das Glück, dass dort die einzige Hebammenschule Münchens angeschlossen ist. 20 Absolventinnen schließen jedes Jahr ab, ein Problem einen Job zu finden, hätten sie nicht.

Mehr Geld von den Krankenkassen

Um den Mangel an Hebammen zu beheben, fordert Friese mehr Geld von den Krankenkassen. "Momentan wird eine Blinddarmoperation besser honoriert als eine Geburt." Von 2015 an sollen zehn Prozent mehr für Geburten gezahlt werden, sagt Friese, der auch Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe ist. Dann könnte der Klinikleiter auch mit der Verwaltung über eine Aufstockung des Personals reden.

In der Frauenklinik an der Taxisstraße werden nach den Worten von Obernitz momentan mit drei Hebammen Bewerbungsgespräche geführt, um Lücken zu schließen. Die Anzahl der Überstunden nennt er "überschaubar". Man versuche, die Hebammen zu entlasten. "Wir haben unter anderem Bürokräfte besorgt, die Arbeiten übernehmen, die keine reinen Hebammentätigkeiten sind. Das hat sich sehr bewährt."

Sowohl die Unikliniken als auch die Taxisklinik setzen traditionell auf fest angestellte Hebammen. Ganz anders dagegen der Dritte Orden, der mit Beleghebammen arbeitet. "Das ist für uns ideal", schwärmt der Leiter der Geburtshilfe Franz Edler von Koch. Das Hebammenteam rechne selbständig ab und teile auch die Dienste selbst ein. Cordula Drossbach gehört zu diesem Team. "Wir sind viel flexibler", erläutert sie. "Wenn die Hütte brennt, können wir schnell jemanden anrufen, ganz kurzfristig." Fluktuation gebe es hier kaum. Das mag auch daran liegen, dass die Hebammen wegen der Vielzahl der Geburten gut verdienen, trotz der hohen Haftpflichtprämien, die jede selbständige Hebamme zahlen muss, die in der Geburtshilfe tätig ist.

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