FC Bayern feiert Titel in München:So sehen Meister aus

Eine Nacht, die viele bestimmt nicht so schnell vergessen werden: Nach zwei Jahren ohne Sieg feiert der FC Bayern wieder auf dem Münchner Rathausbalkon die Meisterschaft. Ribéry gibt dort den lustigen Animateur, Schweinsteiger wird als "Fußballgott" bejubelt. Nur einer hält sich im Hintergrund.

Von Beate Wild

Dante stürmt auf den Rathausbalkon mit einem riesigen Weißbierglas in der Hand. Thomas Müller springt rhythmisch zur Musik auf und ab und reißt die Arme in die Höhe. Robben grinst über das ganze Gesicht und klatscht. Ribéry hat sich eine Fahne um die Schultern gebunden und fängt an zu singen. Und als Schweinsteiger auf dem Balkon erscheint, skandieren die Fans unten "Fußballgott! Fußballgott!".

Große Feierlichkeiten, bei denen die Protagonisten von einem Balkon winken und unten die seit Stunden wartende Masse begeistert jubelt, kennt man aus einem anderen Kontext. Von Adelshochzeiten oder Thronbesteigungen. In München feiert man so den FC Bayern München. Bereits zum 23. Mal hat das Fußballteam den Meisterschaftstitel gewonnen. Öfter als jeder andere Verein in der Bundesliga zuvor. Nicht umsonst spricht man vom Rekordmeister FC Bayern.

An diesem verregneten und kalten Samstagabend stehen dort oben auf dem Rathausbalkon also Bastian Schweinsteiger, Mario Gomez, Thomas Müller, Manuel Neuer und der Rest der Mannschaft. Statt eines innigen Kusses des Brautpaares gibt es ein anderes Zeremoniell: das Hochrecken der Meisterschale.

Jeder Spieler darf sie mal in die Hand nehmen und in die Luft stemmen, was nicht ganz so leicht sein dürfte, denn das gute Stück wiegt etwa elf Kilogramm und ist ein wenig sperrig. Sie ist aus Sterlingsilber gefertigt und mit 16 Edelsteinen verziert. Viele Männerhände haben sie schon gestreichelt: Franz Beckenbauer, Lothar Matthäus und Oliver Kahn etwa. Klaus Augenthaler nahm die Meisterschale 1989 vor lauter Begeisterung sogar mit zum Baden ins Entspannungsbecken. Aber das nur am Rande.

Martínez überrascht die Fans

Auf dem Rathausbalkon heizt nun ein DJ den Spielern und Fans mit einem Rock-Schlager-Wiesnhit-Mix ein. Mit Klassikern wie "Seven Nation Army", "Ich roque", "Stern des Südens" und das obligatorische "We are the champions". War bei der vergangenen Meisterfeier 2010 noch das selbst ernannte "Feierbiest" in Person des Trainers Louis van Gaal dabei, sorgt dieses Mal der französische Kicker Franck Ribéry für Stimmung.

Mit einer umgebundenen Bayernflagge tanzt er erst wie ein Rapper, um sich dann das Mikrofon zu schnappen und mit undefinierbarem Gegröle und "Bisous-Bisous"-Rufen die Fans zum Mitsingen zu bewegen. Eine lustige Aktion, doch spätestens jetzt weiß man, warum der Mann Fußballspieler und nicht Sänger geworden ist.

Auch der Spanier Javier Martínez überrascht die Fans, als er sich plötzlich das Mikro geben lässt und "Servus!" sagt. Und dann noch in charmant-gebrochenem Deutsch hinzufügt: "Wir sind Deutsche Meister, aber wir kommen hier zurück in zwei Wochen." Philipp Lahm, der Kapitän, erzählt in seiner Ansprache dann nichts wirklich Überraschendes, als er beteuert, man wolle unbedingt noch die beiden anderen Titel, die Champions League und den Deutschen Pokal, holen und hier feiern.

Der scheidende Trainer Heynckes ruft sichtlich gerührt: "Meine Jungs haben alle Rekorde gebrochen!" Und schließlich kommt noch, wie es bei solchen Feiern immer kommen muss: Sportdirektor Matthias Sammer erhält eine ordentliche Bierdusche und ist hinterher nass bis auf die Haut.

Im Hintergrund: Präsident Hoeneß

Trotz der kühlen Temperaturen sind die Münchner zuhauf gekommen - und das, obwohl man ihnen nachsagt, sie seien Schönwettermenschen und schickten bei miesem Wetter nicht einmal ihren Hund vor die Tür. Für den FC Bayern nimmt man hier allerdings so einiges in Kauf. 15.000 Fans sind es nach Polizeiangaben auf Marienplatz, zumeist in rot gewandet haben sich auf dem Marienplatz eingefunden, um ihrem Lieblingsverein zuzujubeln. Keine völlig neue Situation - weder für die Mannschaft noch für die Fans. Schon zum 23. Mal sind die bayerischen Kicker am Saisonende an der Tabellenspitze. Und der FC Bayern München erwartet für seine Leistungen von der Stadt und seinen Bürgern eben eine gewisse Dankbarkeit.

Christian Ude, der Chef im Münchner Rathaus, überlässt den Spielern ein- bis dreimal im Jahr seinen Balkon dafür, obwohl er da oben wohl lieber das andere Münchner Team, das mit den blauen Farben, sehen würde. Als er auf dem Balkon erscheint, hagelt es deshalb auch traditionell erst einmal Buh-Rufe und Pfiffe. Dabei verspricht er später beim Spielerempfang im Rathaus, dass die Stadt alles daran setzen werde, um zum Champions League Finale das Public Viewing in der Allianz Arena zu ermöglichen. Dafür bedankt sich dann sogar der sonst mit Lob eher zurückhaltende Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge.

Die Fans auf dem Marienplatz sind im Freudentaumel trotz des stundenlangen Wartens auf ihre Lieblingsspieler. So lange ein Verein so erfolgreich ist wie der FC Bayern, mangelt es ja auch nicht an Anhängern. Konkurrierende Bundesligamannschaften benutzen in diesem Zusammenhang gerne mal das Wort "Erfolgsfan". Bei der Meisterfeier in München stört das niemanden.

Schon zwei Stunden vor dem Auftritt auf dem Rathausbalkon hatten tausende Fans die Leopoldstraße gesäumt, um den erfolgreichen Kickern beim Autokorso in Richtung Innenstadt zuzujubeln. Nach dem letzten Spiel der Saison in der Allianz Arena, das der FC Bayern 3:0 gegen den FC Augsburg gewonnen hatte, ging es los: Überreichen der Meisterschale, Huldigung durch das Publikum, Duschen und Umziehen, Fahrt mit dem Bus zur Ungererstraße, Umsteigen in die Cabrios. Alle Spieler selbstverständlich in Tracht: Lederhosen, rot-weiß-karierte Hemden, Trachtenjanker. Das vom FC Bayern ausgegebene Motto der Feier lautete denn auch: "Mia san boarisch!"

Nur einer hält sich bei der ganzen Balkoninszenierung im Hintergrund: Präsident Uli Hoeneß, der vor kurzem wegen Steuerhinterziehung in die Schlagzeilen geraten ist. Beim Autokorso fuhr er noch im zweiten Wagen mit und winkte ab und zu schon fast schüchtern in die Menge. Auf dem Rathausbalkon tritt er gar nicht in Erscheinung.

Als der Auftritt vor den Fans vorbei ist, gibt die Stadt drinnen noch einen Empfang, bevor die Spieler weiterziehen zur vereinsinternen Party im Postpalast und - wie man munkelt - zur anschließenden Privatsause in den Nobelclub "Heart". Ein Großteil der Kicker hat sich in den Pressebereich verirrt. Während Ude und Rummenigge reden, fläzen sie schon etwas müde in den großen Ledersesseln des Rathauses. Ein paar haben ihre Kinder mitgebracht und spielen mit ihnen. Dann geht es weiter zur nächsten Party. Alle springen auf, plötzlich wieder fit. Die Nacht ist noch lang.

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