Fassaden-Werbung:Architekt Braunfels klagt gegen die Pinakothek

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Der Bau der Pinakothek selbst sei Kunst, argumentiert der Architekt, und damit sei das Urheberrecht verletzt. Sammlungs-Chef Baumstark sieht das anders.

Alfred Dürr

Kein Ende im Münchner Werbestreit: Nach den Querelen um den Firmen-Stern auf dem Mercedes-Hochhaus und die elektronische Medienwand am Mathäser-Kino ist jetzt die Pinakothek der Moderne an der Reihe. Große Tafeln mit Hinweisen auf die Semper-Ausstellung an der Fassade empören den Pinakothek-Architekten Stephan Braunfels. Er will vor Gericht ziehen.

Architekt Braunfels wehrt sich gegen die Werbung (Foto: dpa)

Schwere Geschütze fährt Braunfels gegen die Kunstwerbung an der Fassade der Pinakothek der Moderne auf: "Eine grobe Verunstaltung der Architektur und damit eine schwere Verletzung meiner Urheberrechte!"

Seit etwa einer Woche hängen die Plakatflächen, jeweils 200 Quadratmeter groß, im Eingangsbereich Barerstraße und an der Ecke Gabelsberger-/Türkenstraße. Relativ dezent in der grafischen Gestaltung und ohne auffällige Farbeffekte weisen sie auf die Wechselausstellung zum 200. Geburtstag des Architekten Gottfried Semper (1803 bis 1879) hin.

Ironie des Schicksals, dass sich der Architekten-Krach ausgerechnet mit dem Namen dieses bedeutsamen Vertreters seiner Zunft verbindet. Getäuscht und überrumpelt worden sei er von der Leitung der Pinakothek, empört sich Braunfels. Es gehe nämlich keineswegs nur um die Semper-Ausstellung: "Wenn ich einmal Ja zu dieser Art von Werbung sagen würde, dann brächen alle Dämme." Sein Haus sei ein Baukunstwerk, sagt Braunfels, geprägt durch die reine, minimalistische Sichtbeton-Fassade und damit unantastbar: "Diese klare und strenge Architektur muss ernst genommen werden und darf keinesfalls durch irgendwelche Dekorationen oder Verzierungen verschandelt werden."

Werbung für Ausstellungen oder Aktionen im Haus, mit bunten Fahnen oder schlichten Plakaten - das ist für jedes bedeutsame Museum der Welt gängige Praxis. Die Frage ist nur, wie diese Hinweise auf die Kunst gestaltet sind. Braunfels erinnert an frühere Überlegungen für das unmittelbare Umfeld der Pinakothek der Moderne. Damals sollte das Fragment des Tors der ehemaligen Türkenkaserne aufgestockt werden, damit man hier großflächige Werbung anbringen hätte können. Dann ging es um eine digitale Anzeigentafel von etwa zehn Quadratmetern Größe, losgelöst vom Bauwerk der Pinakothek, unmittelbar an der Barerstraße. Doch diese Vorschläge wurden schließlich aus Kostengründen gestrichen.

Als entschiedener Gegner der nun exekutierten Fassadenlösung sieht sich Braunfels nicht alleine. Er habe Rechtsanwälte, Urheberrechts-Spezialisten und mehrere Generaldirektoren deutscher Museen konsultiert, berichtet der Architekt. Das Meinungsbild sei einhellig gewesen: Eine solche großflächige Plakatierung an den Fassaden der Pinakothek der Moderne dürfe nicht sein.

Eine unnötige Aufregung, nichts weiter als ein Sturm im Wasserglas, sagt der Chef der Staatsgemäldesammlungen, Reinhold Baumstark. Braunfels' Urheberrecht sei nicht im geringsten tangiert - man habe dies bereits geprüft. Ein Eingriff in die Bausubstanz finde nicht statt.Bis Ende August würden die Semper-Plakate auf jeden Fall bleiben. Werbung an der Fassade sei zwar ein Ausnahmefall. Wenn man aber etwas hinhänge, dann mit "Takt und Geschmack" - und von den Themen her bestimmt nur streng auf die Inhalte der Pinakothek bezogen.

"Wir fallen jetzt nicht wie die Hunnen über das Gebäude her, das wir genauso intensiv lieben wie Herr Braunfels", meint Baumstark. Kein Trost für den Angesprochenen: "Die Sitten bei der Werbung im Stadtbild sind längst verroht."

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