Falsche Polizisten:Geld her, Polizei

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Betrüger erleichtern Rentnerin in Bogenhausen um 200 000 Euro

Von Thomas Schmidt

Eine 71 Jahre alte Frau aus Bogenhausen ist auf falsche Polizisten hereingefallen und räumte für die professionellen Betrüger ihre Bankschließfächer leer. Mit Bargeld, Barrengold, Gold- und Silbermünzen im Wert von rund 200 000 Euro verschwanden die Täter, die vermutlich von einer Zentrale in der Türkei aus gesteuert werden. Die alleinstehende Akademikerin, die laut einem Sprecher der Polizei "total fit" und "völlig klar im Kopf" sei, bemerkte zu spät, dass sie von Profi-Verbrechern manipuliert worden war.

Der falsche Polizist rief nachts an, im Display erschien die Notrufnummer 110, über den die echte Polizei niemals Anrufe tätigt, doch das wusste die 71-Jährige wohl nicht. Die Betrüger, die fast immer aus dem Ausland agieren, sind darin geschult, durch das geschickte Stellen von Fragen Informationen zu entlocken. So erfuhr der Anrufer auch von den Bank-Schließfächern. Er log der Rentnerin vor, er sei kriminellen Bankangestellten auf der Spur, die Wertgegenstände in Schließfächern gegen Attrappen austauschen würden - und er befürchte, dass sie bereits eines der Opfer sei.

Der Betrüger wies die verunsicherte 71-Jährige an, das Festnetz nicht aufzulegen, um ständig verbunden zu bleiben. Sie solle vorerst mit keinem anderen Menschen sprechen und ihre Wohnung nicht verlassen. Später erklärte ihr der falsche Polizist, sie müsse nun mitarbeiten, um den Kriminellen das Handwerk zu legen. Die 71-Jährige ging daraufhin zu ihrer Bank, telefonierte währenddessen permanent mit dem Betrüger und räumte alle ihre Wertsachen in mitgebrachte Taschen. Dabei traute sie sich nicht, mit den Angestellten über ihren "Auftrag" zu sprechen, schließlich ging sie davon aus, dass es sich um Kriminelle handeln müsse. Per Handy lotste sie der Betrüger anschließend in die Niedermayerstraße, wo ein "stiller Abholer" auf sie wartete. Er dürfe nicht sprechen, um die Ermittlungen nicht zu gefährden, log der Anrufer. Die 71-Jährige übergab dem Mann die Taschen - und der Dieb verschwand. Erst zwei Tage später realisierte die Rentnerin, dass sie betrogen worden war.

Die Masche mit den falschen Polizisten hat nach wie vor Hochkonjunktur, die Fallzahlen schnellen rasant nach oben. Zählte die Münchner Polizei im Jahr 2015 noch 189 Fälle, so waren es 2016 schon 663 Taten. Im laufenden Jahr sei die Zahl bereits "deutlich vierstellig", sagt Uwe Dörnhöfer, Leiter der Gruppe "Phänomene-Betrug". Bei diesen Zahlen handelt es sich allerdings um Betrugs-Versuche, nicht um vollendete Taten. Laut Dörnhöfer seien die Betrüger grob geschätzt bei einem von hundert Anrufen erfolgreich. Dann aber ist der Schaden meist sehr hoch: Schon zum Halbjahr 2017 lag er bei 1,5 Millionen Euro. Oft reißen die Anrufer ihre Opfer aus dem Schlaf und erzählen ihnen Lügengeschichten, die ihnen Angst einjagen. Eine weitere, derzeit gängige Masche sei es, am Telefon zu behaupten, gegen das Opfer liege ein Haftbefehl in der Türkei vor, weil die Person angeblich kinderpornografische Seiten besucht habe. Anschließend bietet der Anrufer seine Hilfe an, einen geeigneten Anwalt einzuschalten. Dafür müsse man nur eins tun: Geld überweisen.

© SZ vom 16.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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