Fahrrad-Taxis in München:Mit der Rikscha nach Hause

SZ-Rikschas für die Buga, 2005

Sollen auch von Einheimischen genutzt werden: die Fahrrad-Rikschas in Münchens Innenstadt.

(Foto: CATH)

Münchens Rikscha-Fahrer wollen raus aus der Touristen-Ecke. Statt abends nach der Kneipe mit dem Taxi nach Hause zu fahren, sollen auch die Münchner künftig in Rikschas steigen. Doch mit der motorisierten Konkurrenz können sie kaum mithalten.

Von Marco Völklein

Derzeit herrscht Ruhe am Marienplatz. Doch in ein paar Wochen bereits dürften sich dort wieder zahlreiche Rikscha-Fahrer drängeln. Ende Februar oder Anfang März beginnt die Saison für Münchens Fahrrad-Taxis - und einige Anbieter wollen in diesem Jahr ihren Service erweitern. "Wir möchten raus aus der Touristen-Ecke", kündigt Dominic Staat an. Er dominiert mit seiner Firma "Pedalhelden" den Rikscha-Markt in der Landeshauptstadt. Künftig will er "näher an die Münchner heranrücken", wie er sagt. Statt sich zum Beispiel abends nach dem Kino- oder Theaterbesuch mit dem Taxi nach Hause bringen zu lassen, sollen die Münchner künftig auch mal in eine Rikscha steigen. "Insbesondere auf kurzen Strecken wollen wir die Lücke schließen zu den Auto-Taxlern."

In der Tat ist das Rikscha-Geschäft bislang vor allem touristisch geprägt. Der Großteil der Fahrgäste sind Besucher aus Nah und Fern, die sich meist spontan für eine Tour durch die Altstadt oder den Englischen Garten entscheiden. Deshalb drängelt sich auch zur Hochsaison oft ein gutes Dutzend Rikscha-Fahrer am Marienplatz oder am Chinesischen Turm, um Besucher als Fahrgäste anzusprechen. Münchner, die sich eine kurze Strecke beispielsweise aus der Altstadt nach Hause fahren lassen, gehören bislang zur Ausnahme.

Das will nun nicht nur Pedalhelden-Chef Staat ändern. Im vergangenen Jahr erst hatten Stadtviertelpolitiker in Pasing angeregt, die Stadtverwaltung könnte doch an Plätzen in den Vierteln Standflächen für Radl-Taxis ausweisen - und so eine Alternative bieten zu Fahrten mit der benzingetriebenen Droschke. Staat will in dieser Saison versuchen, neue Fahrgäste mit einem "Einheitspreis für Kurzstrecken" in seine Fahrradtaxis zu locken - zum Beispiel mit 3,50 Euro für die Strecke vom Rathaus zum Odeonsplatz. Wobei er offen lässt, wer ein solches Angebot in seinem Alltag konkret nutzen soll. Zumal der Pedalhelden-Chef zugleich einschränkt: "Weit über den Mittleren Ring hinaus wird kein Rikscha-Fahrer seine Fahrt anbieten." Denn dann wäre er nach nur einer oder zwei Touren bereits kaputt.

Skeptisch sieht auch Tilman Bracher vom Deutschen Institut für Urbanistik in Berlin solche Überlegungen. Der Verkehrsforscher beschäftigt sich seit Längerem mit alternativen Mobilitätsformen - und räumt den Rikschas in Mitteleuropa weiterhin allenfalls eine Chance als Nischenverkehrsmittel ein. So seien Auto-Taxis nach wie vor "deutlich schneller und deutlich preiswerter" als die Rikschas, sagt Bracher. Anders als bei Taxis gibt es im Rikscha-Gewerbe keine festen Tarife - Kunde und Fahrer handeln vielmehr vor jeder Tour den Preis aus.

Eine 30-Minuten-Tour durch die Altstadt kommt so auf 30 bis 40 Euro, längere Fahrten können auch mal 60 bis 70 Euro kosten. Zudem können sich Rikscha-Unternehmer Leerfahrten kaum leisten - auch das ein Grund, warum sich die Fahrer bislang vor allem im Zentrum tummeln und ihre Dienste nicht auch in Stadtviertelzentren wie in Pasing, am Harras oder am Rotkreuzplatz anbieten. "Zudem kommen die Kunden an solchen Stellen viel zu unregelmäßig", sagt Bracher.

Pedalhelden-Chef Staat überlegt daher, die Nachteile der Radl-Taxen mit elektrischer Unterstützung wettzumachen. Er tüftelt nach eigener Aussage derzeit an einem Prototypen für eine E-Rikscha. "Damit ließen sich die Reichweiten deutlich erhöhen." Wenn alles klappt und auch die Aufsichtsbehörde mitmacht, sagt Staat, könnte er seine E-Rikscha noch in dieser Saison auf die Straße bringen. Zunächst aber nur testweise.

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