Expo 2000:Langes Nachspiel

Die Pleite der Weltausstellung hat Beate Baumm mit ihrem Designbüro unverschuldet in den Ruin getrieben. Seit 15 Jahren prozessiert die Münchnerin, nun geht es vor dem Landgericht um knapp zwei Millionen Euro

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Das neue Jahrtausend hat Beate Baumm kein geschäftliches Glück gebracht. Dabei schien es für die Münchnerin, die damals in Neuhausen ein angesehenes Medien- und Design-Büro betrieb, mit einem Paukenschlag zu beginnen: ein Millionen-Auftrag für die Weltausstellung Expo 2000 in Hannover - gemeinsam mit kleinen Münchner Firmen und Freiberuflern gestaltete sie die Präsentation der so genannten "Weltweiten Projekte". Dann versank die Expo in der Pleite, es floss kein Geld. Baumms Kampf gegen ihren dadurch unverschuldeten Ruin dauert nun 15 Jahre. Erst waren es Prozesse gegen die Weltausstellung. Nun hat sie den damaligen Insolvenzverwalter Bruno Kübler auf Schadensersatz verklagt, den sie und ihre Mitstreiter für einen Schaden von rund 1,9 Millionen Euro verantwortlich machen - verhandelt wird vor dem Landgericht München I.

Beate Baumm, Tochter des Erfinders Gustav Adolf Baumm, dessen "rasender Liegestuhl" - ein aerodynamisches Zweirad - in den 1950er Jahren mehrere Geschwindigkeitsweltrekorde abräumte, konnte damals auf renommierte Kunden wie den Bund deutscher Architekten, die Allianz Umweltstiftung, das Bundesumweltministerium oder Audi verweisen.

Nach dem Expo-Fiasko hatte die Geschäftsfrau empört ein fragwürdiges Angebot abgelehnt, das ihr über eine Prozessfinanzierungs-AG gemacht worden war: Man hatte ihr nahe gelegt, sich eine Million Mark (rund 500 000 Euro) auf ihr Privatkonto zahlen zu lassen und dann Insolvenz anzumelden. Natürlich sollte sie den übrigen Mitstreitern, die sich zu einer Treuhand zusammengeschlossen hatten, nichts davon sagen. Im Gegenzug hätte die Expo etwa den gleichen Betrag eingespart.

Bald darauf kam Anwalt Kübler ins Spiel, der in Deutschlands Finanzkreisen auch als "Insolvenz-Papst" bezeichnet wird. Es begann ein sehr kompliziertes und in Einzelheiten nur schwer darzustellendes juristisches Tauziehen, das schon bis zum Bundesverfassungsgericht ging - mit Beate Baumm als Siegerin. Dieses höchstrichterliche Urteil, mit dem sie die Absetzung des einst amtlich eingesetzten Insolvenzverwalters erstritt, versetzte sie und ihre Mitkämpfer überhaupt erst in die Lage, den langen Rechtsstreit gegen die Expo aufzunehmen.

Heute werfen sie und ihre Mitstreiter diesem Insolvenzverwalter vor, die von ihm beschlagnahmten Vertragsurkunden von der Expo nicht herausgegeben zu haben. Deshalb mussten sie ohne diese Urkundenbeweise vor dem Landgericht Hannover gegen die Expo klagen. Angesichts von 95 Zeugen hatte die Richterin sie 2009 gedrängt, einen Vergleich abzuschließen.

Diese gütliche Einigung sah finanziell für die Münchner Gläubiger allerdings schlecht aus. Doch reden dürfen sie darüber nicht: Die Richterin hatte eine Schweigeklausel festgesetzt und mit hohem Schadensersatz abgesichert, falls doch jemand plaudern sollte. Die Differenz zwischen diesem Kompromiss und der Summe, die ihnen die Expo eigentlich hätte zahlen müssen, ist der Betrag, den Baumm und die Treuhand nun von Kübler einklagen wollen. Bei der Richterin der 30. Zivilkammer ist die Forderung bis zum Juni 2013 beziffert: 1 398 615 Euro für die Treuhand und 541 917 Euro für die Baumm AG. In den folgenden zwei Jahren dürften sich diese Beträge durch Zinsen erhöht haben.

Kübler hatte zuletzt behauptet, diese Ansprüche seien verjährt, das Gericht hat dies aber zurückgewiesen. Am Montag hörte die Richterin zahlreiche Zeugen. Das Verfahren wird im September fortgesetzt.

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