Ex-Colonia Pavese:Dieses Haus in Gardasee-Bestlage steht seit Jahren leer

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Gebaut 1907 als Grand Hotel Torbole, wurde das Haus vor Jahren saniert und mit einer neuen Dachkonstruktion versehen, blieb aber trotzdem leerstehend. (Foto: Elisa Britzelmeier)

Angeblich wird das frühere Grand Hotel in Torbole seit 1976 nicht mehr genutzt. Touristen und Einheimische fragen sich, wie das sein kann.

Von Elisa Britzelmeier

Die Blicke bleiben hängen an dem Gebäude an der Uferpromenade von Torbole. Es ist breit wie drei Häuser, die Wände in zartem Gelb, davor verschnörkelte Balkone, die an die Zeit der Habsburger erinnern. Ein herrschaftliches Haus. Doch die Fenster sind mit Holzbrettern verrammelt, auf der Rückseite versperrt ein Bauzaun den Zugang zur Fassade. Die "Ex-Colonia Pavese", wie das Gebäude in Torbole genannt wird, zeigt: Leerstand von Gebäuden in öffentlicher Hand gibt es nicht nur in München. Sondern auch am Gardasee - sogar in Bestlage.

Zwischen See und Haus spielen Kinder auf dem Spielplatz, sie schaukeln und rutschen, Frauen im Bikini laufen vorbei, und immer wieder bleiben Urlauber stehen, um ein Foto zu machen von diesem rätselhaften Haus. Das Dach ist offensichtlich neu, wie ein Fremdkörper sieht es aus, abgestützt von vielen Säulen. Ein Ufo auf Österreich-Ungarn.

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Wie lange das Haus schon leer steht, kann nicht einmal mehr Cristina Conti sagen, die bei der Kommune Nago-Torbole für die Ex-Colonia Pavese zuständig ist. Im Ort reden sie von mindestens 25 Jahren. Immer wieder ist der Leerstand angeprangert worden, die Sanierung mit der neuen Dachkonstruktion sei misslungen, finden Kritiker. In Blogs ist von Geldverschwendung die Rede, einer schreibt, das Haus sei seit 1976 nicht mehr genutzt worden.

Vom Luxushotel zum Sanatorium unter Mussolini

Gebaut wurde das Gebäude Anfang des 20. Jahrhunderts als Luxushotel, das "Grand Hotel Torbole" öffnete im Jahr 1907. Damals war Torbole noch ein kleines Dörfchen rund um den Hafen, entsprechend kritisch sahen die Fischerleute den Überlieferungen nach den Bau.

In den Dreißigerjahren fiel das Gebäude in den Besitz der Provinz von Pavia, einer Stadt bei Mailand in der Lombardei. Es wurde unter dem faschistischen Regime Mussolinis zum Sanatorium für lungenkranke Kinder ausgebaut. Tuberkulose war ein schwerwiegendes Problem Anfang des 20. Jahrhunderts, sogenannte "Klima-Kolonien" sollten Abhilfe schaffen, wo Kranke von Gesunden getrennt behandelt wurden. In einem milden Klima wie eben dem am Gardasee. Unter Mussolini wurden diese Kliniken zentral organisiert, Torbole fiel an Pavia.

Ein Sammelband hat vergangenes Jahr die Geschichte der Kurklinik zusammengetragen, seit Juni erinnert auch eine Ausstellung an der nahegelegenen Piazza Lietzmann in großen historischen Bildern an diese Zeit. In einem Vorbau im Erdgeschoss ist die kleine freie Kunstakademie von Torbole untergebracht. Und noch immer, so erzählt es eine Mitarbeiterin der Akademie, kommen ältere Leute zu Besuch, die hier als Kinder ein paar Wochen oder Monate verbracht haben.

Das Sanatorium blieb bis 1976 bestehen, mit Unterbrechungen im Ersten und dann im Zweiten Weltkrieg, als das Haus zeitweise auch von der deutschen Wehrmacht als Basis genutzt wurde. Und seitdem? Ja, seitdem weiß man nicht so ganz, was werden soll aus dem Haus. Es gehört der Stadt und steht unter Denkmalschutz. Wie viel es wohl wert ist in dieser Lage, will niemand genau sagen.

Es war einmal war die Rede davon, dass Rathaus und Verwaltung der Gemeinde Nago-Torbole dort einziehen sollen - doch nun entsteht ein Neubau wenige Meter daneben. Dort, wo die Dienstboten des Grand Hotels wohnten.

© SZ vom 10.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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