Ewiges Licht:Ein Hort für tüchtige Esser

Ewiges Licht: Kein Lokal für Menschen, die nur Mikro-Portionen essen: das Ewige Licht.

Kein Lokal für Menschen, die nur Mikro-Portionen essen: das Ewige Licht.

(Foto: lok)

Das Augustiner Wirtshaus in Neuhausen hat Portionen, die selbst einen Arbeiter nach zwölf Stunden am Bau sättigen. Auch die Zutaten sind von hoher Qualität. Bei der Zubereitung hapert es allerdings hin und wieder.

Gertrude Fein

Dass ein gestandener Bayer nichts von Diät hält, wissen wir nicht zuletzt von Ludwig Thoma. Als sein Münchner im Himmel immer unflätiger sein Hosianna plärrt, weil er die leiblichen Genüsse vermisst, flötet der Engel, er würde sein Manna schon noch bekommen, was Alois Hingerl zu dem Schluss kommen lässt: "Mei Liaba, da moan i ollawei, da bin i neitretn."

Und weil es unter den Münchnern noch immer viele Aloisi existieren, ist es gut, dass es Wirte gibt, die nicht dem Manna huldigen, sondern Portionen liefern, die auch einen Arbeiter nach zwölf Stunden am Bau sättigen. Das Augustiner-Wirtshaus Ewiges Licht in Neuhausen ist so ein Hort für tüchtige Esser, die keinen großen Wert legen auf feine Nuancen der Würze und schon gar keinen darauf, dass ein Schnitzel dünn sein soll. Hier ist ein Schnitzel erstens vom Schwein, zweitens recht dick geschnitten und drittens riesig.

Selbst die Senioren-Portion des Tegernseer Schnitzels (7,90Euro), das vor dem Panieren mit süßem Senf bestrichen wurde, war für einen durchaus rüstigen Rentner kaum zu bewältigen, schon gar nicht die Menge der Pommes frites, die nur noch mit Mühe auf dem Teller Platz gefunden hatten. Das Riesenschnitzel (9,90), ein wahrer Turm aus Fleisch und Pommes, brachte selbst einen ausgehungerten Jugendlichen an den Rand seiner Kapazität.

Gebackener "Camembär" vom Ausmaß eines Eishockey-Pucks

Aber, wie gesagt, es gibt Seniorenportionen. Das liest sich zwar, als müsse man den Rentenausweis oder ersatzweise die dritten Zähne auf den Tisch legen, aber das darf man nicht so eng sehen. Für den normalen Appetit sind Tafelspitz Senior (7,90), Schweinsbraten Senior (7,50) oder Käsespätzle Senior (7,50) allemal ausreichend. Kasspatz heißen die guten, von einer dicken Käseschicht fest zugedeckten Spätzle auf der Rechnung und der gebackene Camembert, zwei Stücke von den Ausmaßen eines Eishockey-Pucks, erscheint dort als Camembär.

Die Zutaten aller Gerichte waren immer von guter Qualität. Bei der Zubereitung jedoch haperte es hin und wieder. So zeigten die Bratkartoffeln zum ausgezeichneten Rinderlendensteak (13,50) schwarz angebrannte Stellen, während die Zwiebeln dazu so gut wie roh waren. Über dem riesigen, saftigen Holzfällersteak (7,90) häuften sich frittierte, aber leider kalte Zwiebeln. Die Meerrettichsoße zum Tafelspitz hatte kaum etwas von der scharfen Wurzel abbekommen.

Beim Bauernschmaus (8,90) - ordentliche Schweinsbratenscheibe und prima Leberknödel auf einer Unterlage von sehr wohlschmeckendem Sauerkraut - störten der fade Semmelknödel und vor allem die völlig ausgetrocknete Maultasche. Die Bestandteile des Allgäuer Filettopfes mit Pilzen (10,80) waren mit dicker Rahmsauce auf engem Platz mehr aneinander geleimt denn angerichtet. Und das Putengeschnetzelte hätte einer Krankenhausküche entsprungen sein können (8,50).

Tadellos dagegen waren Pizza und Flammkuchen. Die Pizza quattro stagioni (7,90), mit knusprigem, dünnem Teig und reich belegt, würde man sich so köstlich in mancher Pizzeria wünschen. Auf großen Brettern werden die Flammkuchen serviert. Den mit gebratenen Speckwürfeln und frischen Frühlingszwiebeln (6,90) artgerecht, nämlich in Streifen geschnitten, zusammengeklappt und mit den Fingern zu verspeisen, war ein kleines Fest.

Räume mit wenig Schnickschnack zum Wohlfühlen

Das alteingesessene Wirtshaus wurde vor etlichen Jahren, nach einer Zeit, in der es recht heruntergekommen war, so ansprechend renoviert, wie es sich für eine Augustiner-Gaststätte ziemt: Mit Holz verkleidete Wände, naturbelassene Holztische auf verschiedenen Ebenen, wenig Schnickschnack, ein Nebenzimmer - so sehen Räume aus, in denen sich der Gast wohlfühlen kann.

Derzeit ist die Gemütlichkeit durch die Reaktion des Gasthauses auf das Rauchverbot etwas gestört. Das Nebenzimmer ist nämlich für den "Raucherclub" reserviert. Das hatte zur Folge, dass dort zwei einsame Clubmitglieder vor sich hin qualmten, während im Hauptraum auch diejenigen Gäste, die nur in Ruhe essen wollten, fast zwanghaft auf eine Leinwand starrten, auf der sich der FC Bayern gegen eine Mannschaft abmühte, die er in früheren Jahren "net amoi ignoriert hätt".

Das wäre vermutlich auch dem Alois Hingerl über die Hutschnur gegangen, noch mehr aber sicher, dass kein Dunkles vom Fass ausgeschenkt wird, war das doch früher das allein seligmachende Gebräu der Münchner (Halbes Helles vom Fass 3,10).

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