Kirche:Wie die evangelische Kirche mit ihren Grundstücken Geld verdienen will

Kirche: Die Sanierung des maroden Turms der Münchner Kapernaumkirche hat sich so lange verzögert, dass laut Kirche mittlerweile ein Neubau billiger wäre.

Die Sanierung des maroden Turms der Münchner Kapernaumkirche hat sich so lange verzögert, dass laut Kirche mittlerweile ein Neubau billiger wäre.

(Foto: Robert Haas)

Die Kirche entscheidet, welche Gebäude erneuert werden und zeigt auf, wie sie die Kassen füllen will, obwohl immer weniger Menschen die Gottesdienste besuchen.

Von Jakob Wetzel

Die evangelische Kirche in München kämpft um ihre Zukunft: Weil das Geld fehlt, um alle Kirchen und Gemeinderäume im Dekanatsbezirk langfristig instand zu halten, will sie weniger Räume selbst nutzen und mehr vermieten; Gemeinden sollen künftig zusammenrücken. Nun wird konkret, was das bedeuten kann: Bei einer Sitzung der Dekanatssynode am Dienstagabend hat die Kirchenverwaltung nicht nur entschieden, welche Gebäude in nächster Zeit trotz klammer Kassen vordringlich saniert werden sollen.

Sondern sie hat auch erstmals eine Liste mit Immobilien und Grundstücken vorgelegt, mit denen sich zusätzliches Geld verdienen lassen soll - eine "Liste geplanter Maßnahmen und weiterer Möglichkeiten der Projektentwicklung", wie Stadtdekanin Barbara Kittelberger sagt. Würden alle diese Ideen umgesetzt, kämen auf einige Gemeinden große Veränderungen zu.

Die Rede ist etwa davon, das Pfarrhaus der Korneliuskirche in Karlsfeld abzubrechen und durch einen Neubau zu ersetzen, in dem zusätzlich zum Pfarrer auch Mieter wohnen könnten. Auch das ehemalige Gemeindezentrum der Nikodemuskirche am Englischen Garten soll weichen; hier könne ein "Ertragsobjekt" entstehen, "das ausnahmsweise auch hochpreisig angeboten werden soll", wie es heißt. Das frühere Mesnerhaus der Bethanienkirche in Feldmoching könnte ebenfalls durch ein Gebäude mit mehr Mietwohnungen ersetzt werden. Die Aufzählung ließe sich fortsetzen; die Liste umfasst 33 Einträge. Darunter sind auch freie Grundstücke, die derzeit etwa als Gemeindegärten genutzt werden.

Es stehe noch nicht fest, ob an all diesen Orten tatsächlich gebaut werde, beruhigte Stefan Neukamm, der Leiter der kirchlichen Bauabteilung, am Dienstag die Vertreter der Gemeinden. Bislang gehe es nur darum zu klären, wo es möglich wäre, Flächen besser zu nutzen. Gebaut werde nur im Einvernehmen mit den Gemeinden. Dass sich grundsätzlich etwas ändern muss, ist jedoch klar. In München sinkt die Zahl der Kirchenmitglieder; viele Kirchen dagegen stammen aus den Sechzigerjahren und müssen jetzt saniert werden. Seit Jahren schiebt die Kirche unerledigte Baumaßnahmen vor sich her. Um alle abzuarbeiten, fehlt das Geld. Am Dienstag hat die Synode daher nur festgelegt, wie sie 2018 ihre Prioritäten setzen will.

Besonders dringend soll demzufolge ein neues Gemeindehaus für die Heilandskirche in Unterhaching errichtet werden. Die Synode klärte hier nur noch Finanzierungsdetails; insgesamt soll der Neubau vier Millionen Euro kosten. Die Gemeinde zieht sich auf einen Standort zurück und gibt zwei alte Zentren auf; die Kirchenverwaltung lobte diese "Reduzierung der Baulast" als vorbildlich. Im Zuge des Neubaus sollen auch Mietwohnungen entstehen.

Auf Rang zwei der Prioritätenliste folgt ein Projekt in Baldham: Hier soll für etwa 550 000 Euro das Gemeindehaus der Petrikirche saniert und barrierefrei erschlossen werden. Dach und Fassade seien undicht, heißt es. Dasselbe gilt für das Dach der Zentralverwaltung im Dekanatsbezirk, des Kirchengemeindeamts an der Landwehrstraße 11 in München; hier sollen auch die Toiletten erneuert werden. Die Sanierungskosten von zwei Millionen Euro teilen sich Landeskirche und Dekanatsbezirk.

Auch diese Aufzählung ließe sich fortführen; insgesamt fasst die Liste 17 Projekte, darunter unter anderem die Turmsanierung der Kapernaumkirche am Lerchenauer See und eine Aufstockung des Dekanats hinter der Markuskirche an der Gabelsbergerstraße. Längst nicht alle diese Projekte aber werden 2018 begonnen werden. Tatsächlich werden mehrere seit Jahren von einer Prioritätenliste in die nächste übertragen, bei steigenden Baukosten.

Bei einzelnen Projekten ist gar unklar, ob und wie es überhaupt weitergeht. Dem Vorzeigeprojekt einer "Diakoniekirche" etwa droht das Aus. Ähnlich wie in der Rogatekirche in Ramersdorf, wo sich seit einem halben Jahr die Evangelische Jugend und die Ortsgemeinde ein Kirchenzentrum teilen, sollte die Evangeliumskirche im Hasenbergl künftig nicht nur die etwa 2500 Gemeindemitglieder, sondern auch soziale Träger beherbergen. Dazu sollten Büro- und Gemeinderäume in den Gottesdienstraum gebaut werden.

Das mit Kirchensanierung auf fünf Millionen Euro geschätzte Projekt scheiterte jedoch am Einspruch der Denkmalschützer. Wie es weitergehe, wisse er nicht, sagte Neukamm von der Bauabteilung: Bei allem Verständnis könne man dort ja kein Museum unterhalten. "Die Kirchengemeinde alleine wird dort irgendwann das Licht ausmachen können."

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