Etat:Im Stadthaushalt sind Millionenbeträge falsch verbucht

Etat: Immer genau hinsehen: Stadtkämmerer Ernst Wolowicz.

Immer genau hinsehen: Stadtkämmerer Ernst Wolowicz.

(Foto: Alessandra Schellnegger)
  • 1,325 Milliarden Euro waren am 31.12.2014 einem Bericht des Revisionsamts zufolge nicht korrekt verbucht - aber zum Glück nicht verloren.
  • 929 Bauvorhaben wurden mit dem Status "im Bau" geführt, obwohl sie schon längst fertig waren und genutzt wurden.
  • Das liegt vor allem daran, dass im Alltag viel Arbeit liegen bleibt.

Von Heiner Effern

Die Mitarbeiter der Verwaltung ächzen unter all den alten und neuen Aufgaben, die sie bewältigen sollen. Neue Kollegen sollen zwar in vielen Referaten eingestellt werden, doch zuerst muss die Stadt kompetente finden, die bei besten Aussichten nicht lieber in die Wirtschaft gehen. Diejenigen, die schon da sind, setzen Prioritäten, weshalb auch die städtische Ordnung unter vielen unerledigten und aufgeschobenen Aufgaben ächzt.

Das treibt mitunter skurrile Blüten: Laut einem Bericht des Revisionsamtes hatte die Stadt am 31.12.2014 die Summe von 1,325 Milliarden Euro nicht korrekt verbucht. Betroffen seien vor allem die Finanzen im Bau-, Kommunal- und Sozialreferat, schreiben die Rechnungsprüfer.

Wenn die Stadt zum Beispiel eine neue Schule baut, werden die dafür nötigen Millionen im entsprechenden Posten der Bilanz als Investition ausgewiesen. Der verantwortliche Projektleiter begleitet und kontrolliert die Arbeiten und stellt die Rechnungen. Wenn das Gebäude fertig ist, hat er aber in der Regel den letzten Papierkram nicht erledigt. Er ist vielmehr mit dem Kopf bereits auf der nächsten Baustelle. Bis endgültig die Kosten geklärt sind, können ein bis zwei Jahre vergehen. Die Schüler lernen aber schon längst in ihren neuen Räumen, was buchhalterisch einen entscheidenden Unterschied macht. Sobald ein neues Gebäude genutzt wird, muss es im Anlagevermögen der Stadt geführt werden. Und nicht mehr als Bauprojekt. Die jährliche Abschreibung von ein paar Prozent müsste dann schon laufen.

Mehr als 900 Bauvorhaben galten als "im Bau", obwohl sie längst genutzt wurden

In den Büchern der Stadt waren Ende 2014 exakt 929 Bauvorhaben mit dem Status "im Bau" geführt, die schon längst fertig waren und genutzt wurden. Das geht aus dem Bericht hervor, der kürzlich dem Rechnungsprüfungsausschuss vorgelegt wurde. Dieser Berg an verbummelten Abrechnungen wächst seit Jahren.

Zum Segen für die Stadtkasse ist das Geld nicht verschwunden oder unwiederbringlich verloren. Das Buchungschaos zeigt aber, wie viel Arbeit im Alltag liegen bleibt. In der Praxis führt der Stau lediglich dazu, dass die jährliche Bilanz der Stadtfinanzen verzerrt dargestellt wird. Denn die längst genutzten Gebäude verlieren wie jedes neu gekaufte Auto Jahr für Jahr an Wert. Nur dass diese Millionen nicht auftauchen, weil beispielsweise die Schule noch immer als im Bau befindlich eingestuft wird, obwohl die Kinder längst darin lernen und womöglich manchen Schaden hinterlassen. Das Revisionsamt taxiert den Betrag, der 2014 deswegen vom städtischen Ertrag fälschlicherweise nicht abgezogen wurde, auf 31,5 Millionen Euro.

Kämmerer Ernst Wolowicz ist verärgert

In der Kämmerei ist das Phänomen des Abrechnungsstaus längst bekannt. Im Jahresabschluss für 2014 ist die Summe falsch verbuchter Bauten aufgeführt, allerdings waren die fehlenden Abschreibungen nicht genannt. Das Revisionsamt erklärt nun, erstmals für volle Transparenz gesorgt und ein schnelleres Abarbeiten des Staus angemahnt zu haben. Die angeprangerten, nicht erfolgten Buchungen müssen von den Referaten selbst dezentral vorgenommen werden.

Obwohl die Kämmerei mehrmals gefordert habe, endlich den Berg abzuarbeiten, kann das Revisionsamt "keine nachhaltige Reduzierung des Abrechnungsstaus" feststellen. Das ärgert auch Kämmerer Ernst Wolowicz. "Mir wäre es wie dem Revisionsamt deutlich lieber, wenn die Buchungen möglichst schnell nachgeholt würden." Sonst leidet er weiterhin unter einem Phänomen, das jeden Kämmerer ächzen lässt: Er muss Jahr für Jahr eine schiefe Bilanz vorstellen.

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