Essen in Möbelhäusern:Isst du noch oder wohnst du schon?

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Die Küche im Kraftwerk ist das Lokal des Einrichtungshauses Kare. (Foto: Catherina Hess)
  • In den großen Möbelhäusern Münchens können die Kunden sich in hauseigenen Restaurants vom Shoppen erholen.
  • Die Kantinen sind inzwischen alles andere als Schnellrestaurants, in denen die Möbelkäufer schnell verpflegt werden sollen.
  • "Die Küche im Kraftwerk", die zur Möbelkette Kare gehört, hat sich sich gar zum Ausgehtipp entwickelt.

Von Andreas Schubert

Der Ausblick von der Terrasse ist spektakulär: Bei Föhn sind die Berge zum Greifen nah. Und wer hier, hoch über der Drygalski-Allee in Solln, einen Sonnenuntergang beobachtet, vergisst schnell, dass er eigentlich auf dem Dach eines Möbelhauses sitzt. Vergangenes Jahr ist die Möbelkette Kare in das ehemalige Heizkraftwerk in Solln eingezogen. Gleich miteröffnet hat das Restaurant "Die Küche im Kraftwerk" - ein Lokal, das nicht nur von Möbelkäufern besucht wird, sondern sich inzwischen zum Ausgehtipp außerhalb des Stadtzentrums entwickelt hat.

Kein Wunder: Das Lokal hat einen modernen und ansprechenden Stil, junges Personal und passt so zum extravaganten Konzept des gesamten Hauses. Und wem der Stuhl gefällt, auf dem sitzend er mittags gerade eine leckere Pasta mit Gorgonzola, Babyspinat und Tomate (7,90 Euro), sein Entrecôte mit Gemüsepüree und Rosmarinkartoffeln (19,90) oder andere Vor-, Haupt- oder Nachspeisen der relativ umfangreichen Karte gegessen hat - kann ihn auch gleich kaufen.

Es geht nicht ohne Restaurant

Ohne Gastronomie kommen Möbelhäuser nichts mehr aus. Wer sich bei den Möbelhändlern im Raum München ein bisschen umschaut, merkt schnell: Einfache Kantinen, in denen es nur darum geht, Kunden zwischen Sofakauf und Abtransport desselben satt zu kriegen, sind diese Lokale schon lange nicht mehr. Das Gegenteil ist der Fall, wie man im Restaurant im Kare sieht, das von den Wirten Gerald Fraidl und Stefan Scheib betrieben wird. 85 Plätze gibt es innen, noch mal so viele auf der großen Dachterrasse. Das Essensangebot, das vornehmlich aus regionalen Zutaten besteht, wechselt ständig. Um sich von der Masse abzuheben, haben die Macher sogar eine eigene Limonade entwickelt, die aus Kurkuma und Ingwer besteht und in einem Einmachglas serviert wird. "Abwechslung muss sein", sagt Gerald Fraidl, ein gelernter Koch.

Freilich ist nicht jedes Möbelhaus-Restaurant so stylisch wie die neue Küche im Kraftwerk. Fest steht aber: Die Möbelhäuser achten beim Essen auf Qualität. Wer glaubt, die Restaurants dort sind nur bessere Kantinen, in denen gelangweiltes Küchenpersonal den Gästen langweiliges Gulasch auf den Teller klatschen, täuscht sich. Sie sollen Aushängeschilder sein, in denen das Essen stimmt. Und wer hier mal einkehrt, stellt fest: So manches Restaurant mit höheren Preisen könnte sich in Sachen Qualität eine Scheibe abschneiden.

Klassiker und Eigenkreationen

"Vielfalt ist wichtig", betont auch Hans-Jürgen Stender, Restaurantleiter bei Segmüller in Parsdorf. Bei Segmüller setzen sich die Restaurantleiter der Filialen regelmäßig mit der Unternehmensleitung an einen Tisch und planen das künftige Angebot. "Der Stellenwert des Essens steigt", betont Stender. Deshalb stehen auch hier immer wieder neue saisonale Angebote auf der Karte, zur Erdbeersaison gibt es als Dessert eben Erdbeeren, im Herbst ist dann zum Beispiel wieder Schwammerlzeit.

Zu den festen Klassikern gehören zum Beispiel Schweineschnitzel (5,90) mit Pommes oder Kartoffelsalat oder Schweinebraten für 6,40. Dazu hat Segmüller eine eigene Salatkarte mit diversen Variationen wie Nizza-Salat (6,40), Chef- oder Bauernsalat (jeweils 6,90). Das Restaurant mit seinen 400 Plätzen ist mit hellen Fliesen eingerichtet, darauf orangefarbene Schalenstühle, die Kellnerinnen bedienen im Dirndl - ein bisschen bayerisches Wirtshaus, ein bisschen internationales Bistro.

Bei Segmüller wird im Dirndl bedient. (Foto: Stephan Rumpf)

Wert legt man hier auf die Eiskarte sowie auf die Produkte der hauseigenen Konditorei. Dazu hat das Unternehmen eigens einen speziell geformten, durchaus leckeren Bienenstich kreiert, auf den der Restaurantleiter stolz zu sein scheint. "Die Kunden sollen sagen, wenn du einen guten Bienenstich willst, dann musst du zu Segmüller", sagt Stender. Süßes muss also als Alleinstellungsmerkmal an einem Ort herhalten, an dem es sich sonst um Schlafzimmerschränke und Bücherregale dreht. Das wundert nicht. Denn für den Laien unterscheidet sich das Stamm-Sortiment der einzelnen Firmen nicht sonderlich, ob die Anbieter nun Segmüller heißen, Höffner in Freiham oder XXXLutz in Aschheim.

Auch Letzterer hat mit rund 400 Plätzen im Restaurant fast schon einen kulinarischen Großbetrieb integriert. Hier isst man zum Teil unter dem Glasdach des Hauses, vor allzu viel Sonne schützen große Schirme. Besonders beliebt sind die Sitze an der großen Panoramascheibe, die allerdings keinen Bergblick bietet, sondern Aussicht auf die Autobahn. Man fühlt sich ein bisschen wie in einem italienischen Autogrill, wo der Blick auf die Fahrbahn zum Programm gehört.

Die Speisekarte ist auch hier relativ umfangreich, die Gerichte sind von guter Qualität - und wie in allen Möbelhäusern ist für so gut wie jeden Geschmack etwas dabei. Hier gibt es von Montag bis Freitag ein wechselndes Tagesmenü für 6,50 Euro, das kann zum Beispiel gebackenes Gemüse als erster und ein Schweinerückensteak als zweiter Gang sein oder ein Salatteller mit Thunfisch als Haupt- und ein gefüllter Krapfen als Nachspeise. Der Klassiker auf der regulären Karte ist das panierte Schnitzel vom Schwein oder von der Pute für 6,90 Euro, dazu gibt es Pommes - eine durchaus üppige Mahlzeit.

Möbelkauf wird zur Nebensache

Wer es weniger magenfüllend mag, bekommt zum Beispiel für 7,90 Euro einen Cesar Salad mit Hähnchenbrustfilet. Ein normaler Salatteller vom Büffet kostet 3,90 Euro. Außerdem gibt es verschiedene Suppen und Fischgerichte sowie - als fleischlose Alternative - Penne mit Blattspinat für 6,90 Euro. Natürlich stehen auch Desserts auf der Karte, etwa ein Kaiserschmarrn mit Zwetschgenröster für 4,90 Euro. Die Portionen bei XXXLutz sind für Normalesser mehr als ausreichend. Wie die Konkurrenz bietet XXXLutz verschiedene Rabattaktionen im Lokal an. "Viele kommen extra zum Essen", erklärt Hausleiter Norbert Mederer. Und manchmal sei das Lokal richtig voll, gerade an Wochenenden.

Apropos voll: Wer über Restaurants in Möbelhäusern spricht, kommt natürlich an Ikea nicht vorbei. In den Häusern in Brunnthal oder Eching geht es an Wochenenden immer gut zu. Und die einfach und funktionell ausgestatteten Restaurants sind natürlich ebenso gut besucht. Es gibt hier spezielle Angebote für Kinder und wechselnde Gerichte. Und zu den weltweit bekannten Hackfleischbällchen Köttbullar (die man übrigens Schöttbullar ausspricht) haben sich vor kurzem die vegetatrischen Bällchen "Grönsakbullar" aus Erbsen, Karotten, Paprika, Mais und anderen Gemüsesorten gesellt. Auch hier geht man mit der Zeit, und auch hierher kommen Leute eigens zum Speisen vorbei, beim Möbel- und Accessoires-Schauen fällt einem dann schon irgendwas ein, was man daheim so brauchen könnte.

Bei Ikea sind Hotdogs beliebt. (Foto: Stephan Rumpf)

Solide Kost zu erschwinglichen Preisen

Sieht man davon ab, dass die Schwedentümelei auf der Speisekarte und die Ikea-Hotdogs in der Tat Geschmackssache sind, stellt man fest: Alle Möbelhäuser wissen offenbar: Die Liebe zum Einrichtungsdetail geht durch den Magen. Dazu muss man nicht auf Spitzenniveau kochen. Mit solider Kost zu einem erschwinglichen Preis ködert man weitaus mehr Kunden.

Da nimmt man es als Firma schon mal in Kauf, dass einige Besucher ab und zu illegalerweise noch Andenken an ein gelungenes Mittagessen mitnehmen: Die Salz- und Pfefferstreuer in Sesselform etwa, die bei XXXLutz auf den Tischen stehen, werden oft gestohlen, erzählt Norbert Mederer.

© SZ vom 04.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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