Ermordete Millionärin:Haftbefehl gegen Neffen

Als Zeuge verwickelt sich der 31-jährige Ex-Student in Widersprüche - er sollte womöglich das Vermögen erben.

Susi Wimmer

Nur 48 Stunden, nachdem die Münchner Mordkommission im Fall Böhringer ihre Ermittlungen aufgenommen hat, gibt es einen Tatverdächtigen: Bence T., der 31-jährige Neffe der Ermordeten, wurde am Donnerstagabend nach seiner Vernehmung als Zeuge festgenommen. "Der Beschuldigte hat sich in Widersprüche verstrickt", sagte am Freitag Josef Wilfling, Leiter der Mordkommission. In seiner Wohnung fand die Polizei zudem Schlüssel, die er nur nach der Tat aus der Wohnung von Charlotte Böhringer mitgenommen haben konnte. Am Nachmittag erließ der Ermittlungsrichter Haftbefehl gegen den in Starnberg lebenden Studenten. Der bestreitet bislang die Tat.

Böhringer

Charlotte Böhringer wurde ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden

(Foto: Foto: SZ)

Bence T. war der Lieblingsneffe von Charlotte Böhringer. Der 31-Jährige begleitete sie bei Geschäften, arbeitete zusammen mit seinem Bruder gelegentlich an der Tankstelle des Parkhauses Böhringer an der Baaderstraße - und wohnte in Starnberg an der Leutstettener Straße in einem gepflegten Mehrfamilienhaus, das seine Tante vor ein paar Jahren gekauft hatte. Die Geschäftsfrau plante, den 31-Jährigen als ihren Nachfolger einzuführen. Freunden zufolge soll er sogar als Erbe eingesetzt gewesen sein. Charlotte Böhringer habe immer wieder gesagt: "Gott sei Dank hab' ich ihn", erzählt Schauspielerin Elisabeth Wicki-Endriss. Und: "Sie hat ihn so geliebt."

Allerdings war der Lieblingsneffe jüngst in Ungnade gefallen. Er brach sein Jura-Studium ab, was der Tante missfiel. Es kam zum Zerwürfnis, in dessen Folge die Geschäftsfrau ihm Hausverbot erteilte und alle Schlüssel abnahm. Laut Polizei plante sie sogar, Bence T. zu enterben. Am Donnerstag war Bence T. von der Kripo zur Zeugenbefragung in die Ettstraße geladen worden. "Der Befragte hat sich zu den Ereignissen vor und nach dem Tatzeitpunkt sowie in der Beziehung zu der Toten vielfältig widersprochen", sagt Wilfling.

Stichhaltige Recherchen der Ermittler

Außerdem ließ er ein Alibi, das seine Verlobte ihm gegeben hatte, selbst in der Vernehmung platzen. Gegen 20 Uhr war für Bence T. der Auftritt als Zeuge beendet. "Wir haben ihm seine Rechte als Beschuldigter vorgelesen und er wurde festgenommen", so Staatsanwalt Martin Kronester. Mehrere Rechtsanwälte versuchten am Freitag noch, einen Haftbefehl zu verhindern - allerdings vergeblich. Die Recherchen der 15 Kriminaler aus der Ermittlungsgruppe "Parkhaus" waren stichhaltig genug.

"Wir haben den Tattag genau rekonstruiert", erzählt Wilfling. Einige Dutzend Zeugen wurden befragt, dann ergab sich folgendes Bild: Charlotte Böhringer war Mittagessen, traf sich mit ihrem Steuerberater und hatte am Nachmittag noch Besuch von einer Freundin. Ein Anwalt, der abends noch bei ihr vorbeischauen wollte, sagte die Verabredung ab. Um 18.15 Uhr führte die 59-Jährige noch "ein belangloses Telefonat mit einem Angestellten", wie Wilfling sagt. Dann brechen alle Kontakte ab.

Vermutlich hatte sich ihr Neffe für den Abend angekündigt. Die Geschäftsfrau, die über dem Parkhaus wohnte, muss dem 31-Jährigen die Türe geöffnet haben. Direkt im Eingangsbereich wurde sie mit einem schweren Gegenstand erschlagen "ob Gebrauchsgegenstand oder Waffe, wissen wir nicht", meint Wilfling. Schubläden im Büro wurden durchwühlt, ob ein Raubmord vorgetäuscht werden sollte oder ob der Täter tatsächlich etwas suchte, ist noch unklar. Ausgerechnet Bence T. ging dann am Dienstagabend mit einem Angestellten in das Penthouse, um die blutüberströmte Leiche seiner Tante zu finden.

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