Mord in Sendling:Wie die Mordkommission dem Täter auf die Spur kam

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Hat die Ermittlungen im Mordfall Kathrin M. geleitet: Markus Kraus.  (Foto: N/A)

Die Münchner Polizei hat den mutmaßlichen Mörder von Kathrin M. aus Obersendling festgenommen. Für die Ermittler bedeutet dies: Der Druck, der seit Wochen auf ihnen lastete, ist weg. Markus Kraus, Chef der Mordkommission, spricht im Interview über schwierige Ermittlungen.

Von Florian Fuchs

Die Polizei hat den mutmaßlichen Mörder festgenommen , der Kathrin M. mit 18 Messerstichen in Obersendling getötet haben soll. Er hat bereits gestanden. Für die Ermittler bedeutet dies: Der Druck ist weg. Markus Kraus, Chef der Münchner Mordkommission, hat die Sonderkommission "Aidenbach" und die Ermittlungen im Mordfall Kathrin M.

SZ: Können Sie drei Wochen nach der Tat nun das erste Mal wieder gut schlafen?

Markus Kraus: Es ist nicht so, dass man gar nicht mehr schlafen kann. Schließlich sind Mordermittlungen unser Beruf. Aber so ein Fall beschäftigt einen schon. Gerade, wenn man nicht weiß, ob es eine Beziehungstat war oder ob der Täter sein Opfer wahllos ausgesucht hat.

Wie läuft eine Ermittlung in einer Sonderkommission ab. Kann man während so eines Falls noch abschalten?

Jeder hat weiterhin sein Privatleben, aber natürlich nimmt man so etwas auch mit nach Hause. Gerade die erste Zeit nach der Tat ist anstrengend, weil man schnell möglichst viel Material sammeln muss. Der Täter könnte ja flüchtig sein, da ist jede schnelle Erkenntnis wichtig. Aber wenn es länger dauert, nützt es nichts, einzelne Ermittler Tag und Nacht durcharbeiten zu lassen. Man teilt also die Beamten in der Sonderkommission so ein, dass man auch am Wochenende gut besetzt ist, aber jeder seine Ruhephasen bekommt.

Der Täter kannte das Opfer gar nicht, die Ermittlungen waren also sehr kompliziert.

Wir haben im Wesentlichen in zwei Komplexen ermittelt. Einerseits mussten wir davon ausgehen, dass es eine Beziehungstat war, also haben wir uns das Umfeld des Opfers angeschaut: Arbeit, Fitnessstudio, Verwandte und Bekannte. Aber wir haben auch nie ausgeschlossen, dass wir es mit einem Zufallsopfer zu tun haben. Also haben wir sogenannte Modustäter-Recherchen gemacht: Gibt es Personen, die in der Vergangenheit ein auffälliges Verhalten gezeigt haben und für so eine Tat in Frage kommen? In diesem Bereich hatten wir ja schließlich auch den Treffer. Daneben liefen natürlich ständig die Ermittlungen in der Kriminaltechnik. Wir haben DNA sichergestellt und nun auch Spuren, die wir vor Gericht verwerten können. Das ist insgesamt eine akribische Arbeit, das braucht seine Zeit. Es nützt uns nichts, wenn wir nur auf schnelle Zwischenergebnisse aus sind. Deshalb ist es auch unsere Aufgabe, in so einem Fall Ruhe zu bewahren.

In der Öffentlichkeit kommt Hektik auf, wenn ein Mörder nicht schnell gefasst wird. Herrschte in der Mordkommission auch einmal Ratlosigkeit, ob man den Täter noch fasst?

In dem Zeitrahmen, in dem wir uns jetzt noch befunden haben, kommt keine Ratlosigkeit auf. Die Hoffnung verliert man sowieso nie. Man weiß als Mordermittler genau, dass es auch Jahre dauern kann, bis man einen Täter findet. Wir haben schon Altfälle geklärt, die 20 Jahre zurückliegen. Aber natürlich wollen wir einen Fall zeitnah klären, auch um dem Umfeld die Sorgen zu nehmen.

Und jetzt brauchen Sie erst einmal ein paar Tage Ruhe?

Nein. Nur im Fernsehkrimi ist die Arbeit beendet, wenn der Täter festgenommen ist. Wir müssen unser Material aufbereiten, so dass es vor Gericht standhält. Das dauert bis zu einem halben Jahr. Aber der Druck ist weg.

© SZ vom 26.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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