Zurück zur Logistik:Blockbuster für den Supermarkt

Die Verwaltung der Alpha Tonträger Vertriebs GmbH ist ins Erdinger Gewerbegebiet gezogen. Wie das Unternehmen auch im digitalen Zeitalter Geld mit Datenträgern zum Anfassen verdient

Von Veronika Wulf, Erding

Die Kisten sind inzwischen alle ausgepackt, nur im Flur stehen noch gerahmte Filmplakate am Boden und warten darauf, aufgehängt zu werden. Bereits im Oktober ist die 75-köpfige Verwaltung der Alpha Tonträger Vertriebs GmbH von Schwaig in die neue Zentrale im Gewerbegebiet des Erdinger Westens umgezogen. Damit sind Logistik und Verwaltung nach acht Jahren wieder vereint und Alpha zahlt seine komplette Gewerbesteuer in Erding. Vorher hatte die Firma zwei Sitze und zahlte einen Teil der Steuer an Oberding. Geschäftsführer Pierre Pfeiffer freut sich, dass beide Teile nun beieinander liegen. Schwaig sei von Anfang an nur eine Zwischenlösung gewesen, bis das Gebäude am Kletthamer Feld fertig sei.

Erst war ein 45 Meter hoher Büroturm geplant, dann sollten es 25 Meter werden, und am Ende kam etwas ganz Anderes dabei heraus: ein kubusförmiges, dreistöckiges Verwaltungsgebäude mit einer modernen Glasfassade, der lamellenartige, starre, Verschattungselemente vorgelagert sind. Von Juli 2015 bis September 2016 dauerten die Bauarbeiten. Das Familienunternehmen, zu dem auch die beiden Music-World-Läden in Erding gehören, hatte bereits 2006 mit einem schmucken Gebäude am Kletthamer Feld auf sich aufmerksam gemacht. Die vom Erdinger Architekturbüro AIP entworfene Logistikhalle mit der bläulich-schwarzen Glasfassade ist nicht nur preisgekrönt, sondern inzwischen auch ein fester optischer Bestandteil des Gewerbegebiets. Nun folgt von den gleichen Architekten das Verwaltungsgebäude, das sich in seiner Schlichtheit gut an die Logistikhalle anpasst und gleichzeitig einen eigenen Charakter zeigt. Knapp 17 000 Quadratmeter Raum wurden mit dem Gebäude umbaut, auf einer Bruttogrundfläche von rund 4 200 Quadratmetern. Die drei Stockwerke sind weitgehend symmetrisch um einen Innenhof gebaut, den man von der Cafeteria im Erdgeschoss betreten kann, und der bei warmen Temperaturen als Terrasse dient. Ein gläserner Durchgang verbindet das neue Verwaltungsgebäude mit dem bestehenden Logistikzentrum. In dem Gang stehen lebensgroße Filmfiguren: Indiana Jones, ein Klonkrieger aus Star Wars, neben dem dicken Kung Fu Panda, der zusammen mit dem glubschäugigen Dobby aus "Harry Potter" die Tür zum Parkplatz flankiert.

Wie viel der Neubau gekostet hat, möchte Pierre Pfeiffer, der die Geschäftsführung der Tonträger GmbH vor sechs Jahren von seinem Vater Michael Pfeiffer übernommen hat, nicht sagen. Generell rückt er sich und sein Unternehmen nicht gern in den öffentlichen Mittelpunkt. Deshalb ist vielen Erdingern nicht ganz klar, womit die Alpha GmbH eigentlich ihr Geld verdient, obwohl das Unternehmen circa 500 Mitarbeiter beschäftigt. "Manche denken immer noch, wir würden CDs pressen", sagt Pfeiffer. Dass das Unternehmen "Deutschlands größter Rackjobber für Entertainment" ist, wie es auf der Webseite steht, erklärt sich schließlich nicht von selbst. Kurz gesagt: Alpha ist dafür zuständig, dass der Familienvater auf dem Weg zur Wursttheke bei Edeka die Harry-Potter-DVD mitnimmt.

Das Unternehmen vertreibt CDs, DVDs, Blurays, PC-Software, Konsolenspiele sowie Hardware und Zubehör für Playstation und X-Box. Eine Spedition bringt die Waren, die von großen Produzenten wie Sony und 20th Century Fox kommen, nach Erding, wo sie sortiert und den Wünschen der Kunden entsprechend neu verpackt, beklebt oder mit Warensicherungen ausgestattet werden. Anschließend liefert die Spedition sie innerhalb von 24 Stunden zu Läden in ganz Deutschland aus. Dort bauen sie Alpha-Mitarbeiter auf, gut 200 der 500 Mitarbeiter des Unternehmens sind in diesem Außendienst fest angestellt. Sie bauen Regale, Aufsteller und Pappschilder auf, bestücken sie mit den Waren und bestellen nach.

Zurück zur Logistik: Pierre Pfeiffer, Geschäftsführer der Alpha Tonträger GmbH

Pierre Pfeiffer, Geschäftsführer der Alpha Tonträger GmbH

(Foto: Renate Schmidt)

1 600 Verbraucher- und Elektrofachmärkte beliefert Alpha, darunter Edeka, Kaufhof, Real und Euronics. Dazu kommen aktionsweise weitere Läden. Gerade in Supermärkten werde der Service nachgefragt, da dort fachkundiges Personal gekürzt werde, sagt Pfeiffer. Und die Supermärkte hätten noch einen Vorteil: "Die Kundschaft ist sowieso schon drin, um Mittel des täglichen Bedarfs zu kaufen", sagt er. "Man muss sie nur noch mit interessanten Produkten und guten Preisen stoppen." Deshalb nimmt Alpha weniger Arthaus-Filme und Heavy-Metal-Musik in ihr Angebot auf, sondern hauptsächlich Filme und CDs, die ein breites Publikum ansprechen. Das sind vor allem Familienfilme wie Animationsfilme und deutsche Kassenschlager à la "Fuck you Goethe", aber auch Hollywood-Blockbuster und Titel wie "Fifty Shades of Gray". Bei den CDs ist es ähnlich: Möglichst viel Mainstream. "Alles, was deutsch ist, geht sehr gut, Helene Fischer, Roland Kaiser und die Amigos, aber auch Chartware wie Cro für die Jüngeren", sagt Pfeiffer. Die Hauptzielgruppe von Alpha sind die sogenannten "Best-Ager", also 40 plus.

Die Titel und Alben wählen die Mitarbeiter im ersten Stock des neuen Gebäudes aus, wo auch Einkauf und Marketing arbeiten. Ein Stock drüber sitzen der Vertrieb und die Geschäftsleitung. Geschäftsführer sind neben Pfeiffer Dieter Deinert, der für die Logistik und den kaufmännischen Bereich zuständig ist, und Rainer Laufs, der sich um den Vertrieb kümmert. Auch Pfeiffers Büro ist im zweiten Stock, das Sonnenlicht fällt durch die Lamellen auf Ledersessel und Holzmöbel. Fotos zeigen Pfeiffer mit seiner Familie, Pfeiffer mit Helene Fischer, Pfeiffer mit Andrea Berg. Die Stars, deren Platten er vertreibt, trifft er ab und zu bei Events. Doch er will nicht damit angeben, deshalb hängen die Fotos nicht im Flur, wie die Firmenauszeichnungen.

Seit 45 Jahren vertreibt Alpha Tonträger. Früher waren das noch Kassetten und Schallplatten. Letztere sind jüngst wieder in Mode gekommen, was ihren Anteil bei Alpha auf fünf Prozent verdoppelt hat. Die letzte Kassette vertrieb Alpha schon vor sechs Jahren. "Das war ein Kinderhörspiel", sagt Pfeiffer, "Musikkassetten haben wir schon länger nicht mehr."

Nicht nur Kassetten muten heute antiquiert an. Wie kann man im Zeitalter von Netflix und Spotify noch mit CDs und DVDs Geld verdienen? "Es ist nicht mehr so einfach wie vor zehn Jahren", gesteht Pfeiffer. Früher habe es etwa 15 solche Unternehmen in Deutschland gegeben, jetzt seien es noch drei, davon sei Alpha das größte. Früher waren 70 Prozent der Produkte, die Alpha vertrieben hat, CDs. Davon sei noch etwa ein Drittel übrig. Dass das Familienunternehmen trotzdem keine herben Umsatzeinbußen hatte, liege daran, dass Games dafür beliebter werden. Außerdem versorgen die Mitarbeiter nun auch andere Regale in den Läden, mit Handy-Taschen zum Beispiel, und PC-Zubehör. "Man muss die Sortimentanteile verändern," sagt Pfeiffer. Die Bildtonträger seien trotz Digitalisierung relativ stabil geblieben. "DVDs werden bei uns zwar weniger, Blurays dafür mehr." Trotz Internet schaut Pfeiffer selbst gerne DVDs oder Blurays. Für ihn seien das Sammelobjekte. "Ich bin damit aufgewachsen und habe beruflich einen engeren Bezug dazu", sagt er. Nur wenn es schnell gehen müsse, werde auch mal gestreamt.

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