Wörth:Erfolg mit Präzision und sozialem Engagement

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Das Hightech-Unternehmen Gewo aus Hörlkofen ist wegen seines Einsatzes für die Mitarbeiter und der Ausbildungsqualität ausgezeichnet worden. Das Unternehmen zählt zu den wachstumsstärksten in Bayern - und hat einen noblen Kundenstamm

Von Thomas Daller, Wörth

Es war eine wissenschaftliche Sensation, als man 2010 entdeckte, dass für einen winzigen Zeitraum Antimaterie bei der Entladung von Blitzen in Gewitterwolken entsteht. Herausgefunden hat man das mit Fermi, einem Satelliten im Orbit, der eigentlich die Gammastrahlen-Schauer untersuchen soll, die etwa einmal tägliche auf die Erde herunterprasseln. Und das stärkste Stück von Fermi, der Titanrahmen, der alles zusammenhält, ist ein Stück Präzisionsarbeit aus Bayern: gefertigt in Hörlkofen im Auftrag der NASA.

Das ist die Liga, in der die Gewo-Feinmechanik spielt, nicht allein bei der Luft- und Raumfahrt, sondern auch bei medizinischen Geräten und Werkstücken für die Halbleitertechnik. Zu ihren Kunden zählen beispielsweise Infineon, MAN, Agfa Health Care sowie das Max-Planck-Institut. Gewo ist benannt nach dem Firmenchef Georg Woitzig, der das Unternehmen mit derzeit 280 Mitarbeitern 1981 als Ein-Mann-Betrieb gegründet hat. "Eigentlich Zwei-Mann", korrigiert Seniorchefin Marianne Woitzig. "Ich war von Anfang an dabei." Sie und ihre beiden Söhne Stefan und Andreas leiten nunmehr die Geschicke der Firma, nachdem sich Georg Woitzig im vergangenen Jahr offiziell aus der Firmenspitze zurückgezogen hat. Er ist zwar noch immer dabei, wenn es um grundlegende Entscheidungen geht, aber firmenpolitisch wollte man den Generationswechsel nicht auf die lange Bank schieben.

Marianne Woitzig im Gespräch mit Bernhard Loidl, der an einem Prototypen arbeitet. (Foto: Renate Schmidt)

Firmenpolitisch hat man bei Gewo bislang alles richtig gemacht, wenn man die Ergebnisse betrachtet. So hat Gewo im vergangenen Jahr die Auszeichnung "Bayerns Best 50" erhalten, mit denen das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft die 50 wachstumsstärksten Unternehmen im Freistaat ehrt. Und vor wenigen Tagen wurde Gewo auch noch vom Wirtschaftsverband "Die Familienunternehmer" als sozialstes Unternehmen Bayerns ausgezeichnet. "Das Unternehmen", heißt es in der Laudatio, "sticht vor allem durch seine starke Mitarbeiterbindung hervor: Zahlreiche soziale Angebote wie Massagen, Sportkurse, Obsttage und Fahrradtouren für die Belegschaft führen zu einem hervorragenden Betriebsklima." Seit etwa sieben oder acht Jahren hat man bei Gewo mit dem Firmensport begonnen; Jogging- und Walking-Gruppen bildeten den Auftakt, wobei man auch auf die Unterstützung der Krankenkassen zählen konnte. Derzeit sind auch Tai-Chi und Qui Gong im Angebot; "die laufen am besten", sagt Marianne Woitzig. Hinzu kommt noch Bogenschießen in Zusammenarbeit mit dem Hörlkofener Schützenverein.

Vor allem aber beeindruckte die Jury die sorgfältige und verantwortungsbewusste Ausbildung, Weiterbildung und Führung der Mitarbeiter. Seit 2007 wurden bis auf wenige Ausnahmen alle Auszubildenden übernommen. Hohen bürokratischen Hürden zum Trotz bekam heuer auch ein junger Asylbewerber aus dem Senegal dort eine Chance auf eine berufliche Zukunft. "Die vorbildliche und ungewöhnlich hohe Ausbildungsquote zeigt, dass sich Gewo seiner sozialen Verantwortung als Arbeitgeber stellt und mit dieser Investition in die Mitarbeiter auch die Zukunft ihrer Arbeitsplätze sichert", sagte der Jury-Sprecher Walter Schmidt.

Diese hohe Ausbildungsquote von bis zu 17 Lehrlingen pro Jahr in vier Ausbildungsberufen ist jedoch nicht ganz uneigennützig, wie Marianne Woitzig erklärt: Das Unternehmen sei so hochspezialisiert, dass man Feinmechaniker, die man aus anderen Betrieben übernimmt, etwa ein Jahr lang weiterhin schulen müsse, damit sie bei Gewo anspruchsvolle Aufgaben eigenständig übernehmen könnten. Da bilde man sie lieber gleich selbst aus. Mit entsprechendem Erfolg: Bei der jüngsten Abschlussprüfung der Handwerkskammer von München und Oberbayern erreichten von 49 Feinmechanikerabsolventen fünf Auszubildende der Firma Gewo die besten Platzierungen.

Während viele feinmechanische Firmen in der Serienfertigung mit hohen Stückzahlen tätig sind, dreht und fräst man bei Gewo Spezialteile, bei denen ein Werkstück auch mal wochenlang bearbeitet wird. Das Projekt für die Nasa hat sogar ein ganzes Jahr gedauert. "Wir sind ein reiner Zulieferer", sagt Marianne Woitzig. "Unsere eigenen Produkte machen nur etwa fünf Prozent vom Umsatz aus. Wir bauen Komponenten und Einzelteile für den Endkunden, die in der Regel mit einer Zeichnung zu uns kommen, die wir dann realisieren." Eine starke Nachfrage herrsche auch nach der Reinraumtechnik, die eine Spezialität der Firma ist. In diesem Räumen werden Bauteile mit Mikroskopen überprüft und die Mitarbeiter tragen spezielle Schutzanzüge und -hauben, damit keine Haare und keine Kleidungsflusen den Arbeitsplatz kontaminiert.

Die Gewo-Feinmechanik GmbH stellt unter anderem Werkstücke für die Halbleitertehnik her. (Foto: Renate Schmidt)

Gewo besteht aus zwei benachbarten Standorten, einem Werksgelände mit 25 000 Quadratmetern und einem mit 6700. Die Produktionsflächen sind 9500 und 8700 Quadratmeter groß. In den Hallen reihen sich CNC-Dreh- und Fräsmaschinen aneinander. Konventionelle Drehmaschinen findet man auch noch, aber überwiegend in der Lehrwerkstatt. In jedem Werk befinden sich eigene Messräume, die der Qualitätskontrolle dienen. Dort ist es auch im Sommer angenehm temperiert, weil die Messtemperatur bei 20 Grad liegt. Das ist insofern wichtig, weil die Werkstücke mit einer Genauigkeit gefertigt werden, die im Bereich von Tausendstel Millimeter liegen. Hitze oder Kälte könnte zu einem Ausdehnen oder Zusammenziehen des Werkstücks führen, was die Messergebnisse verfälschen könnte. Als Materialien kommen insbesondere Aluminium und Edelstähle zum Einsatz, aber auch Mu-Metalle, die niederfrequente Magnetfelder abschirmen können. Das ist im Halbleiterbau oft erforderlich. Aber auch für medizinische Geräte, die man beispielsweise für Augenoperationen benötigt, werden in Hörlkofen die Bauteile gefertigt.

Das Fotografieren solcher Bauteile ist in der Regel nicht erlaubt, weil man bei Gewo die Konstruktionen der Auftraggeber vor Neugierigen schützen muss. Es handelt sich schließlich meist um Innovationen, deren Entwicklung viel Geld gekostet hat. Aber es gibt ein paar anschauliche Ausstellungsstücke im Empfangsbereich für Besucher, die für Aufnahmen freigegeben sind.

Natürlich liegt in den großen Werken, in denen man sich fast verlaufen kann, das Hauptaugenmerk auf guter Arbeit. Dennoch kommt man auch an Inseln vorbei, wo man entspannen kann. Bei den Konstruktionsbüros ist beispielsweise ein Entspannungsraum mit Relaxliegen um die Ecke und die Kantine für die Belegschaft hat ein sehr gelungenes Ambiente mitsamt einer schönen Dachterrasse. Man merkt, dass die Woitziks Wert darauf legen, dass sich ihre Mitarbeiter wohlfühlen.

Entspannen können die Mitarbeiter im Relaxbereich (Foto: Renate Schmidt)

Dabei ist es mehr oder weniger einem beruflichen Zufall zu verdanken, dass Georg Woitzig das Unternehmen aufgebaut hat, anstelle weiterhin bei Siemens zu arbeiten. Als er nämlich Anfang der 1980er seine Meisterprüfung abgelegt hatte, hätte er üblicherweise zum Abteilungsleiter befördert werden sollen. Sein damaliger Chef gab ihm jedoch mit Bedauern zu verstehen, dass wohl auf absehbare Zeit keine entsprechende Stelle frei werden würde. Er machte ihm jedoch den Vorschlag, sich selbständig zu machen und Zulieferteile für Siemens zu produzieren. Aufträge hätte man genug. Georg Woitzig packte die Gelegenheit beim Schopf und so begann die Erfolgsgeschichte des Unternehmens, das nun zu den 50 wachstumsstärksten in Bayern zählt.

© SZ vom 11.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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