Wirtschaftsempfang in Erding:"Gigantische Herausforderungen"

Wirtschaftsempfang in Erding: Angelika Niebler.

Angelika Niebler.

(Foto: Christian Endt)

CSU-Europaabgeordnete Angelika Niebler moniert bei der Mittelstandsunion die zahlreichen Schwierigkeiten in der EU, für die es keine schnellen und einfachen Lösungen gebe

Von Philipp Schmidt, Erding

Eine schonungsloses Bild zur derzeit prekären Lage der Europäischen Union (EU) hat am Donnerstag Angelika Niebler (CSU) beim Wirtschaftsempfang der CSU-Mittelstandsunion (MU) Erding und Ebersberg in der Brauereigaststätte "Erdinger Weissbräu" gezeichnet: "Die Zeiten waren noch nie so bewegend und mit derart gigantischen Herausforderungen verbunden wie jetzt. Die Lage ist schwierig, da dürfen wir nicht blauäugig sein und uns nicht in die Tasche lügen", sagte die Europaabgeordnete. "Bei allen Problemen in Europa dürfen aber die Interessen des Mittelstands als Innovationsmotor auch in unserer Region nicht aus den Augen verloren werden", fügte der Erdinger MU-Vorsitzende Martin Greimel an, der von der EU bessere Rahmenbedingungen und Fortschritte beim Bürokratieabbau und der IT-Sicherheit forderte. Niebler räumte ein, dass für Unternehmer derzeit neue Gefahren lauern, weil beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) aufgrund von Klagen derzeit geltende Gebührenordnungen etwa der Architekten und Steuerberater auf dem Prüfstand stehen. Nach einer Entscheidung des EuGH zum Arzneimittelhandel fürchten auch Apotheker einen ruinösen Preiswettbewerb mit der Konkurrenz via Internethandel: "Wir müssen da massiv dagegen halten, um unsere bewährten Strukturen zu erhalten", sagte die Vorsitzende der CSU-Europagruppe, die mit fünf Europaabgeordneten die CSU im Europaparlament vertritt. Die Liste der weiteren Herausforderungen der EU ist derzeit lange: Flüchtlingskrise, Terrorgefahr, Brexit, die Auswirkungen der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, Digitalisierung, Globalisierung, sowie brisante Entwicklungen in der Türkei und der Ukraine und konjunkturelle Probleme etwa in Spanien, Portugal, Griechenland, Italien, Irland und nun auch noch die jüngsten Schwierigkeiten beim Abschluss des Freihandelsabkommen "Ceta" mit Kanada: "Es ist bedrückend, weil es keine einfachen und schnellen Lösungen gibt und wir wie jetzt bei Ceta nichts mehr auf die Reihe kriegen."

Nervös mache die Politikerin auch die drohende neue Migrationswelle, die bald aus Afrika nach Europa schwappen könnte: "Wir haben zwar die Kontrolle der EU-Außengrenzen massiv verstärkt, die Balkanroute geschlossen und das Abkommen mit der Türkei auf den Weg gebracht - aber es ist ein Wahnsinn, was da aus Afrika auf uns zu kommen könnte. Wir müssen in diesen Ländern Perspektiven schaffen und auch die Riesenherausforderungen durch Terrorismus meistern und europäische Lösungen finden, denn sonst könnten wir bald neue Flüchtlingsprobleme auch in Bayern bekommen."

Das EU-Abkommen mit der Türkei sei noch nicht unter Dach und Fach, die von der Türkei geforderte Visa-Liberalisierung sehe die CSU kritisch und ein Beitritt der Türkei zur EU sei derzeit für die CSU "kein Thema". Die EU sei 2015 von den massiven Flüchtlingsströmen vor allem auf der inzwischen geschlossenen Balkanroute überrascht worden. Nach wie vor sei keine gemeinsame Flüchtlingspolitik der Mitgliedstaaten in Sicht. Vor allem EU-Länder aus Osteuropa sträuben sich nach wie vor gegen die Aufnahme von Asylsuchenden. Niebler forderte mehr Solidarität bei der Umsetzung einer gemeinsamen europäischen Flüchtlingspolitik, die mit der Androhung von Kürzungen bei der Vergabe von EU-Fördergeldern mit Nachdruck eingefordert werden könnte: "Wir sind bei der europäischen Lösung der Flüchtlingsfrage zwar weiter als noch vor einem Jahr, aber wir haben das Problem noch lange nicht im Griff."

Ein weiteres "Schockerlebnis" sei für Niebler das mehrheitliche Votum in Großbritannien (GB) für den Austritt aus der EU beim Referendum im Juni gewesen: Sie könne sich nicht vorstellen, dass der "Brexit" eine Erfolgsgeschichte werde, doch müssten nun in harten Gesprächen Grundlagen für eine weitere Zusammenarbeit mit der EU gefunden werden, wobei die Britten nicht auf ein "Rosinenpicken" hoffen sollten. Nicht mit Ruhm bekleckert habe sich die EU beim seit sieben Jahren mit Kanada ausgehandelten Freihandelsabkommen "Ceta", das ursprünglich am Donnerstag unterschrieben werden sollte aber wegen dem Veto der wallonischen Regionalregierung in Belgien zunächst noch verzögert wurde: "Ceta wäre ein Superabkommen und ein gutes Signal. Ich hoffe, dass dieses Freihandelsabkommen mit Kanada doch noch zustande kommt und Europa noch etwas zustande bringt. So kann es nicht mehr weiter laufen."

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