Windkraft in Erding:Tiefschläge aus dem Kabinett

Windenergie

Dass in Erding bald solche Windräder stehen, ist unwahrscheinlich

(Foto: Armin Weigel/dpa)

Das war's dann Erding: Wer nicht am nächsten Tag für seine Windkraftpläne die Bagger anrücken lassen kann, ist aus dem Spiel.

Von Wolfgang Schmidt

Zwei Jahre waren die Gemeinden des Landkreises drauf und dran, die Windkraft zu bündeln und dadurch die Energiewende auch im Erdinger Land voranzutreiben. Getrotzt hatte man im Schwachwindgebiet auch allen anderen Faktoren, die dagegen standen, ob das nun Flughäfen, Funkfeuer oder Weißstörche waren. Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) gab noch den Optimisten, als aus der Münchner Staatskanzlei sich schon das Tief namens Horst ankündigte, mit dessen Einzug sich die Abstände zwischen Rotor und Wohnbebauung auf das Zehnfache der Windradhöhe erhöhen sollten. Das war Gift für den Landkreis, doch der Landrat konnte sich vor ein paar Wochen zumindest offiziell nicht vorstellen, dass durch ein nachträglich beschlossenes Gesetz aus der gepuschten Windkraft nur ein laues Lüftchen werden könnte.

Jetzt hat Ministerpräsident Seehofer ein Zeichen gesetzt, das von den Landkreispolitikern selbst mit geschlossenen Augen nicht mehr übersehen werden kann. "Stichtag" heißt die verhängnisvolle Vokabel, die das bayerische Kabinett am Montag in München beschlossen hat. Der in Kürze auch konkret terminierte "Stichtag" bedeutet, wer planerisch nicht schon so weit ist, dass am nächsten Tag die Bagger anrücken können, genießt keinen "Vertrauensschutz" mehr. Vulgo: Der darf seine Windkraftpläne komplett in die Tonne treten. Vom Auffahren der Baumaschinen ist der Landkreis so weit entfernt wie die Erde vom Mond.

Irgendwie scheint Hans Wiesmaier den Braten schon ein paar Tage früher gerochen zu haben. Der CSU-Mann ist nicht nur der Fraunberger Bürgermeister, sondern im Landkreis auch der Vorsitzende des Gemeindetags, also der Sprecher der Bürgermeister. Ursprünglich sollte bis Mitte Februar der Billigungsbeschluss zum gemeinsamen Teilflächennutzungsplan Windkraft endgültig gefasst sein, damit das Thema nicht in die nächste Legislatur mit hineingezogen wird. Doch nach den Tönen aus der Staatskanzlei war man den Verlautbarungen zum Trotz doch vorsichtig geworden. In einem Schreiben an seine Kollegen empfahl Wiesmaier deshalb, das Thema Windkraft wenn möglich zurückzustellen. Den Gemeinden, die den Komplex unbedingt behandeln wollen, empfiehlt er sinngemäß den Zusatz, dieser Beschluss gelte nur so lange, wie die bisherige Rechtslage Bestand hat. Es wird im Januar genau zu diesem Thema auch noch eine Bürgermeisterbesprechung geben. Dort soll darüber geredet werden, wie man weiter eine gemeinsame Linie verfolgen kann, schließlich haben das Konzept ja alle 26 Landkreiskommunen mitgetragen.

"Die Untersuchungen gehen weiter"

Die neue Ausgangslage bedeutet für Wiesmaier aber immer noch nicht, dass der Landkreis Erding die Windenergie Knall auf Fall abschreiben wird: "Die Untersuchungen gehen weiter," sagt er trotzig. Dafür sei schließlich die Energievision Landkreis Erding Projektentwicklungs (EVE) GmbH gegründet worden. Die EVE soll jetzt unter anderem nach Standorten suchen, die auch bei einem Seehofer-Abstand wirtschaftlich zu betreiben sind. Denn das Schlupfloch, dass kleinere Windräder eventuell doch gebaut werden könnten, ist für Erding als Schwachwindgebiet kein Ausweg.

Alle Untersuchungen sollten in einem Rahmen stattfinden, "dass man nicht 100 000 Euro in die Hand nehmen muss", sagt Wiesmaier. Kurzum: Man werde an der "bisherigen pragmatischen Vorgehensweise" festhalten und deshalb sei auch der gemeinsame Teilflächennutzungsplan Windkraft - was immer da auch sonst noch kommen mag - nicht umsonst gewesen. Schließlich habe der Landkreis dadurch nach Wiesmaiers Logik zwei Jahre Zeit gewonnen und "nicht vorschnell Löcher gebohrt wie andere, die die jetzt wieder zuschütten müssen". Auf keinen Fall aber, sagt Wiesmaier, wolle man sich in ein wirtschaftliches Abenteuer stürzen, was auch für jedwede Form einer Bürgerbeteiligung gelte.

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