Wetterradaranlage in Schnaupping:Wolkenguckerheim

In Schnaupping bei Isen feiert man Richtfest für eine der modernsten Wetterradaranlagen Europas.

Thomas Daller

Unverkennbar thront der Schnauppinger Forst auf der Anhöhe des Isener Hügellandes mit dem schlanken Turm des Flugsicherungsradars, der weit über die Wipfel der Fichten hinausragt. Nun hat der Turm einen Nachbarn bekommen - nicht ganz so hoch, aber mit 45 Metern ebenfalls einen, der die Bäume überragt: Der Deutsche Wetterdienst hat am Donnerstag Richtfest für die Schnauppinger Wetterradaranlage gefeiert. Der Turm soll im nächsten Frühjahr fertiggestellt werden und drei Monate später in Betrieb gehen. Die Anlage ist dann nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes Bestandteil des modernsten Wetterradarverbundes Europas. Die erste Generation dieser Wetterradaranlagen wurde nach dem berüchtigten Münchner Hagelsturm vom 12. Juli 1984 errichtet, bei dem mehr als 200 000 Fahrzeuge und 70 000 Gebäude beschädigt wurden. Diese ersten Radaranlagen konnten jedoch lediglich Aufschluss über die Intensität, die Höhe, Entfernung und Zugrichtung eines Niederschlags geben. Neue Anlagen wie in Schnaupping können Niederschlagsteilchen noch in der Wolke als Regen, Schnee, Hagel oder Graupel identifizieren. Das Wetterradar mit Doppler-Dual-Polarisationstechnik kann auch Störsignale wie zum Beispiel Windkraftanlagen besser herausfiltern. Beim Richtfest unterstrich Regierungsdirektor Volker Wünsche vom Deutschen Wetterdienst in München die Bedeutung dieses Wetterradarverbundes für den Hochwasserschutz, das Feuerwehrwetterinformationssystem, die Flugsicherung und den Katastrophenschutz. Darüber hinaus helfen diese Daten auch bei der Bemessung wasserwirtschaftlicher Bauwerke wie Regenrückhaltebecken, Dämme, Deiche und Stadtentwässerungssysteme. Bisher hatte der Deutsche Wetterdienst 16 Radaranlagen, um das gesamte Bundesgebiet abzudecken, im Zuge der Technikumstellung werden es 17. Denn aus dem bisherigen Standort München-Fürholzen hat man zwei neue gemacht: Hinzugekommen sind Memmingen und Schnaupping. Mit dieser Aufteilung kann man nun auch den Bereich des Berchtesgadener Landes abdecken, der bisher noch ein "weißer Fleck" im Wetterradarverbund war. Der neue Radarturm hat zugleich gute Sicht auf den Raum nordwestlich des Flughafens München. Der Deutsche Wetterdienst investiert in die Erneuerung seines Wetterradarverbunds insgesamt 29 Millionen Euro. Auf den Standort Schnaupping entfallen davon rund 800 000 Euro für das Niederschlagsradar sowie rund zwei Millionen Euro für den Turm. Die Turmkonstruktion setzt sich zusammen aus einem Technikraum im Fuß des Turms, dem Turmschaft mit einem Aufzug und umlaufender Wendeltreppe sowie dem Betriebsraum, der "Turmstube", am Kopf des Turms. Oberhalb des Betriebsraums befindet sich die Radarkuppel, auch Radom genannt, das aus den englischen Wörtern radar und dome zusammengesetzt ist. Die Wetterradaranlage Schnaupping wird nach ihrer Installation mit einer Spitzenleistung am Senderausgang von zweimal 250 Kilowatt betrieben. In Turmhöhe gilt dabei ein Sicherheitsabstand von knapp 300 Metern. Das bedeutet, dass innerhalb dieses Radius in 45 Metern Höhe zum Beispiel kein Kranführer arbeiten darf, ohne dass das Radar abgeschaltet ist. Am Boden bestehe hingegen keine Gefahr, da der vertikale Sicherheitsabstand knapp einen Meter beträgt. "Der Radarstrahl ist immer auf die Atmosphäre gerichtet", sagte Projektleiterin Sybille Schumann, er strahle nicht auf die Geländeoberfläche.

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