Werbung an Schulen:Eigentlich verboten

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Auch in Erding versuchen Unternehmen, mit ihren Produkten in die Schulen zu gelangen und so Werbung zu machen. Manchmal gelingt das auch - und manche Lehrer sehen das nicht immer als Problem

Von Mathias Weber, Erding

Die Ornua Deutschland GmbH hat es geschafft: Am vergangenen Donnerstag konnte die Firma Hunderten Schülern am Korbinian-Aigner-Gymnasium (KAG) - von der fünften Klasse bis zur Oberstufe - ihr bekanntestes Produkt präsentieren, die Butter der Marke Kerrygold. Das Unternehmen ist als Sponsor aufgetreten: Mit einem geringen dreistelligen Betrag hat Ornua die Aktion "Gesundes Pausenbrot" des KAG unterstützt. Es ist eine sinnvolle Aktion: Alle zwei Wochen greifen Unterstufenschüler des Erdinger Korbinian-Aigner-Gymnasiums (KAG) zu Vollkornbrot, Gemüse und Käse und stellen kleine Snacks zusammen - Wraps, belegte Brote, Energiebällchen. Alle Schüler des KAGs können die Snacks dann in der Pause kaufen, für eher symbolische 50 Cent. Das ist lecker, gesund, und die Schüler lernen etwas über Ernährung. Die zuständigen Lehrer sind über Sponsoren froh; der Supermarkt Feneberg hat schon Geld gespendet, und eben auch das Unternehmen Ornua, das über eine externe Agentur eine eigene Initiative für gesundes Pausenessen (die auch "Gesundes Pausenbrot" heißt). Die Agentur verschickt neben Geld auch T-Shirts an die Schulen, auf denen das Kerrygold-Logo abgedruckt ist. Die Kinder am KAG haben diese T-Shirts bei der letzten Brotschmier-Aktion auch getragen - statt den normalen Schürzen. Von den Lehrern hat sich daran niemand gestört. Kommerzielle Werbung ist an bayerischen Schulen verboten - das steht im bayerischen Unterrichtsgesetz.

Allerdings, sagt Andrea Hafner, die stellvertretende Rektorin am KAG, versuchten Unternehmen immer mehr, ihre Produkte im Schul-Umfeld zu platzieren. "Seit 15, 20 Jahren wird das immer schlimmer", sagt sie. Genau darum sei es wichtig, sagt Gudrun Abraham, die stellvertretende Schulleiterin am Anne-Frank-Gymnasium, dass die Schüler von heute einen kommerzfreien Raum hätten. Und wenn Unternehmen an die Schulen heranträten, so Abraham, müsse sich die Schulleitung fragen: "Inwiefern kann man die Aktion rechtfertigen?" Gerade die Gymnasien haben allerdings einen gewissen Spielraum - den das KAG auch ausnutzt. In der Schulordnung heißt es: "Wird durch erhebliche Zuwendungen Dritter die Schule bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützt oder die Herstellung oder Anschaffung für Erziehung und Unterricht förderlicher Gegenstände ermöglicht, so kann auf Antrag des Dritten hierauf in geeigneter Weise hingewiesen werden." Zum Beispiel bei einem Defibrillator: Amadeus hat dem KAG und dem Anne-Frank-Gymnasium je ein Gerät gesponsort. Und eine Erdinger Bank gibt Geld für die digitalen Schwarzen Bretter in der Aula. Eine Hinweis auf diese Unternehmen wäre erlaubt. Allerdings wird in solchen Fällen auch das Landratsamt als Sachaufwandsträger der Gymnasien um Stellungnahme gebeten. Für die anderen Staatlichen Schulen wie zum Beispiel Grundschulen sind die Vorschriften härter. Für sie gilt die allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern, wie das Schulamt Erding mitteilt. Darin heißt es, dass Werbung im Einzelfall unter strengen Auflagen erlaubt ist, und Sponsoring- und Werbemaßnahmen deutlich zu kennzeichnen sind.

Und im Kerrygold-Fall? Co-Rektorin Hafner findet die Aktion "unproblematisch." Sie empfindet die Logos in der Aula "nicht als Werbekampagne." Barbara Winkler, die Vorsitzende des Elternbeirats am KAG, stimmt Hafner zu: "Den Kindern sind die Logos vollkommen egal", sagt sie. "In dem Alter denkt man an ganz andere Dinge." Gudrun Abraham vom AFG will sich zwar nicht zum speziellen Fall äußern, Schüler aber "als Werbeträger zu verwenden, geht zu weit", sagt sie, und weiß doch nicht so recht, wie man mit Sponsoring zum Beispiel im Sport-Umfeld umgehen soll; wenn eine Erdinger Bank zum Beispiel neue Trikots spendet - und das Logo eben auch aufgedruckt ist. Die Beispiele zeigen: Sponsoring und Werbung an der Schule ist eine Gratwanderung und hat auch viel mit der persönlichen Einstellung des Lehrers und der Schulleitung zu tun. Fest steht auch, dass Unternehmen auf immer raffinierteren Wegen versuchen, mit ihren Anliegen in die Schule zu gelangen; Agenturen in ganz Deutschland sind mittlerweile darauf spezialisiert. Im Fall Kerrygold übernimmt das die Agentur "Punkt - Gesellschaft für Public Relations mbH" aus Hamburg, sie organisiert in ganz Deutschland die Aktion "Gesundes Pausenbrot" für Kerrygold - von den T-Shirts bis zu Pressemitteilungen. Vor fast einem Jahr gab es einen ähnlichen Fall am KAG: Damals war das "Institut für innovative Bildungskonzepte" zu Gast, das die so genannten "Lightcycling Rohstoffwochen" organisierte. Schüler sollten in diesem Rahmen während des Unterrichts Umweltthemen diskutieren, unter anderem ging es auch um das richtige Recycling. Verschwiegen wurde damals, dass hinter diesen "Rohstoffwochen" die Leuchtmittelindustrie steht, die ein wirtschaftliches Interesse an möglichst viel Recycling hat.

Barbara Winkler vom Elternbeirat des KAG sagt, dass damals im Gremium kontrovers über diese Aktion diskutiert wurde; am Ende habe man erkannt, dass die Vorteile für den Unterricht die Nachteile überträfen. AFG-Co-Direktorin Abraham äußert sich ähnlich: Für sie zählt im Zweifelsfall der Nutzen, den zusätzliche Informationen bedeuten, mehr als eine mögliche Beeinflussung durch Werbung.

Dass Werbung einen Einfluss auf Kinder und Jugendliche haben kann, das weiß auch das Kultusministerium. Bereits in der dritten Jahrgangsstufe werden Schüler mit dem Thema Werbung konfrontiert und sollen sich kritisch damit auseinandersetzten. Wenn Grundschullehrer wollen, können sie sich helfen lassen: Wie für viele andere Unterrichtseinheit auch werden Hilfsmaterialien angeboten - auch von Unternehmen.

© SZ vom 09.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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