Weltfrauentag:"Viele Männer halten sich für die Krone der Schöpfung"

Weltfrauentag: Barbara Lohmeier-Opper wird eines Tages das Bräu z'Loh von ihrem Vater übernehmen. Seit 1928 braut die Familie Bier in dem winzigen Weiler Loh.

Barbara Lohmeier-Opper wird eines Tages das Bräu z'Loh von ihrem Vater übernehmen. Seit 1928 braut die Familie Bier in dem winzigen Weiler Loh.

(Foto: Renate Schmidt)

Braumeisterin Barbara Lohmeier-Opper arbeitet in einer Männerdomäne und ist im Dirndlverein.

Interview von Veronika Wulf, Dorfen

Die Braumeisterin Barbara Lohmeier-Opper, 38, leitet das Bräu z'Loh in Dorfen und ist in der Loher Dirndlschaft aktiv. Einmal ist sie fast nur unter Männern, einmal nur unter Frauen. Beides habe Vorteile, sagt sie. Zum Weltfrauentag erklärt sie, wie sie sich in der Männerdomäne des Bierbrauens durchsetzt und was eine Dirndlschaft mit Emanzipation zu tun hat.

SZ: Eine Frau in einer Brauerei - immer noch eine Seltenheit?

Barbara Lohmeier-Opper: Mit Sicherheit. Es ist gar nicht so einfach, sich da durchzusetzen. Mit meinem Vater, mit dem ich die Brauerei zusammen leite, sind es neun Männer im Betrieb. Neben meiner Mutter bin ich die einzige Frau. Mit neuen Ideen stoße ich oft an. Da unsere Mitarbeiter viel Mitspracherecht haben, braucht es schon eine gewisse Überzeugungskraft, etwas durchzusetzen, was den Männern so nicht eingefallen wäre. Aber hinterher zeigt sich oft, dass ich Recht hatte.

Haben Sie ein Beispiel?

Im Dezember 2013 mussten wir uns wieder ein Weihnachtsgeschenk für unsere Heimkunden überlegen. Ich hatte die Idee, eine Sonderkreation zu machen, ein Bier, gemischt mit einem Blutorange-Erfrischungsgetränk und Glühwein-Aroma. Das stieß erst mal auf Ablehnung bei den Kollegen. So ein Mischgetränk ist ja eher ein Frauenbier. Es hat dann auch nicht allen geschmeckt, aber wir kamen ins Gespräch mit den Kunden und es hatte eine gute Außenwirkung.

Leiten Frauen einen Betrieb anders?

Ich finde, Frauen sind emotionaler und vielleicht auch ein Stück weit empathischer, was den Beruf nicht leichter macht, aber das Betriebsgefüge auf eine andere, eine bessere Ebene hebt. Ich bin jedenfalls sehr emotional.

Steht ihnen das manchmal auch im Weg?

Dann, wenn Entscheidungen schnell getroffen werden müssen. Das kann ich nicht so schnell wie die meisten Männer.

Warum arbeiten außer Ihrer Mutter und Ihnen keine Frauen im Betrieb?

Das rührt schon daher, dass es ein muskulärer Beruf ist. Bierkästen schleppen, schwere Schläuche, Malzsäcke, Zuckersäcke - das ist einfach schwere Handarbeit.

Ihnen macht das nichts aus?

Das trainiert man über die Jahre. Für mich ist es Gewohnheit, die Fässer zu wuchten. Rückenprobleme bleiben da nicht aus, aber die haben die Männer ja auch.

Werden Sie als Frau manchmal nicht ernst genommen?

Bis heute. Man muss immer wieder auf seiner Meinung beharren, sich beweisen und durch Taten zeigen, was man kann. Jeden Tag aufs Neue.

Wie war das in Ihrer Ausbildung?

Nicht einfach. Zum einen hatten die Männer immer den Vorbehalt, dass es den Frauen ums Make-up geht, um Aussehen und Herzschmerz und dass sie nicht so anpacken können. Das war nicht so schlimm für mich. Man muss halt noch mehr zeigen, was man kann. Zum anderen schwingt das Sexistische immer ein bisschen mit. Als ich auf eine Leiter gestiegen bin, hieß es, ich soll doch einen Rock anziehen. Das ist lustig gemeint, aber man weiß nie, wo die Grenze ist. Männer haben da ein ganz anderes Schamgefühl als Frauen.

Wie reagieren Sie auf solche sexistischen Witze?

Erst mal mitlachen, weil man das im ersten Moment sowieso nicht verarbeiten kann. Wenn man länger drüber nachdenkt, ist es vielleicht schon ein kleiner Schlag in die Magengrube. Aber einfach ignorieren und vergessen. So ist es halt. Und weiter.

Im Studium waren Sie eine von vier Frauen unter 40 Männern. Hat Ihnen das etwas ausgemacht?

Nein, gar nicht (lacht). Im Grundsatz ist es ja so, dass Frauen untereinander eher Konkurrenzgedanken haben. Je weniger Frauen da sind, umso einfacher ist es. Männer sind in mancher Hinsicht schon einfacher gestrickt und denken nicht so kompliziert.

Trotzdem sind Sie im Vorstand einer Dirndlschaft, in der Sie nur unter Frauen sind. Warum?

Mädchen aus der Gegend kamen auf mich zu, weil sie ein weibliches Pendant zu den Burschenvereinen gründen wollten. Ich unterstütze das gerne, wenn Frauen aktiv sind, etwas Neues ausprobieren und ein soziales Netzwerk aufbauen. Wir stärken den Zusammenhalt unter den jungen Frauen im Dorf, organisieren Feste und engagieren uns sozial.

Das alles ginge doch auch mit Männern.

Ja, aber man kann sich auf einer anderen Ebene austauschen. Frauen wollen nicht alles mit Männern teilen. Die Emotionen, die man so hat, sind bei Männern nicht immer gleich. Die Frauen in der Dirndlschaft sind ja alle noch ledig. Mit der Heirat werden sie automatisch inaktiv. Es werden Beziehungssachen diskutiert, das Kennenlernen, ästhetische Dinge. Frauen ist der Auftritt nach außen schon wichtiger als Männern. Wenn Männer etwas organisieren, dann heißt es: So, passt scho. Frauen ist es halt wichtig, wie es im Detail ausschaut.

Ein Dirndl ist ja etwas Traditionelles. Bezieht sich eine Dirndlschaft auch auf eine traditionelle Rolle der Frau?

Nein, in der Dirndlschaft ist eine gewaltige Spur Emanzipation drin. Früher gab es keine Dirndlschaften. Das ist ein relativ neues Phänomen, weil die Frauen heute generell mehr Mut haben, als Gemeinschaft und selbständig aufzutreten. Sie ziehen mit den Burschenvereinen gleich.

Haben Sie das Gefühl, dass die Frau in Deutschland dem Mann gleichgestellt ist?

Von meinem persönlichen Empfinden: ja. Ich seh' mich einfach gleich. Es kommt als Frau aber immer drauf an, was man draus macht. Man darf sich nicht ins Bockshorn jagen lassen, nur weil man einen Dämpfer kriegt. Einfach hinstellen, zeigen, was man kann, sein, was man ist, und los geht's!

In welchen Bereichen sollten sich Frauen noch mehr emanzipieren?

Viele Unternehmerinnen wollen sein wie Männer, genauso tough, genauso hart. Das braucht es meiner Meinung nach gar nicht. Man kann sich ruhig einen Funken Weiblichkeit bewahren, gewisse Attribute mal spielen lassen. Das ist auch als emanzipierte Frau okay. Man kann auch lächelnd auf seinem Standpunkt beharren.

Braucht es eine Frauenquote in Führungspositionen?

Da bin ich im Zwiespalt mit mir. Einerseits wären mehr Frauen in Führungspositionen gut. Eine Quote würde das aber künstlich herbeiführen, als Zwang von oben, der den Firmen etwas auferlegt, was sie so nicht wollen. Grundsätzlich sollte aber die Einstellung der Männer anders sein. Dass sie von sich aus sehen: Oh, die kann was und die nehmen wir. Deshalb sollten sich die Frauen behaupten. Das ist natürlich schwierig, wenn von Haus aus die Einstellung besteht, dass man auf diesen Posten keine Frau setzt. Es müsste sich in den Köpfen der Verantwortlichen was bewegen. Leider gibt es immer noch zu viele Männer, die sich für die Krone der Schöpfung halten und vom Gegenteil noch nicht überzeugt wurden. Ein Problem ist auch, dass viele Männer meinen, Frauen mit Kindern sind nicht zuverlässig.

Sie haben zwei Söhne, sind voll berufstätig, Ihr Mann auch. Wie machen Sie das?

Ich arbeite direkt neben der Wohnung. Dadurch kann ich das relativ gut koordinieren. Wenn meine Kinder krank sind, bleiben sie daheim und ich geh immer mal wieder rüber. Aber natürlich ist es ein Spagat, der Betrieb muss ja auch vorangehen. Das ist das große Problem, alles unter einen Hut kriegen zu kriegen: Kinder, Betrieb, Mann, Haushalt. Man versucht so gut es geht, allen gerecht zu werden.

Durch Ihren Beruf sind Sie an Bier gewöhnt. Schon mal einen Mann unter den Tisch getrunken?

Ja, das kann schon passieren. Aber man merkt dann schnell, dass der Mann gekränkt ist. Auch wenn man als Frau so männliche Ausdrücke benutzt, im Bezug auf Sex zum Beispiel, ist man gleich zu maskulin und nicht mehr interessant. Frauen müssen sich immer noch ein kleines Chichi bewahren, das Uschi-Prinzip: Als kleines Mädchen fährt man am besten.

Beherzigen Sie das?

Nein, aber immer ein bisschen lustig zu bleiben und die verbalen Gefechte nicht so ernst zu nehmen, das hilft auf jeden Fall.

Wann ist es von Vorteil, eine Frau zu sein?

Dadurch, dass es nicht viele Frauen in meinem Beruf gibt, bekomme ich viel Aufmerksamkeit in den Medien. Als Mann müsste ich schon mehr anstellen, damit unsere Brauerei auffällt. Und in Verhandlungssituationen mit Männern ist es von Vorteil. Wenn ich ein Lächeln aufsetze, wirkt das anders, als wenn ein Mann einen anderen Mann anlächelt (lacht). Männer sagen jetzt vielleicht: Da wollen die Frauen emanzipiert sein und trotzdem am Herz ansetzen. Aber das sehe ich nicht als Widerspruch. Das ist die Stärke des einzelnen Geschlechts. Die nutzen die Männer ja auch.

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