Wegen Hochwassergefahr:Schlamm mit Risikopotenzial

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Vor dem Dorfener Isenwehr hat sich so viel Schlamm angesammelt, dass das Wasserwirtschaftsamt noch im Herbst mit dem Bagger anrücken muss. (Foto: Renate Schmidt)

Vor dem Dorfener Isenwehr muss das Wasserwirtschaftsamt ausbaggern. Die Entsorgung des Morastes muss auf einer Deponie erfolgen, da er stark mit Quecksilber belastet ist und nicht auf Feld ausgebracht werden darf

Von Thomas Daller, Dorfen

Vor dem Dorfener Isenwehr hat sich so viel Schlamm angesammelt, dass das Wasserwirtschaftsamt noch im Herbst dieses Jahres mit dem Bagger anrücken muss. Denn der Schlamm könnte bei einem Hochwasser das Wehr verstopfen; das ist zu riskant. Die Entsorgung wird auf einer Deponie erfolgen, denn der Schlamm in der Isen ist so stark mit Quecksilber belastet, dass er nicht auf Feldern ausgebracht werden darf.

Ursprünglich wollte das Wasserwirtschaftsamt München diese Baggermaßnahme zeitlich mit dem Straßenbauamt abstimmen, das die benachbarte B 15-Brücke über die Isen abreißen und neu errichten will. Damit sollte heuer im Sommer begonnen werden. Das Straßenbauamt hat diese Pläne jedoch verschoben, bis die A 94 fertig gestellt ist. Für den Straßenverkehr in Dorfen, und insbesondere auch für den Schwerlastverkehr wurde ein Chaos in Zusammenhang mit der Sperrung der B 15 prognostiziert. Daher wollen die Straßenbauer nun bis 2020 warten, bis mit der A 94 eine Ausweichstrecke zur Verfügung steht.

So viel Zeit bleibt dem Wasserwirtschaftsamt jedoch nicht. Behördenleiter Christian Leeb schätzt die Dicke der Schlammschicht, die sich in den vergangenen zehn Jahren abgelagert hat, auf etwa einen Meter. Damit sei der Punkt erreicht, an dem man reagieren müsse, damit man bei einem Hochwasser kein Problem bekomme.

Noch ist nicht entschieden, ob ein Schwimmbagger oder ein Schreitbagger eingesetzt wird. Allerdings steht man in beiden Fällen vor dem gleichen Problem: Wie kommt man mit dem Bagger und einem Lastwagen, mit dem der Schlamm entsorgt wird, an die Isen heran? Wahrscheinlich müssen Bäume gefällt werden, sagte Leeb, denn die Isen ist in diesem Bereich mit Bäumen bewachsen. Auch deshalb hätte sich das Wasserwirtschaftsamt gerne an den Brückenbau drangehängt, weil nach dem Abriss auch eine Schneise für den Bagger zur Verfügung gestanden hätte. Laut Leeb können die Arbeiten dadurch erst im Oktober beginnen, weil man vorher mit Rücksicht auf Vögel und Fledermäuse die Bäume nicht fällen dürfe. Dann hat man aber das nächste Problem: Zum 1. Oktober beginnt die Schonzeit beziehungsweise Laichzeit der in der Isen heimischen Bachforelle. Wenn sich flussabwärts aufgewirbelter Schlamm auf die Kiesbänke legt, in denen die Forellen abgelaicht haben, sterben die Eier ab. Wie man aus dieser Zwickmühle aus Vogel- und Forellenschutz herauskommt, daran arbeitet Leeb noch.

Untersuchungen des Isenschlamms hätten zudem ergeben, dass Schwermetalle, insbesondere Quecksilber, in einem Maß enthalten sei, dass der Grenzwert für ein Ausbringen auf Felder überschritten sei. Der Schlamm muss auf einer Deponie entsorgt werden. Das Quecksilber wird laut Leeb bei der Verbrennung von Kohle freigesetzt, die mit Quecksilber verunreinigt ist. Das können Altlasten sein, die bereits vor 100 Jahren aus Schornsteinen aus der Region kamen, aber auch neuere Belastungen, die sich über Niederschläge im Isental abgelagert haben.

Fast alle Flüsse in Deutschland haben eine zu hohe Belastung mit Quecksilber, die Isen ist kein Einzelfall. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt deswegen auch Schwangeren und Stillenden, auf den Verzehr von Aal oder Hecht zu verzichten. Dabei handele es sich um langlebige Raubfische, in denen sich ein hoher Gehalt an Quecksilber anreichern könne. Bei Säuglingen und Kleinkindern kann Quecksilber zu Gehirnschäden führen. Zusätzlich kann das Schwermetall auch bei Erwachsenen krebserregend und nervenschädigend sein.

Deutschlands Kohlekraftwerke stoßen jährlich rund sieben Tonnen giftiges Quecksilber aus. Laut einem Gutachten des Hamburger Instituts für Ökologie und Politik im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion ist Deutschland in der EU bei der Quecksilberbelastung Spitzenreiter neben Polen und Griechenland. 70 Prozent des Quecksilberausstoßes in Deutschland gehen laut der Studie auf Kohlekraftwerke zurück. In Deutschland ist eine Grenzwertsenkung von 2019 an vorgesehen. Umweltschützer haben die Quecksilber-Emissionen der Kohlemeiler bereits wiederholt ins Visier genommen.

© SZ vom 12.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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